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Die Reserve

Kein Denunziantentum, aber ein waches Auge




Symbolbild: Feierliches Gelöbnis.

Foto: Bundeswehr/Kraatz

reserve und demokratie

Bei der Kampagne „Reserve und Demokratie – Wir gegen Extremismus“ geht es darum, die Gliederungen unseres Verbandes und die Gesellschaft als Ganzes resilienter zu machen gegen verfassungsfeindliche Ansichten, zu sensibilisieren und aktiv für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten. Umso erfreulicher ist es, wenn die einzelnen Gliederungen selbst Veranstaltungen zu dem Thema auf die Beine stellen – wie nun die Landesgruppe Niedersachen. Mehr als 50 Zuhörer, bzw. Zuschauer waren am Montagabend bei einer Online-Veranstaltung in Kooperation mit der Politischen Bildungsstätte Helmstedt dabei, als Prof. Dr. Patrick Sensburg MdB, Präsident des Reservistenverbandes zu dem Thema vortrug.

„Wer Uniform trägt, also den Staat repräsentiert, der muss besonders für Demokratie und die FDGO einstehen – das gilt nicht nur für die Bundeswehr, sondern auch für die Polizei“, sagte der Verwaltungsjurist. Gleichzeitig warnte er davor, die Zahlen, wie sie am vergangenen Freitag durch die Medien geisterten, überzubewerten. Der Focus hatte von 1.200 Reservistinnen und Reservisten geschrieben, die aufgrund von extremistischen Tendenzen nicht mehr zu Übungen herangezogen werden. „Wir brauchen hier keinen Überbietungswettkampf, kein Denunziantentum und kein falsches Aufarbeiten der Historie“, sagte Sensburg. „Aber: Wir müssen eindeutig und klar auf dem Boden der FDGO stehen und das im Rahmen der Politischen Bildung und der Inneren Führung auch deutlich machen.“

Bei schweren Vorwürfen gründlich prüfen

(Quelle: Screenshot)

Dennoch glaubt Sensburg nicht, dass es 1.200 Reservistinnen und Reservisten gibt, die diesen gemeinsamen Weg verlassen haben. „Einer juristischen Überprüfung würden diese Verfahren nicht standhalten“, ist sich der Verbandspräsident sicher, und erklärt: Wenn der Reservistenverband von einem Mitglied erfährt, wird ein kompliziertes Verfahren angestoßen. Jeder Betroffene wird angehört. „Bei so schweren Vorwürfen muss man zurecht gründlich prüfen!“ Beim Militärischen Abschirmdienst sei das Verfahren einfacher. „Wenn im Umfeld der Reserve das Geschmäckle hat, zu nah am rechten Rand zu stehen, geht eine Mitteilung an das Bundesamt für Personalwesen der Bundeswehr. Es reicht schon aus, wenn man auf einer Veranstaltung war, wo ein rechter Burschenschaftler mal was Anrüchiges gesagt hat. Die Betroffenen werden dann markiert und nicht mehr zu Reservistendienstleistungen herangezogen. Sie erfahren davon nicht einmal was und können sich auch entsprechend nicht äußern“, erklärt Sensburg. Die Argumentation: Es gebe schließlich kein Anrecht auf Reservistendienst. „Aber wenn wir dann wirklich einen Extremisten haben, dann reicht das Häkchen nicht aus, dann muss auch das jeweilige Landesamt für Verfassungsschutz informiert werden!“

Keine Rechtsgrundlage für Datenaustausch

56 Mitglieder sind seit 2008 wegen extremistischer Umtriebe aus dem Reservistenverband ausgeschlossen worden oder sind einem Ausschluss durch Kündigung der Mitgliedschaft zuvorgekommen. Wie kann es aber dennoch sein, dass einzelne Mitglieder jahrelang „unter dem Radar fliegen“? Einen Grund dafür sieht Sensburg im Status im fehlenden Austausch mit der Bundeswehr. „Dafür gibt es leider keine rechtliche Grundlage“, bedauert der Verbandspräsident. Weder darf der MAD dem Reservistenverband Daten zukommen lassen, noch andersrum. Dass sich aber ganze Netzwerke oder gar Schattenarmeen formiert haben, schließt Sensburg als Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums aus. Länger als zwei Jahre habe das Gremium die Sachverhalte untersucht und parteiübergreifend festegestellt, dass dies nicht der Fall sei. Der öffentliche Bericht dazu steht auf der Seite des Bundestages zum Download bereit (PDF).

Um die Kampagne „Reserve und Demokratie – Wir gegen Extremismus“ noch tiefer in den Verband und die Gesellschaft zu tragen, ermuntert Oberstleutnant d.R. Sensburg die einzelnen Gliederungen, selbst etwas zu tun auf regionaler Ebene – nicht nur im eigenen Dunstkreis, sondern vielleicht auch mit anderen Organisationen und Vereinen, um eine möglichst breite Masse zu erreichen.

Högl wehrt sich gegen Generalverdacht

Nur einen Tag später war die Wehrbeauftragte Dr. Eva Högl zu Gast bei der Landesgruppe Niedersachsen und sprach zum Thema „Staatsbürger in Uniform und Menschenwürde – nur Werte?“. Auch dabei ging es – neben den Themen Ausrüstung, Afghanistan-Abzug, Amtshilfe und Wehrpflicht – um das Thema Extremismus. Nach ihrem Amtsantritt im vergangenen Jahr hätte sie gerne andere Themen zuerst angepackt, um kein falsches Signal an die Truppe zu senden, die aktuelle Lage und Berichterstattung hätten ihr jedoch keine Wahl gelassen. Högl nimmt in diesem Zusammenhang die Truppe in Schutz vor einem Generalverdacht: „Wir müssen die mehr als 99 Prozent der Soldatinnen und Soldaten in den Mittelpunkt stellen, die einen tollen Dienst leisten und die fest auf dem Boden der FDGO stehen!“ Wie auch Sensburg wünscht sich Högl kein Denunziantentum in der Truppe, weiß aber, dass Extremisten nur durch ein waches Auge von Kameradinnen und Kameraden sowie von Vorgesetzten auffliegen.

Verfahren transparenter gestalten

(Quelle: Screenshot)

Auch der Wehrbeauftragten bereitet der Ablauf der Verfahren Bauchschmerzen, wobei sie eben auch nur die meldepflichtigen Fälle auf den Schreibtisch bekommt. Dass aber Reservistinnen und Reservisten quasi auf Verdacht von Dienstleistungen in der Truppe ausgeschlossen werden, „das kann so nicht bleiben. Das muss ein sauberes rechtsstaatliches Verfahren sein“, sagte Högl. Hier gebe es einige Fragen zu klären, beispielsweise ab welchem Zeitpunkt Betroffene informiert werden können. Es sei logisch, dass in einigen Fällen vorab ermittelt werden müsse, aber es sei auch klar, dass die Betroffenen Informationsrechte haben, ähnlich wie das bei Strafverfahren auch der Fall ist. „Hier müssen BAMAD, BAPersBw und andere Akteure wie etwa der Reservistenverband zusammenkommen und sich Gedanken machen über ein transparentes, rechtsstaatliches Verfahren“, regte die Wehrbeauftragte an, sagte aber auch, dass sie dazu noch keinen konkreten Termin oder entsprechende Vorschläge in der Schublade habe. „Das Verfahren muss deutlich verbessert werden, das muss ausgestaltet werden. Da haben Sie mich an Ihrer Seite“, betonte sie.

Ein weiterer Mechanismus, um Extremisten von der Truppe fernzuhalten, steht nach Högls Aussage für die kommende Woche (20. Mai) auf der Tagesordnung im Bundestag: Die Sicherheitsüberprüfung für Reservistinnen und Reservisten. Laut Bundesregierung soll in das Soldatengesetz eine Regelung eingefügt werden, um eine intensivere Sicherheitsüberprüfung für Soldatinnen und Soldaten in Verwendungen mit besonders hohen Sicherheitsanforderungen in der Bundeswehr vornehmen zu können. Außerdem ist geplant, in das Reservistengesetz eine Rechtsgrundlage einzufügen, um für Reservistinnen und Reservisten, die zu einer Dienstleistung bestimmt sind oder dazu herangezogen werden sollen, eine einfache Sicherheitsüberprüfung vornehmen zu können. Die Regelung soll nur auf jene Reservistinnen und Reservisten angewendet werden, bei denen ein nicht nur geringfügiger Reservistendienst nach dem Soldatengesetz in Betracht kommt.

Bereits am vergangenen Freitag hatte eine Veranstaltung zur Kampagne „Reserve und Demokratie – Wir gegen Extremismus“ auf Bundesebene stattgefunden – hier nachlesen.

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