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Kein Unterschied zwischen Miliz und aktiven Soldaten




Generalmajor Anton Oschep ist Militärattaché an der Österreichischen Botschaft in Berlin. Der Generalmajor war bereits von 1998 bis 2002 in Italien in dieser Funktion tätig. Berlin ist nach 42 Dienstjahren seine letzte Station vor dem Ruhestand. loyal sprach mit ihm über das österreichische Milizsystem.

Österreich hält als eines von nur noch wenigen europäischen Ländern an der Wehrpflicht fest. Was sind die Gründe dafür?
Als in den meisten unserer europäischen Nachbarstaaten vor rund zehn Jahren die Wehrpflicht ausgesetzt wurde, entbrannte auch in Österreich darüber eine Diskussion. Die damalige Koalition aus Volkspartei und Sozialdemokraten wurde sich über das Thema aber nicht einig, also entschied man sich für eine Volksbefragung. Die Argumente für die Beibehaltung der Wehrpflicht waren schließlich überzeugend: Zum einen gab es den gesellschaftspolitischen Aspekt, dass junge Menschen einmal im Leben eine gemeinsame Ausbildung absolvieren – mit gleichen Rechten und Pflichten.

Zum anderen unterstützen auch Grundwehrdiener bei Bedarf in der Katastrophenhilfe. Und dann generiert die Wehrpflicht auch eine Menge Zivildienstleistender. Der Zivildienst ist in Österreich tief etabliert und insbesondere dem Roten Kreuz ist er eine wichtige Stütze. Bei der Volksbefragung entschied sich eine deutliche Mehrheit von knapp 60 Prozent für die Beibehaltung der Wehrpflicht. Die Wehrpflicht gilt in Österreich generell nur für Männer. Frauen können sich aber freiwillig melden.

In Österreich gibt es einen Präsenzstand und einen Milizstand. Was versteht man darunter?
Zunächst einmal versteht man unter Präsenzstand alle aktiven Soldaten und Wehrpflichtigen. Es ist sozusagen unsere aktive Truppe. Neben dem Präsenzstand gibt es den Milizstand. Für die Miliz verpflichtet man sich – nach dem Grundwehrdienst – freiwillig und übt einen gewissen Zeitraum regelmäßig. Die Miliz ist in der Einsatzorganisation des Bundesheeres verankert. Wenn man alle übungspflichtigen Tage des Milizdienstes absolviert hat, kommt man in den Reservestand. Von dort aus kann man sich aber auch wieder freiwillig in den Milizstand versetzen lassen, beispielsweise wenn man sich für einen Auslandseinsatz melden möchte. Ansonsten bleibt man in der Reserve – es sei denn es kommt generell zu einer Teil- oder Gesamtmobilmachung.

Wie wird man denn Milizionär?
Dazu meldet man sich, wie schon gesagt, freiwillig. In der Regel verpflichtet man sich für eine gewisse Anzahl an Tagen in einem gewissen Zeitraum. Ein Offizier bindet sich für mindestens 150 Tage, die er nach seinem Grundwehrdienst absolvieren wird. Das geschieht in periodischen Übungen, zumeist alle zwei Jahre. Viele machen aber im Rahmen ihrer freiwilligen Arbeit auch Fortbildungen dazwischen und bereiten sich intensiv auf die Übungen vor. Eine Übung dauert in der Regel eine Woche. Ein Unteroffizier meldet sich für 120 Tage, für alle anderen Funktionen sind 30 Tage vorgesehen. Die Alterslimits liegen bei einem Offizier bei 55 Jahren, Spezialisten können noch darüber hinaus dienen, Mannschaften bis zum 35. Lebensjahr. Den Milizdienst kann man auch jederzeit verlängern.

Und danach?
Danach kommt man in den Reservestand. Das entspricht in Deutschland der Allgemeinen Reserve. Dort ist man nicht mehr übungspflichtig. Wir betreiben ein sogenanntes Ergänzungsinformationssystem, dort sind alle ehemaligen Grundwehrdiener und Soldaten erfasst. Unser zentrales Melderegister aktualisiert die Daten automatisch. Die Reserve gehört theoretisch auch zum Bundesheer. Aber sie besteht erstmal nur aus einer großen Datensammlung. Mittlerweile horten wir über zwei Millionen Namen.

Welche Aufgaben hat die Miliz?
Die Aufgaben der Miliz sind im Wesentlichen Wach- und Sicherungsaufgaben und Katastrophenhilfe, das heißt Objektschutz, Schutz von Infrastruktur oder militärischen Liegenschaften. Wir haben eine Verfassungsbestimmung, die lautet, dass das Bundesheer für die militärische Landesverteidigung zuständig ist – das betrifft auch die Miliz als Teil des Bundesheeres. In der Flüchtlingskrise waren Milizsoldaten aber auch in der Grenzsicherung eingesetzt, das sind sie zum Teil auch jetzt noch. Sie haben die gleichen Befugnisse wie ein Aktivsoldat und im Assistenzeinsatz auch analog zur Polizei. Wir haben eine verfassungsmäßige Möglichkeit, als Assistenzkräfte die Polizei zu unterstützen. In dieser Aufgabe sind die Soldaten dem Innenministerium unterstellt und bekommen durch dieses die Aufträge und eine Begleitung. Sie unterliegen aber dem Kommando von Soldaten. In der Praxis ist es natürlich so, dass zunächst in erster Linie die Präsenzverbände eingebunden werden. Erst in einem zweiten Schritt wird dann die selbstständige Miliz aufgeboten.

Ein Milizsystem hat auch viele Vorteile. Von den Erfahrungen, die Milizsoldaten in die Streitkräfte mitbringen, können wir profitieren. Umgekehrt genauso. Mit Milizionären ist das manchmal ähnlich wie mit Hobbyköchen: Ein Hobbykoch, der das Kochen liebt und engagiert und kreativ in der Küche steht, ist in bestimmten Bereichen oft besser als der Profi. Vom Profi erwartet man zusätzlich innovative Ideen, Weiterentwicklung oder das Beherrschen aller Möglichkeiten. Analog erwartet man das aber von einem Milizsoldaten in dieser Ausprägung gar nicht.

Gibt es in Österreich einen Verband oder einen Verein für Milizsoldaten ähnlich dem Reservistenverband?
In Österreich sind viele Soldatinnen und Soldaten in Gesellschaften oder Verbänden organisiert. Zum Beispiel in der Unteroffiziers- oder Offiziersgesellschaft und im Milizverband. Diese kümmern sich auch um die Anliegen der Milizsoldaten. Als Spitzenfunktion ist ein Milizbeauftragter zu erwähnen. Generalmajor Erwin Hameseder übt derzeit diese Funktion aus. Der Milizbeauftragte wird vom Bundesminister der Verteidigung für die Dauer von fünf Jahren bestellt und ist auch selbst Milizionär – geht also einem zivilen Beruf nach. Seine Aufgaben sind im Wehrgesetz festgeschrieben. In erster Linie berät der Milizbeauftragte den Minister in allen relevanten Fragen und ist auch zum Beispiel bei allen Planungsvorgängen die Miliz betreffend eingebunden.

Herr Generalmajor, vielen Dank für das Gespräch!

Rolle der Militärattachés in Deutschland

Das Interview führte Dr. Victoria Eicker

Bild oben:
Anton Oschep ist Militärattaché an der
österreichischen Botschaft in Berlin.
(Foto: Oliver Teige)

 

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