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Kubicki: „Defizite müssen klar angesprochen werden!“




Wolfgang Kubicki ist FDP-Vize und Fraktionsvorsitzender in Schleswig-Holstein. Der Oberleutnant zur See der Reserve ist bekannt für klare Analysen und kräftigen Worte. Im Interview mit dem Reservistenverband spricht er sich dafür aus, dass wenn Defizite in der Verteidigungspolitik aufgedeckt werden, dass diese behoben werden. Deshalb unterstützt er den Vorschlag des Reservistenverbandes, Landesregimenter zu gründen. Er hält die Idee "für eine diskutierbare Alternative".
 
Herr Kubicki, auf ihren Veranstaltungen berichten Sie jüngst von einem Erlebnis in Paris. Dort haben Sie beobachtet, wie mit Maschinenpistolen bewaffnetes Militär gemeinsam mit Polizisten auf öffentlichen Plätzen patrouilliert. Dort haben Sie gesehen, wie junge Mädchen zu den Sicherheitskräften liefen und diese umarmten und ihnen für den Schutz dankten. Was fasziniert sie daran so?
Es hat mir wiederholt gezeigt, dass die Bevölkerung dort Sicherheitskräfte nicht als Bedrohung empfindet, sondern ihnen eher bewundernd freundschaftlich begegnet und dankbar ist, dass jemand da ist, der sie schützt. Ich freue mich darüber, dass Sicherheitsbehörden offensichtlich auch in Europa ein positives Image haben können – ähnlich wie es in Amerika der Fall ist. Dort werden Sicherheitskräfte und Menschen in Uniform generell regelrecht umjubelt; sie genießen ein hohes Ansehen, weil sie sich in den Dienst für die Gesellschaft stellen. Dieser Aspekt kommt mir in Deutschland oftmals zu kurz. Mich irritiert die teils deutliche Ablehnung gegenüber unseren Sicherheitskräften.
 
Welche Schlüsse ziehen Sie daraus für die deutsche Sicherheitspolitik im Innern?
Der Modernisierungsprozess der Bundeswehr muss weiter vorangetrieben und den neuen Anforderungen angepasst werden. Ich werbe ausdrücklich dafür, die Attraktivität des militärischen Dienstes zu steigern. Denn die Bundeswehr steht im Wettbewerb mit anderen Arbeitgebern um die besten Bewerberinnen und Bewerber. Wenn wir den Personalbedarf weiterhin decken und junge Menschen für den anspruchsvollen Dienst gewinnen wollen, müssen wir die Attraktivität des Dienstes kontinuierlich verbessern. Entscheidende Faktoren sind dabei moderne und ausreichende Ausrüstung, eine Reduzierung der Arbeitszeitbelastung, Weiterbildungsmöglichkeiten, Versetzungshäufigkeit, die Versorgung im Falle der Verwundung und nicht zuletzt die Vereinbarkeit von Familie und Dienst.
 
Aktuell konnte innerhalb der Bundeswehr eine rechtsextreme Terrorgruppe enttarnt und festgenommen werden. Machen Sie sich Sorgen um das gelebte geistige Erbe der Soldatinnen und Soldaten?
Die Bundeswehr und ihre oberste Kommandeurin Ursula von der Leyen haben in den vergangenen Wochen und Monaten wahrlich kein gutes Bild abgegeben – das hat für einen massiven Vertrauensverlust der Deutschen in die Bundeswehr gesorgt. Insofern mache ich mir schon Sorgen um das Ansehen der Truppe – das ja insgesamt betroffen ist. Fakt ist aber auch, dass dieser wenige Mitglieder zählenden Terrorgruppe rund 200.000 Frauen und Männer gegenüber stehen, die jeden Tag für die Werte unserer Demokratie einstehen. Vor diesem Hintergrund wäre es wichtig gewesen, wenn die Verteidigungsministerin den Soldatinnen und Soldaten nicht pauschal einen Korpsgeist abseits der Gesellschaft unterstellt hätte. Wer sich als Führungskraft derart verhält, hat in meinen Augen versagt.
 
Wäre es auch in diesem Zusammenhang hilfreich, wieder die Wehrpflicht einzuführen, denn die jungen Männer, die einen Pflichtdienst mit der Waffe leisten, bringen kritische Fragen ein und verhindern möglicherweise das "Schmoren im eigenen Saft"?
Selbstverständlich muss die Aussetzung der Wehrpflicht jederzeit überdacht werden. Alles andere wäre sicherheitspolitisch fahrlässig. Die Verbesserung der Nachwuchsgewinnung, eine sich verändernde sicherheitspolitische Weltlage, aber natürlich auch Wehrgerechtigkeit sind alles Aspekte, die berücksichtigt werden müssen.
 
Sie sind selbst Reserveoffizier. Im Rahmen einer sogenannten Info-DVag wurden Sie Oberleutnant zur See. Wie wichtig ist für Sie die Reserve der Bundeswehr?
Die Reserve erfüllt eine wichtige Funktion. Einerseits ist sie ein wichtiger Teil für unsere Verteidigungsfähigkeit, andererseits wirkt sie stark in die Zivilgesellschaft und sichert damit die Einheit von Bürgern und Parlamentsarmee.
 
Ihr Heimatbundesland ist laut dem Schleswig-Holstein-Lied vom Meer umschlungen. Haben Sie keine Angst, mit der See unterzugehen, wenn die von Klimaforschern vorausgesagte große Flut kommt?
Da habe ich gar keine Angst.
 
Reichen Ihrer Meinung nach die derzeitigen Katastrophenschutzkräfte aus, um über mehrere Tage oder Wochen hinweg Deiche zu schützen oder Menschen zu evakuieren?
Wir brauchen starke Katastrophenschutzorganisationen vom THW bis zur Feuerwehr, die mit Unterstützung der Bundeswehr Katastrophenfälle, wie z.B. Deichbrüche, bewältigen können. Das ist immer ein echter Kraftakt. Natürlich müssen wir immer im Blick haben, wie unsere eigenen Kräfte aufgestellt sind und hier auch gegebenenfalls nachsteuern. Genauso wichtig ist aber die Kooperation und Vernetzung mit den anderen Bundesländern. Die Einsätze an der Elbe haben gezeigt, dass bei längeren Katastrophenfällen nur mit Hilfe anderer Länder und einer bundesweiten Koordination ausreichend Kräfte herangeführt werden können, um erschöpfte Kräfte abzulösen.
 
Kann die Bundeswehr in solchen Fällen noch ausreichend helfen, da sie keine Wehrpflichtigen mehr hat?
Ohne Frage war früher durch die Wehrpflicht mehr "manpower" gegeben. Da brauchen wir gar nicht lange herumreden. Das war einer der Vorteile der Wehrpflicht. Ich halte die Bundeswehr aber immer noch für eine starke Truppe, die Unterstützung auch in Katastrophenfällen leisten kann. Aber auch hier gilt, dass wir natürlich immer im Blick haben müssen, was die Truppe noch leisten kann und was nicht. Ich erwarte von der Verteidigungsministerin, dass wenn Defizite in diesem Bereich bestehen sollten, diese klar angesprochen werden und auch Vorschläge gemacht werden, wie diese Defizite abgestellt werden können.
 
Reichen zwei Regionale Sicherungs- und Unterstützungskompanie mit je 100 Mann in Ihrem Flächenbundesland aus? Denn die 200 Männer und Frauen sind auf Freiwilligkeit gestützt und auch deren Arbeitgeber müssen die Leute für Einsätze freistellen. Eine Pflicht dazu gibt es nicht – auch keine Gegenleistungen/Ausfallentschädigungen für die Arbeitgeber.
Ich halte die Funktion der Regionalen Sicherungs- und Unterstützungskompanien für notwendig. Die Ausgestaltung, auch was die Personalstärke angeht, muss immer den Aufgaben und Erfordernissen entsprechen.
 
Wären für Sie Landesregimenter mit mindestens 1.000 Mann je Bundesland, bestehend nur aus Reservisten, eine Alternative? Solche Vorschläge hat der Reservistenverband jüngst in die Diskussion gebracht.
Das ist eine diskutierbare Alternative. Alle Vorschläge müssen auf den Tisch. Gerade wenn der Reservistenverband, der tief in der Materie steckt und auch die Situation vor Ort genau kennt, Vorschläge macht, dann müssen wir sie ernsthaft diskutieren und schauen, ob das ein Weg sein kann unsere Strukturen sinnvoll weiterzuentwickeln.
Mit Wolfgang Kubicki sprach Detlef Struckhof

Bild oben:
Kubicki spricht bei einem Auftritt in Bonn. Am Rande der
Veranstaltung gab er dem Reservistenverband ein Interview.
(Foto: Ralf Wittern)

Bild unten:
Kubicki im Gespräch mit einem Bürger.
(Foto: Ralf Wittern)

 

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