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Loyal – Das Titel-Thema März 2009




Ein Freiherr in Thüringen schreibt ein neues Kapitel Heeresgeschichte, Reservisten in Sachsen werden zu anerkannten Hochwasser-Experten und ein Kreisverbindungskommando in Nordrhein-Westfalen etabliert sich im örtlichen Katastrophenmanagement – drei Beispiele für die neue Rolle der Reserve in der Bundeswehr.
Wolf Freiherr Marschall von Altengottern diente seiner Majestät dem Kaiser als Kavallerieoffizier in Potsdam. Er schien in die Fußstapfen seines Vaters, General der Kavallerie und Generaladjutant des Kaisers, zu treten, als einige Jahre vor dem Ersten Weltkrieg die ersten Aufklärungsflugzeuge im kaiserlichen Heer getestet wurden. Der adelige Berufsoffizier war von der neuen Technik fasziniert und wechselte 1915 von den Bodentruppen zu den Luftaufklärern. In Gotha absolvierte er eine Umschulung auf ein Fernaufklärungsflugzeug der Gothaer Waggonfabrik AG, 30 Kilometer entfernt von seinem Heimatort Altengottern. Es muss ihm, berichten die Nachfahren, einen Heidenspaß gemacht haben, die Bauern mit seinen Landeversuchen auf den familieneigenen Feldern zu erschrecken. Bis zum Kriegsende 1918 flog er in der Fernaufklärung für die Kaiserliche Armee.
Jahrhunderte lang kämpften die männlichen Sprösslinge des thüringischen Adelshauses in vielen Feldzügen für ihre Landesfürsten sowie für Kaiser und Vaterland. Wolf Freiherr Marschall von Altengottern hat den von der Fliegerei begeisterten namensgleichen Bruder seines Großvaters zwar nicht mehr kennengelernt, doch sorgt der 47-Jährige dafür, dass die Militärtradition seines Hauses bis heute fortgesetzt wird. Wo einst der Urahn im Weltkrieg geschult wurde, kommandiert er heute das Aufklärungsbataillon 910 in Gotha. Dieser Verband ist in der Friedensteinkaserne am Rande der thüringischen Kreisstadt beheimatet – und eigentlich nur auf dem Papier existent. Oberstleutnant der Reserve Wolf Freiherr Marschall von Altengottern führt seit 1. Juli 2008 ein nicht aktives Bataillon des Heeres, korrekt gesagt: einen "Ergänzungstruppenteil 2". Das Aufklärungsbataillon 910 Gotha ist der Couleurtruppenteil (Patenschaft) des aktiven Aufklärungbataillons 13 am selben Standort und damit einer von künftig zwölf Ergänzungstruppenteilen im Heer (mit insgesamt 6000 Dienstposten). Diese Verbände sollen das ih­nen zugeordnete aktive Bataillon im Alarmfall personell verstärken, womit die Bundeswehr ein neues Kapitel deutscher Militärgeschichte schreibt. Ein Kapitel, das beispielhaft von der veränderten Rolle der Reservisten in den deutschen Streitkräften handelt.

Text: Marco Seliger und Lorenz Hemicker
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