Marsch zum Gedenken erreicht Berlin
Mit einer Kranzniederlegung am Ehrenmal der Bundeswehr ist der zweite Marsch zum Gedenken zu Ende gegangen. In vier Tagesetappen marschierten ca. 140 Soldaten und Reservisten 110 Kilometer, um an die 3.292 Bundeswehrangehörigen zu erinnern, die seit Gründung der Bundeswehr infolge der Ausübung ihres Dienstes ums Leben gekommen sind, darunter 111 in den Einsätzen. Auf der letzten Etappe durch Berlin schloss sich den Marschierern auch der Parlamentarische Staatssekretär Peter Tauber an.
Die Anspannung ist spürbar, als die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Morgen der letzten Etappe des Marsches zum Gedenken (wir berichteten) in der Blücher-Kaserne in Berlin-Gatow antreten. „Jeder wusste, dass die Berliner Etappe etwas ganz besonderes werden würde, jeder wollte noch einmal alles geben“, berichtet Hauptmann d.R. Fabian Forster, beim Reservistenverband Vizepräsident für Betreuung und Fürsorge. Beim Marsch war Forster zugleich als durchführender Offizier eingesetzt. Dann kündigt Forster einen Überraschungsgast an: „In wenigen Minuten wird sich ein weiterer Kamerad unserer Marschgruppe anschließen, verkündet Forster. „Es handelt sich um den Parlamentarischen Staatssekretär bei der Bundesministerin der Verteidigung, Herrn Dr. Peter Tauber. Herr Tauber wird die komplette letzte Etappe gemeinsam mit uns zurücklegen. Und er wird dies tun als einer von uns, in seiner Uniform als Hauptmann der Reserve.“ Eine Geste, die ankommt. „Ich bin Herrn Tauber sehr dankbar, dass er die letzten 26 Kilometer gemeinsam mit uns marschiert ist“, sagt Hauptfeldwebel Stephan Matz, Vorsitzender der Reservistenarbeitsgemeinschaft Military Brotherhood Germany (RAG MBG), die den Marsch ins Leben gerufen hatte. „Das ist ein starkes Zeichen und bestätigt uns in unserer Überzeugung, dass dieser Marsch wichtig ist.“
Zusammentreffen mit Hinterbliebenen am Brandenburger Tor
Am frühen Nachmittag erreicht die Marschgruppe über den Kurfürstendamm Berlin-Mitte, marschiert vorbei an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche und biegt nach der Siegessäule schließlich auf die Straße des 17. Juni ein. Nach einem kurzen Umweg über das Reichstagsgebäude erreichen die Marschierer schließlich das Brandenburger Tor. „Der Schlenker über den Deutschen Bundestag war uns besonders wichtig“, sagt Forster. „Als Soldaten einer Parlamentsarmee sind wir jederzeit bereit, in die Einsätze zu gehen, die im Deutschen Bundestag beschlossen werden. Die 111 Einsatztoten sollen die Abgeordneten jedoch daran erinnern, dass sie sich ihre Einsatz-Entscheidungen niemals einfach machen dürfen.“ Am Brandenburger Tor werden die Soldaten schon sehnsüchtig von etwa 20 Hinterbliebenen erwartet, die für die letzten zwei Kilometer in die Formation eingegliedert werden. Gemeinsam geht es weiter zum Bendlerblock.
Marsch auch emotional herausfordernd
Als die Soldaten schließlich das Ehrenmal der Bundeswehr erreichen, ist ihnen die Erleichterung deutlich anzumerken. 110 Kilometer Fußmarsch haben ihre Spuren hinterlassen. Viele liegen sich in den Armen, bei einigen fließen Tränen. Es sind Tränen der Trauer, aber auch der Freude. „Der Marsch war nicht nur körperlich eine große Herausforderung, sondern auch emotional“, berichtet Hauptfeldwebel Matz. „Man darf nicht vergessen, dass der Marsch für viele Teilnehmer auch Trauerbewältigung ist. Viele Marschierer haben den Gefallenen, dessen Namensschild sie die ganze Zeit getragen haben, persönlich gekannt.“ Besonders war dies bei der zweiten Etappe zu spüren, als die Marschgruppe Station beim Wald der Erinnerung beim Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Schwielowsee machte. „Der Besuch im Wald der Erinnerung hat alle emotional deutlich gefordert“, erläutert Matz. „Es war trotzdem wichtig, dass wir da waren. Hier sind wir unseren toten Kameraden ganz nah. Und hier spüren wir auch ganz besonders die Kameradschaft mit den übrigen Marschteilnehmern, die uns trägt.“ Dass Ernsthaftigkeit, Trauer und Freude so nah beieinander sein können, erwähnt auch Staatssekretär Tauber in seiner kurzen Rede am Ehrenmal der Bundeswehr: „Das ist etwas, was nur dieser Marsch kann“. Die Soldaten und Reservisten marschieren, weil sie um ihre Toten trauern, sagt Tauber. Es herrsche aber gleichzeitig Freude darüber, dass sie diese Erinnerung aus den Kasernen heraus in die Gesellschaft auf die Straßen und Plätze tragen. „Deutsche Soldaten sind für etwas. Sie kämpfen für Einigkeit und Recht und Freiheit und für den Frieden in der Welt. Sie kämpfen für schwarz-rot-gold und diese Werte werden durch diese Farben symbolisiert. 111 Kameraden haben für etwas ihr Leben verloren und sind für etwas eingetreten. Dieser Marsch soll davon erzählen. Er soll auch davon erzählen, dass Männer und Frauen jeden Tag für etwas eintreten“, sagt Tauber.
Veith dankt Marschierern
Oberst d.R. Oswin Veith, Mitglied des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages, bezeichnet den Marsch zum Gedenken und die Gedenkfeier am Ehrenmal der Bundeswehr als einen emotionalen Höhepunkt in seiner 39-jährigen Karriere als Reservist. Der Präsident des Reservistenverbandes dankt allen, die mitmarschiert sind und betont: „Wir alle und Sie alle als Soldatinnen und Soldaten oder Reservistinnen und Reservisten haben beeidet oder gelobt, das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen und unser Leben für diese Werte einzusetzen. Deshalb ist es von allerhöchstem Respekt, dass Sie bereit sind – und viele von Ihnen dieses Jahr zum zweiten Mal – durch Ihr Mitmarschieren und durch Ihr Mitgedenken in Marschformation allen Gefallenen die Ehre, Respekt, Anerkennung und Würde zu erweisen, die sie verdient haben, auch nach ihrem Tod. In letzter Konsequenz ist das der Begriff der Kameradschaft. Keiner derer, die ihr Leben gelassen haben, wird vergessen sein.“ Nach ihren Grußworten legen Verbandspräsident Veith und Staatssekretär Tauber einen Kranz zum Gedenken an die Gefallenen vor dem Ehrenmal der Bundeswehr nieder.
Tauber: „Marsch soll Tradition werden“
Zum Abschluss des Marsches fällt das Fazit durchweg positiv aus. „Der Marsch war ein voller Erfolg“, berichtet Vizepräsident Forster. „Die Marschgruppe hat sich stets von ihrer besten Seite gezeigt und war für unsere gute Sache und die Bundeswehr das beste Aushängeschild, das man sich wünschen kann.“ Auch Matz zeigt sich zufrieden: „Ich bin so stolz auf die Marschierer und das, was wir gemeinsam geleistet haben. Jeder war bis zum Schluss top motiviert. Gerade auf den letzten Kilometern durch Berlin haben die Jungs und Mädels nochmal alles gegeben! Wir haben gemeinsam geweint und gelacht, geschwitzt und geblutet, aber jeder Meter war es Wert.“
Einige Worte von Staatssekretär Tauber blieben den Marschierern besonders gut in Erinnerung: „Ich danke dem Reservistenverband für die Initiative zu diesem Marsch. Ich würde mir wünschen, dass er nächstes Jahr wieder stattfindet. Wenn er ein drittes Mal wieder stattfindet, ist er Tradition“, sagt Peter Tauber.