Wer vom Aussichtspunkt in den Weinbergen auf Dernau hinabblickt, bemerkt sofort die Staubwolke, die sich wie eine Glocke über den Talkessel legt. Auch sieben Wochen nach der Flutkatastrophe sind im Ahrtal die Aufräumarbeiten längst nicht abgeschlossen. Die Häuser, deren Grundmauern noch zu retten sind, werden entkernt; andere werden für den Abriss vorbereitet. Mittendrin versorgen Reservisten als Teil eines 60 Personen starken Teams die Dernauer und auswärtige Helfer mit Mahlzeiten aus einer mobilen Feldküche. Zur Verfügung gestellt wird diese von Peter Merker.
Organisiert hatten sich die Reservisten spontan über Facebook und anschließend über WhatsApp-Gruppen. Seitdem sind sie vor Ort und zeigen, dass man zum Helfen nicht unbedingt eine Uniform braucht. Zwischen 500 und 600 Mahlzeiten geben die Freiwilligen jeden Tag aus. An den Wochenenden, wenn mehr auswärtige Helferinnen und Helfer ins Dorf kommen, können es schonmal doppelt so viele sein. Die Reservisten sind Teil eines Helferteams rund um den Verein „Adventsmenschen“, dieser wird bei der Versorgung durch Lebensmittel- und Geldspenden unterstützt. Seitdem gilt: Man kennt sich, man hilft sich. „Ich hoffe, dass das die nächsten Wochen noch so bleibt“, sagt Obergefreiter d.R. Olaf Cerny, der eigentlich der RK Hameln 1 angehört, derzeit aber fünf bis sechs Tage pro Woche in Dernau verbringt. Geschlafen wird im Zelt – Leben in der Lage.
Weniger Aufmerksamkeit, weniger Helfer
Wer sich in dem 1.860-Einwohner-Ort umsieht, merkt schnell, dass noch viel zu tun ist. Noch immer stehen vor den Häusern große Schutt-Container, am Ortseingang türmt sich der Sperrmüll. Der Schlamm, den die Ahr ins Dorf gespült hat, steht nun als Staub in der Luft. Doch mit der schwindenden medialen Aufmerksamkeit kämen auch weniger Helfer von außerhalb, stellt Cerny fest.
An diesem Samstag ist es anders, in der Mittagszeit wird es wuselig rund ums Verpflegungszelt. Während die freiwilligen Helferinnen und Helfer Rahmgeschnetzeltes mit Erbsen und Möhrchen verteilen, werden nebenan noch Reibekuchen gebrutzelt. An diesem heißen September-Samstag besonders gefragt: kühle Getränke, Obst und ein schattiges Plätzchen. „Super, dass man sich um nichts kümmern muss“, sagt eine junge Frau, die mit ihren Kumpels aus Nürnberg angereist ist. Die jungen Leute helfen dabei, ein Haus für den Abriss vorzubereiten. Untergebracht sind sie in einem Helfercamp außerhalb des Ortskerns. Um die ohnehin schon beanspruchte Infrastruktur zu entlasten, wurde für die Freiwilligen eine zentrale Unterkunft eingerichtet, von wo aus sie zu den Arbeitseinsätzen geshuttelt werden. Das erklärt auch, warum sich einige Helfer beim DRK mit Duschgel und Zahnpasta eindecken.
DRK stellt sicher, dass Helfer helfen können
Der Bonner Kreisverband des DRK ist täglich mit 20 bis 30 Leuten vor Ort, um in der Bevölkerung zu helfen und um die Sachspenden zu koordinieren. Neben neuwertigen Klamotten sind das Dinge des täglichen Bedarfs, hinzu kommen Besen, Schaufeln, Werkzeuge, Arbeitsschuhe. Kurzum: Das DRK bietet einen Anlaufpunkt, damit die Helfer helfen können. Und auch die Zusammenarbeit mit den Reservisten erweist sich als fruchtbar. „Man lernt in solchen Situationen erstmal, welche Ressourcen es gibt“, sagt Christoph Blessin, DRK-Kreisgeschäftsführer aus Bonn. Unerlässlich ist dabei aber die Kommunikation vor Ort. „Wichtig ist, dass Du redest und nicht einfach machst.“ Und das scheint mit den Freiwilligen vor Ort ganz hervorragend zu klappen.
Spontane Hilfe für Laach
In dieser Woche ging zudem ein Hilferuf aus Laach ein. „Dort kommen offenbar seit Tagen keine warmen Mahlzeiten mehr an“, berichtet Cerny. „Wir haben ganz spontan an der Straße von Laach nach Reimerzhoven ein Versorgungszelt aufgestellt, wo wir die noch verbliebenen 15 Einwohner, darunter vier Kinder, mit Frühstück, warmen Mittagessen und Abendessen aus Dernau mitversorgen. Trinkwasser gibt es hier für beide Ortschaften leider auch nicht. Durch den direkten und tollen Kontakt der Adventsmenschen zur Logistikgruppe der Feuerwehr Kelberg konnten wir uns auf dem kleinen Dienstweg abstimmen, so dass neben Wasser nun auch wieder andere Getränke wie Cola, Fanta und Hopfenblütentee in ausreichenden Mengen für die Anwohner, Helfer und Einsatzkräfte zur Verfügung stehen. So macht das Helfen Spaß!“