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Nach 21 Minuten Interview: Musterungen abgeschafft




Zukunft der Kreiswehrersatzämter seit Montagabend ungewiss.

Glanzleistung eines Journalisten: Reinhold Beckmann bringt Verteidigungsminister Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg (CSU) zu einer weitreichenden Aussage: "Die Musterung ist ebenso schwer zu rechtfertigen wie die Wehrpflicht als solche". Dies sagte der Minister zum Ende eines 21-minütigen Exklusivinterviews in der ARD-Sendung Beckmann am Montagabend. Damit gab es nach Wochen wieder eine grundlegende Aussage in Sachen Zukunft der Wehrpflicht.

Zu Guttenberg ließ in dem Gespräch keinen Zweifel daran aufkommen, dass seine Reform der Bundeswehr kommen werde. Zwar sei die Union "immer noch in einem sehr gesunden Debattenprozess", aber inzwischen sind CDU-Parteipräsidium und CSU-Vorsitzender Horst Seehofer auf zu Guttenbergs Linie eingeschwenkt. Am Montag signalisierten Parteipräsidium und Seehofer, die Aussetzung der Wehrpflicht mittragen zu wollen. "Wir können die Wehrpflicht gesellschaftspolitisch nicht mehr begründen", sagt zu Guttenberg. Dennoch wünsche er sich eine Stimmung in der Gesellschaft, die sich nach der Tugend ausrichte: "Tu was für Dein Land. Leiste einen Dienst an der Gesellschaft. Wenn wir den Zivildienst genauso freiwillig öffnen, wie den Wehrdienst, dann machen wir ein solches Angebot für Männlein wie für Weiblein."

Wehrdienst war mal anders gedacht
In dem Gespräch in Hamburg wies der Minister auf die derzeitigen Fakten hin: "25 Prozent – also rund 90.000 – leisten Zivildienst, 13 bis 16 Prozent eines Jahrgangs Wehrdienst. Wir haben also quasi heute eine Zivildienstpflicht mit der Möglichkeit des Wehrdienstes. Das war mal anders herum gedacht." Beckmann fragte nach dem Widerspruch von Sparzwängen und Unterfinanzierung der Truppe. Zu Guttenberg: "Ich habe nach meinem Amtsantritt einen Weckruf verlautbart, als ich darauf hinwies, dass die Bundeswehr chronisch unterfinanziert ist". Damit sei eine Diskussion eingeleitet worden, die bisher ein Tabu in Deutschland war.

Für den CSU-Politiker ist die Bundeswehr zurzeit nicht effizient. "Wir haben 252.000 Männer und Frauen bei der Bundeswehr und können nur 7.000 davon gleichzeitig in Einsätze schicken. Darum frage ich nicht: Was können wir uns noch leisten, sondern, was ist uns die Sicherheit unseres Landes noch wert?" Und deshalb sei es sinnvoll, die Wehrpflicht im Grundgesetz zu erhalten, "weil ich nicht genug Prophet bin, um vorauszusehen, wie sich die Welt in 20 oder 30 Jahren gestaltet." So könne eine ausgesetzte Einberufung zum Wehrdienst jederzeit mit einer einfachen Mehrheit im Bundestag wieder aufgehoben werden. "Jeder Mann bleibt künftig vom Status ein Wehrpflichtiger. Er wird nur nicht mehr einberufen. Aber er wird wie bisher erfasst." Die Musterung entfalle dabei.

Beamte wurden von Ministeraussagen überrascht
Eine Nachfrage blieb der Journalist Beckmann den Zuschauern in diesem Moment schuldig. Nämlich die Frage nach der Zukunft der Kreiswehrersatzämter – dort erfolgen die Musterungen. Die sogenannte Erfassung übernehmen hingegen die Einwohnermeldeämter der Städte und Gemeinden. Die Frage nach der Zukunft der Kreiswehrersatzämter stellte am Dienstag der Reservistenverband ans Verteidigungsministerium. Dort schienen die Beamten von den Aussagen des Ministers überrascht. Alles sei noch in der Planung, hieß es aus dem Bendler-Block. Es wurde aus dem Hause des Ministers auf die Bundeswehrstrukturkommission verwiesen, die im Herbst ihre Planungen vorlegen will. Da heißt es für Interessierte: Abwarten oder zu hoffen, dass der Minister vielleicht vorher noch ein anderes Exklusivinterview führen wird.


Detlef Struckhof

Bild oben: Ein junger Wehrpflichtiger
wird gemustert (Foto: Bundeswehr, Andrea Bienert)

Archivbild unten: Minister Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg
will die Musterungen abschaffen (Foto: Barbara Damm)

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