Nach Corona-Pause: Der Kalte Marsch ist zurück
Zwei Jahre Zwangspause, doch nun war es endlich wieder so weit: Am 19. und 20. Februar fand unter strengen Hygieneauflagen auf dem Eichelberg in Bruchsal (Baden-Württemberg) der internationale Militärwettkampf „Kalter Marsch“ statt.
Berlin, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Saarland – aus ganz Deutschland waren sie angereist. Insgesamt 72 Reservistinnen und Reservisten der Bundeswehr, eingeteilt in 19 Teams, stellten sich einer körperlichen und geistigen Herausforderung der besonderen Art. Bereits um 6.30 Uhr herrschte reger Betrieb in der Mehrzweckhalle der General-Dr.-Speidel-Kaserne in Bruchsal. Hier war der Meldekopf für die einzelnen Mannschaften eingerichtet worden. Hauptfeldwebel Andreas Schmunk von der Reservistenkameradschaft Ubstadt, die seit 2002 für die Organisation des Wettkampfes verantwortlich ist, hatte alles fest im Griff: „Bis 8 Uhr haben die einzelnen Mannschaften Zeit sich hier am Meldekopf zu registrieren. Zunächst müssen die Teilnehmenden jedoch einen Corona-Schnelltest durchführen. Erst dann erhalten die Teams ihre Einweisung in die Unterlagen, ihren individuellen Stationsplan und ihre Verpflegung“, erklärte er. „Das erste Team startet dann um 8 Uhr.“
Eine der Mannschaften, die an den Start gingen, war das Team der Reservistenkameradschaft (RK) Marbach. Bereits zum vierten Mal nahmen die vier Kameraden jetzt schon an dem Wettkampf teil und gingen dieses Jahr sogar als Titelverteidiger ins Rennen. „Unser Ziel ist es, unter die ersten drei zu kommen“, zeigte sich die Mannschaft hoch motiviert. Ob sie an die Leistung des letzten Durchgangs anschließen konnten, blieb zu diesem Zeitpunkt noch abzuwarten.
Kalter Marsch – die zwei Phasen
Der Kalte Marsch wurde aus einer reinen Durchschlageübung weiterentwickelt und wird seit 2004 in zwei Teilen durchgeführt: Im ersten, technischen Teil absolvierten die Mannschaften insgesamt 20 Stationen, an denen sie militärisches Fachwissen, Geschicklichkeit und vor allem ihre körperliche Fitness unter Beweis stellen mussten. Dabei führten sie ständig einen Zehn-Kilo-Rucksack mit sich. Die Teams mussten die Hindernisbahn überwinden, Gleitschutzketten richtig anbringen, Erste Hilfe leisten und zeigen, dass sie einen Funkspruch richtig absetzen und verschleiern können. Auch die fehlerfreie Handhabung und das Schießen mit verschiedenen Handwaffen wie zum Beispiel dem Gewehr G36 und der Pistole P8 wurde den Reservistinnen und Reservisten abverlangt. „Der technische Teil ist eine gute Mischung aus Denken, Laufen, Schießen und militärischem Fachwissen“, erklärte Oberstleutnant Andreas Bensching, der hauptverantwortliche Organisator und Kommandeur des nicht-aktiven ABC-Abwehrbataillons 907. „Wir haben uns hier auch verschiedene realitätsnahe Szenarien und Lagen ausgedacht, die die Teilnehmenden lösen müssen. An einer Station müssen die Teams mit der Pistole P8 auf Corona-Viren schießen, ein kleiner Scherz passend zur aktuellen Situation.“
Der zweite, taktische Teil des Wettkampfes bestand aus einer nächtlichen Durchschlageübung. Hierzu verlegten die Teams mit Bussen von Bruchsal aus in das zehn Kilometer entfernte Büching bei Bretten und sammelten sich zunächst auf einem großen Waldplatz. „Nach circa einer halben Stunde erfolgen plötzlich Detonationen, der Strom fällt aus und ein feindlicher Angriff wird simuliert“, sagte Bensching. Nun hieß es, die Beine in die Hand nehmen. Die Teilnehmenden mussten sich innerhalb von fünf Stunden durch durchschnittenes Gelände zurück nach Bruchsal schlagen, aber Achtung: Die feindliche Truppe lauerte überall und bereitete sich darauf vor, die Mannschaften aufzugreifen. „Insgesamt 25 Kameraden der Heimatschutzkompanie Oberrhein fungieren hier als Feind und überfallen die einzelnen Gruppen. Die Mannschaften dürfen sich nicht erwischen lassen, sonst müssen sie eine Lebenskarte abgeben und verlieren Punkte“, erklärt Bensching. Vier Lebenskarten hatte jedes Team insgesamt. Pro Verlust wurden jeweils 25 Punkte abgezogen. Verlor man alle Karten, ging man ohne Punkte aus der Wertung und hatte keine Chance mehr auf den Gesamtsieg.
Chef des Landeskommandos macht sich ein eigenes Bild
Der Kommandeur des Landeskommandos Baden-Württembergs, Oberst Thomas Köhring, überzeugte sich persönlich vom Ablauf und der Organisation des Kalten Marsches. Zusammen mit Oberstleutnant Bensching stattete er den einzelnen Stationen einen Besuch ab und informierte sich beim Funktionspersonal vor Ort über die zu lösenden Aufgaben. Oberst Köhring war beeindruckt von der Vielseitigkeit und dem Ideenreichtum. Sein Fazit: „Es handelt sich um eine sehr gut organisierte und interessante Veranstaltung. Man hat sich hier einiges einfallen lassen und den Teilnehmern viel geboten.“
Insgesamt unterstützten 120 Funktioner aus der Heimatschutzkompanie Oberrhein, der Kreisgruppe Mittlerer Oberrhein des Reservistenverbandes, des nicht-aktiven ABC-Abwehrbataillons 907 und des ABC-Abwehrbataillons 750 den Wettkampf. Auch von ziviler Seite kam Unterstützung durch die Männer und Frauen der Freiwilligen Feuerwehr Kraichtal. Auch Bensching zeigte sich abschließend zufrieden: „Aufgrund der Coronalage mussten einige Mannschaften, wie unsere Kameradinnen und Kameraden aus Frankreich und der Schweiz, kurzfristig absagen. Dennoch haben wir im Rahmen unserer Möglichkeiten ein gutes Programm auf die Beine gestellt.“
Und wer hat gewonnen?
Tatsächlich konnte die RK Marbach mit insgesamt 383,17 Punkten den Titel verteidigen und den Wanderpokal mit nach Hause nehmen. Dabei lagen die Kameraden vor den Mannschaften aus Oberbayern und Berlin. Der nächste Kalte Marsch wird dann wieder im Jahr 2024 auf dem Eichelberg in Bruchsal durchgeführt. Dieser Vielseitigkeitswettkampf wird bereits seit den 1980er Jahren vom Landeskommando Baden-Württemberg – davor vom Verteidigungsbezirkskommando 52 – veranstaltet und ist fester Bestandteil der Reservistenarbeit.