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„Die Heimatschutzkräfte sind im Heer gut aufgehoben“

Wie geht es weiter mit den Heimatschutzkräften der Bundeswehr? Generalmajor Andreas Henne, künftiger Kommandeur der Heimatschutzdivision, und Generalleutnant Harald Gante, Kommandeur Feldheer, ordnen mit diesem Namensartikel ein, warum die Bundeswehr ab April dieses Jahres eine Heimatschutzdivision aufstellt.

Soldaten einer Heimatschutzkompanie üben das Sichern von Kritischer Infrastruktur.

Foto: Bundeswehr / Anne Weinreich

bundeswehrheerheimatschutzreserve

Am 30. April 2024 hat der Bundesminister der Verteidigung, Boris Pistorius, mit dem Osnabrücker Erlass seine Strukturentscheidungen zur Zukunft der Bundeswehr vorgestellt. Angesichts einer sich verschärfenden Bedrohungslage war die Prämisse, die Bundeswehr vor allem für die Landes- und Bündnisverteidigung optimal aufzustellen. Ziel der Reorganisation der Teilstreitkräfte ist es, sich neuen Einsatzrealitäten zu stellen, indem die Verantwortung für die Dimensionen Land, Luft, See sowie Cyber- und Informationsraum gestärkt werden.

Als eine Konsequenz dieser Entscheidungen werden die Heimatschutzkräfte der Bundeswehr zum 1. April 2025 dem Heer unterstellt und neu strukturiert. Das Heer wird die bisher den Landeskommandos unterstehenden Regimenter und Kompanien in einer eigenen Heimatschutzdivision bündeln, deren Aufstellungsstab bereits zum 1. Januar 2025 in der Julius-Leber-Kaserne in Berlin seinen Dienst aufgenommen hat.

Die Heimatschutzkräfte werden somit integraler Bestandteil des Deutschen Heeres. Gemeinsam mit dem Feldheer leisten sie einen Beitrag für eine effektive, konventionelle Abschreckung. Außerhalb des Spannungs- und Verteidigungsfalles erbringen die Heimatschutzkräfte unter anderem subsidiäre Unterstützungsleistungen nach Artikel 35 des Grundgesetzes in der Amtshilfe bei Naturkatastrophen oder schweren Unglücksfällen. Des Weiteren leisten sie Host Nation Support, unterstützen also befreundete Streitkräfte in Deutschland.

Die Heimatschutzkompanie Sachsen trainiert in Delitzsch das sichern einer Liegenschaft. (Foto: Bundeswehr / Anne Weinreich)

Während das Feldheer im Spannungs- und Verteidigungsfall mit seinen drei Divisionen im Schwerpunkt an der NATO-Ostflanke eingesetzt sein wird, ist der Operationsraum der Heimatschutzkräfte das Territorium der Bundesrepublik Deutschland. Die Heimatschutzkräfte sind daher ein elementarer Bestandteil des Operationsplans Deutschland und müssen sich nach diesem in Struktur, Umfang und Fähigkeiten ausrichten. Gemeinsam mit anderen staatlichen und zivilen Akteuren schützen und verteidigen sie Deutschlands territoriale Integrität und seine Bürgerinnen und Bürger. Darüber hinaus stellen sie den Aufmarsch der alliierten Streitkräfte über und durch Deutschland an die NATO-Ostflanke sowie die Schutz- und Sicherungsaufgaben lebens- und verteidigungswichtiger Infrastruktur sicher.

Warum brauchen wir starke Heimatschutzkräfte?

Die sicherheitspolitische Lage stellt uns vor zahlreiche militärische und gesamtgesellschaftliche Herausforderungen, die zu einer Refokussierung auf die Landes- und Bündnisverteidigung geführt haben. Das gesamte Intensitätsspektrum von Frieden über Krise bis zum Krieg beinhaltet auch die Verpflichtungen im Bündnisfall: den Host Nation Support und natürlich die subsidiäre Hilfe für die Bürgerinnen und Bürger. Dabei ist klar: Die Rückkehr des Krieges nach Europa hat längst nicht mehr nur eine regionale Dimension. „The Euro-Atlantic area is not at peace (Die euro-atlantische Region ist nicht im Frieden)“, heißt es im strategischen Konzept der NATO. Russland strebt nach einer Rekonstitution als Großmacht. Dieses Ziel wird nur über eine Auseinandersetzung mit der NATO zu erreichen sein, was im Kontext des Systemkonfliktes USA und China betrachtet werden muss.

Bereits heute werden wir täglich mittels Cyberaktivitäten sowie Aufklärung gegnerischer Kräfte, aber auch durch Spionage, Sabotage und Desinformation angegriffen. Die scharfen Trennlinien unseres klassischen Verständnisses von Frieden, Krise und Krieg verschwimmen zunehmend durch hybrides Vorgehen und wurden durch ein Kontinuum dieser Zustände ersetzt, in denen die Schwelle zum Krieg unmerklich verschoben wird. Bereits heute greift Russland den Westen mit hybriden Mitteln an.

Generalmajor Andreas Henne spricht während einer Übung mit Soldaten einer Heimatschutzkompanie. (Foto: Bundeswehr / Michael May)

Deutschland muss sich der veränderten sicherheitspolitischen Lage anpassen. Wir müssen einen entscheidenden Beitrag zur gemeinsamen Sicherheit Europas leisten: nicht mehr als „Frontstaat“, sondern als Drehscheibe alliierter Truppenbewegungen, Stationierungsort großer Militärverbände der Allianz, als rückwärtiger Operationsraum und als Truppensteller für die NATO an den Grenzen des Bündnisses. Eine glaubhafte „Vornepräsenz“ muss Russland abschrecken und im Ernstfall verhindern, dass sich Konflikte bis in die Mitte Europas ausdehnen. Hierfür steigern mehrere Initiativen die Verteidigungs- und Einsatzfähigkeit der Streitkräfte: Die Bundeswehr soll wieder wachsen. Sie stärkt ihre Reserve, damit diese im Konfliktfall die Aufwuchs- und Durchhaltefähigkeit sicherstellen kann. Denn eins ist klar: Die Bedrohung ist real!

Lernen aus der Geschichte

Mit dem beginnenden Ost-West-Konflikt trat neben der pazifistischen Motivation „Nie wieder Krieg!“ von Anfang an der auf Abschreckung setzende Grundsatz des „Si vis pacem para bellum“ („Wenn du den Frieden willst, bereite den Krieg vor“). Der Anteil der Verteidigungsausgaben in der jungen Bundesrepublik betrug 1955 schon 4,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und steigerte sich bis 1963 auf 5,2 Prozent. Die Abschreckungspolitik der NATO gegenüber dem von der Sowjetunion dominierten Warschauer Pakt bewährte sich in den folgenden Jahren in der Praxis, auch in kritischen Momenten wie der Kubakrise 1962. Dass militärische Abschreckung ein probates Mittel innerhalb der Sicherheitsarchitektur Europas war, haben auch die Treiber der ab Ende der 1960er-Jahre begonnenen Entspannungspolitik in der Bundesrepublik zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt. Der SPD-Politiker Egon Bahr hat als Vordenker des „Wandels durch Annäherung“ keinen Zweifel daran gelassen, dass jeder Dialog zwischen Ost und West auf der festen Verankerung der Bundesrepublik in der NATO beruhte.

Bundeskanzler Willy Brandt war dementsprechend genau darauf bedacht, dass die Entspannungspolitik von den USA mitgetragen wurde. Während seiner Kanzlerschaft erhöhten sich die deutschen Verteidigungsausgaben folgerichtig weiter. Annäherung und Entspannung wurden also keinesfalls auf Kosten der Preisgabe militärischer Verteidigungsfähigkeit erreicht; ein Kurs, den auch Willy Brandts Nachfolger Helmut Schmidt und Helmut Kohl mit der konsequenten Umsetzung des NATO-Doppelbeschlusses fortsetzten.

Die Existenz der NATO trug bis zum Ende des Kalten Krieges maßgeblich dazu bei, auch in Krisenzeiten den Frieden in Europa zu wahren und damit den Mitgliedsstaaten die Möglichkeit zu geben, die Verheerungen des Zweiten Weltkrieges nicht nur zu kompensieren, sondern eine Periode des Wohlstands einzuläuten, die bis dato einzigartig in der europäischen und nordamerikanischen Geschichte war. Dabei gab es über die Parteigrenzen hinweg eine weitgehende Übereinstimmung, dass ein umfangreicher Beitrag für Sicherheit und Verteidigung geleistet werden muss. Dieser ist die Vorbedingung für ein prosperierendes, freiheitlich-demokratisches Staatswesen – oder einfach gesagt: „Ohne Sicherheit ist alles andere nichts.“

Generalleutnant Harald Gante unterhält sich mit Reservisten vom Jägerbataillon 921 während seines Truppenbesuches bei der Übung Grand Eagle 2 auf dem Truppenübungsplatz Pabrade/Litauen. (Foto: Bundeswehr / Marco Dorow)

Das Konzept der Abschreckung im Kalten Krieg beruhte auf dem ergänzenden Vorhandensein des Territorialheeres neben dem Feldheer. Die Aufgabe des Territorialheeres war die territoriale Verteidigung. In Abgrenzung zum Feldheer sollte das Territorialheer auch im Verteidigungsfall weiterhin national geführt werden. Es bestand größtenteils aus nicht-aktiven Truppenteilen, die erst im Verteidigungsfall durch Einberufung von Reservisten aufwuchsen.

Für seine Aufgabe standen dem Territorialheer im Frieden aktive Truppen in Stärke von circa 45.000 Soldaten zur Verfügung. Unmittelbar vor der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 hatten die westdeutschen Streitkräfte einen Verteidigungsumfang von 1,3 Millionen Soldaten, von denen etwa 800.000 mobilmachungsbeorderte Reservisten waren.

Entwicklung geht in die richtige Richtung

Auch wenn man heutzutage weit entfernt von solchen Zahlen ist, gehen die Entwicklungen der Heimatschutzkräfte und der Reserve in die richtige Richtung. Wir haben in den vergangenen Jahren ein zaghaftes, aber stetiges „Revival“ des Heimatschutzgedankens erlebt. Dabei sind die Skalierbarkeit von Heimatschutzkräften, der neue Wehrdienst und das Streben nach materieller Vollausstattung wichtige Gradmesser für die bereits beschriebenen Aufgaben der Heimatschutzkräfte als elementarer Bestandteil des Operationsplanes Deutschland und damit dem Schutz unseres Landes.

Bis dato wurden die Heimatschutzkompanien und die neu aufgestellten Heimatschutzregimenter dezentral durch die Landeskommandos geführt, die wiederum dem Territorialen Führungskommando der Bundeswehr unterstellt waren. Mit der Entscheidung, die Heimatschutzkräfte dem Heer zu unterstellen, werden diese erstmals zentral geführt. Dies ist aus mehreren Gründen folgerichtig:

  • Erstens: Der erweiterte Auftrag der Heimatschutzkräfte erfordert einen zielgerichteten Aufbau sowie eine eigene, einheitliche Ausbildung und Ausrüstung. Dies kann durch Führung aus einer Hand, nach einheitlichen Führungsgrundsätzen am besten realisiert werden.
  • Zweitens: Das Operative Führungskommando der Bundeswehr wird, wie im Osnabrücker Erlass gefordert, von der truppendienstlichen Führung entlastet.
  • Drittens: Bis zur Realisierung der personellen und materiellen Vollausstattung der Heimatschutzkräfte sind diese weiterhin auf die Ressourcen des Feldheeres angewiesen, um eine unmittelbare Grundbefähigung („Fight Tonight“) sicherzustellen. Mittelfristig müssen die Vollausstattung und notwendige infrastrukturelle Maßnahmen aber dazu führen, dass das Feldheer und die Heimatschutzkräfte ihre Aufgaben selbständig erfüllen können.
  • Viertens: Dieser Schritt bedingt auch eine aufwuchsfähige Reserve, damit das Feldheer, die Heimatschutzkräfte und der Feldersatz kriegstüchtig werden. Die Basisausbildung, der neue Wehrdienst und der Heimatschutz greifen hier untrennbar ineinander.
  • Fünftens: Die Heimatschutzkräfte der Zukunft sind durch ihren vielschichtigen Auftrag nicht einer der bestehenden Truppengattungen des Heeres zuzuordnen. Darum werden die Heimatschutzkräfte im Heer eine eigene Truppengattung sein.
  • Sechstens: Daher müssen auch eigene Ausbildungsgänge und Qualifikationen geschaffen werden. Auch dies gelingt nur unter einer einheitlichen Führung.
  • Siebtens: Die Aufstellung der Heimatschutzdivision schafft klare, von den Aufgaben der drei Divisionen des Feldheeres abgegrenzte, Strukturen und führt zu einer Reduzierung der Führungsspanne im Heer.

Verteidigung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe

Beim Schutz unseres Landes handelt es sich um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. In der Geschichte unseres Landes war Sicherheit immer dann gegeben, wenn wir eine glaubhafte Abschreckung mit kluger Diplomatie verbinden konnten. Material und vor allem Personal müssen nachhaltig auf die Verteidigung unseres Landes und unserer Bündnispartner ausgelegt werden, um glaubhaft abschrecken zu können. Dafür sind personelle und materielle Vollausstattung unabdingbar.

Die derzeitige Struktur der Heimatschutzdivision mit einem Divisionsstab und sechs Heimatschutzregimentern ist noch nicht ausreichend, um die Aufgaben des Heimatschutzes im Operationsplan Deutschland vollumfänglich zu erfüllen sowie verteidigungswichtige Infrastruktur Deutschlands wirkungsvoll zu schützen. Die Strukturen der Heimatschutzkräfte gilt es konsequent weiterzuentwickeln. Die Einführung eines neuen Wehrdienstes wird eine weitere unabdingbare Voraussetzung sein. Um zukünftig auf eine tragfähige territoriale Verteidigung bauen zu können, ist es wichtig, jetzt die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Deshalb ist die Unterstellung der Heimatschutzkräfte unter das Heer mit der Aufstellung der Heimatschutzdivision folgerichtig und ein erster Schritt in die richtige Richtung. Die Heimatschutzkräfte sind im Heer gut aufgehoben.

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