Was die neue Nahkampfausbildung für die Reserve bedeutet
Die Bundeswehr hat die militärische Nahkampfausbildung in der Truppe neu strukturiert. Das zweistufige Konzept beeinflusst auch die Reserve des Heeres. Das zeigt ein Blick in die Nahkampfausbildung der 11. Kompanie des Fallschirmjägerregiments 31.
Die Bundeswehr hat den militärischen Nahkampf aller Truppen neu ausgerichtet. Wurde die Fähigkeit, sich im Nahkampf verteidigen zu können, in der Vergangenheit eher stiefmütterlich behandelt, sieht die neue Konzeption des militärischen Nahkampfes vor allem zwei Aspekte vor. Erstens: Jede Soldatin und jeder Soldat soll befähigt werden, die Grundaspekte des militärischen Nahkampfes zu kennen und ausführen zu können. Zweitens: Es sollen ausgewählte Techniken genutzt werden, die den Nahkampf auch mit der angelegten Ausrüstung erlauben, schnell erlernbar und vor allem stressresistent sind.
Das neue Konzept umfasst dabei zwei Stufen. Vorerst werden Soldaten zu Nahkampfausbildern geschult. Aus den Reihen der Ausbilder sollen in einer zweiten Stufe Nahkampflehrer ausgebildet werden. Deren Aufgabe ist es, Nahkampf und Gefechtsdienst verknüpfen. Das geschieht beispielsweise durch das Einspielen von Übungslagen während des Gefechtsdienstes. Dabei werden die Soldaten in eine Situation versetzt, sich mit Nahkampftechniken zu verteidigen.
Neuausrichtung des militärischen Nahkampfes
Die Neuausrichtung des militärischen Nahkampfes wirkt sich auf die Ausbildung in Ergänzungstruppenteilen wie der 11. Kompanie des Fallschirmjägerregiments 31 aus. In der 11. Kompanie wird derzeit auf Grundlage des neuen Konzepts der Nahkampfausbildung das Modul „Basisausbildung für den Militärischen Nahkampf aller Truppen“ regelmäßig durchgeführt. Dazu zählen zum Beispiel Elemente aus den Bereichen: Schlag und Tritttechniken, Angriffstechniken (mit Kurz- und Langwaffe) und Techniken aus dem Bereich Bodenkampf und Falltechnik.
„Ausbildungsziel ist es, dass alle Soldaten der Kompanie die Basisausbildung erfolgreich absolvieren und regelmäßig wiederholen“, sagt der zuständige Ausbildungsoffizier. Nach seinen Angaben sind die Lehrgänge zum Nahkampfausbilder gemäß den Vorgaben und nach dem neuen Ausbildungskonzept auch offen für Reservistinnen und Reservisten. Allerdings sei es für Reservisten dort sehr schwer, einen Platz zu erlangen, da die Ausbildung für die aktive Truppe Vorrang hat.
Erstmal die eigenen Hausaufgaben machen
Die 11. Kompanie verfügt über einen Nahkampfausbilder. Allerdings hat er seinen Status vor der Neuausrichtung des militärischen Nahkampfes aller Truppen erhalten. Dafür kann die Kompanie, die ausschließlich aus Reservisten besteht, bei Bedarf auf Nahkampfausbilder und -lehrer des Fallschirmjägerregiments 31 zurückgreifen. Noch ist es aber nicht so weit. „Wir müssen erst einmal unsere eigenen Hausaufgaben erfüllen und schauen, dass wir uns in unserem eigenen Bereich sicher bewegen“, sagt der für die Nahkampfausbildung zuständige Major der Reserve. Wenn dieser Schritt erreicht sei, könne man für die Zukunft darüber nachdenken, sich auch beim Thema Nahkampf stärker mit der aktiven Truppe zu vernetzen und sich für gemeinsame Ausbildungen zusammenzuschließen.
Bis dahin ist das Ziel bei den nächsten Nahkampf-Ausbildungsmodulen, die Grundlagen zu beherrschen und zu vertiefen. Kampfgeist und Härte sind wesentlich für den Erfolg im Kampf. Die Soldaten sollen dazu gebracht werden, im Kampfgeist und in der Härte gegen sich selbst einen Wert zu erkennen. Neben diesem affektiven Ausbildungsziel gilt es, die Soldaten psychomotorisch zu befähigen im Nahkampf zu bestehen. Die Fähigkeit zur körperlichen Durchsetzung mit nicht letalen Mitteln wird vor allem dort von hoher Bedeutung sein, wo zwischen Unbeteiligten und Gegnern auf engstem Raum kaum zu unterscheiden ist. Die Integration des Erlernten in die Gefechtsausbildung festigt die erworbenen Fähigkeiten.
Einfache Bewegungsmuster effektiv einsetzen
Die Konzeption Reserve des Heeres fordert ein Training bis an die Ausbildungshöhe aktiver Soldaten heran. Die Nahkampfausbildung ist somit für ein Ergänzungstruppenteil der Fallschirmjägertruppe im Rahmen des Gefechtsdienstes neben einer professionellen Schieß- und Gefechtsausbildung ein weiterer Baustein, um dieser Forderung gerecht zu werden. Der militärische Nahkampf unterscheidet sich fundamental vom Kampfsport oder der zivilen Selbstverteidigung und ist daher klar abzugrenzen. Im militärischen Nahkampf wird ein System vermittelt, das sich von traditionellen Stilen und Lehrweisen durch seine begrenzte Anzahl an Techniken unterscheidet. Die Grundidee besteht darin, in möglichst vielen Lagen im optimalen Fall mit nur einer Kombination von einfachen Bewegungsmustern höchst effektiv zu agieren. Kampfsport oder zivile Selbstverteidigung steht in der Kompanie mehr für ein individuell-persönliches Interesse und hat nichts mit militärischem Nahkampf gemeinsam.
Im Rahmen der Aus- und Weiterbildung besteht für die Nahkampfausbilder der Kompanie zusätzlich noch eine Kooperation mit einem Verband der U.S. Army in Deutschland zur Teilnahme am Basic Combatives- und Tactical Combatives-Course des Modern Army Combatives Programm. Der Mehrwert dieser Teilnahme liegt für die Ausbilder darin, neue Trainingsmethoden kennenzulernen und das eigene „Skillset“ zu erweitern. Diese werden gern am Rande der Gefechtsausbildung für Reservisten eingestreut. „Das Interesse und der Zuspruch sind groß“, weiß der für Nahkampf zuständige Major d.R. der 11. Kompanie.