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Neue Perspektiven für Reservisten




Die Bundeswehr steht vor den größten Veränderungen ihrer Geschichte. Die Presse informiert fast jeden Tag über neue Planungen. Reservisten kommen in den bisherigen Veröffentlichungen nicht vor. Viele ehemalige Soldaten stellen sich deshalb die Frage, "wo bleiben wir?". Roderich Kiesewetter, Stellvertreter des Präsidenten des Reservistenverbandes, informiert die Reservisten aktuell über den derzeitigen Stand der Dinge.

Als Bundestagsabgeordneter und Mitglied des Präsidiums des Verbandes ist Kiesewetter an grundsätzlichen Überlegungen beteiligt. Er sagt: "Unsere Reservisten haben sich herausragende Verdienste um die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr im In- und Ausland erworben. Sie sind und bleiben fester Bestandteil der Bundeswehr. Im Zuge der vorgesehenen Umstrukturierungen ist davon auszugehen, dass die Anforderung an gut ausgebildete Reservisten zur Entlastung der Truppe eher steigt als sinkt. Der Bedarf ist vorhanden, muss aber noch präzisiert werden. Auch die wichtige Aufgabe der Reservisten und des Verbandes als Mittler zwischen Bundeswehr und Öffentlichkeit wird bei einer Reduzierung der Bundeswehr noch mehr Bedeutung erhalten."

Mehrjähriger Wehrdienst für Reservisten nötig
Nun gelte es, die Reserve auf die neuen Anforderungen auszurichten. Deshalb sollen sich Reservisten nach der Umstrukturierung der Bundeswehr künftig unter anderem in neuen Wehrdienstformen einbringen können. Der Reservistenverband kann sich zum Beispiel einen mehrjährigen Wehrdienst auf Zeit für qualifizierte Reservisten vorstellen.

"Immer, wenn es in der Zukunft bei der Bundeswehr einen bestimmten Bedarf an Fähigkeiten gibt, sollen sich Reservisten nicht nur wie bisher für bis zu sechs Monate, sondern auch für mehrere Jahre verpflichten können", sagt Kiesewetter. Dies könne zum Beispiel so aussehen: "Wenn wir in einem Auslandseinsatz einen Heizungstechniker oder einen Kulturwissenschaftler benötigen, dann müssen wir ihm ein attraktives Angebot für sein Engagement machen können." Deshalb müsse es künftig möglich sein, dass ein Reservist für ein, zwei Jahre oder länger einen festen Zeitvertrag bei der Bundeswehr erhält. "Die Bezahlung und Versorgung sollte dann entsprechend derer von Berufssoldaten erfolgen", so seine Vorstellungen.

Während der Planungsphase Besonnenheit bewahren
Zur öffentlichen Mediendiskussion um die Bundeswehrzukunft rät Roderich Kiesewetter zur Besonnen- und Gelassenheit. Es gebe zwar fünf Denkmodelle des Ministeriums, die noch nicht offiziell vorgestellt sind. Deshalb sei auch noch nichts entschieden. Kiesewetter wirbt für Verständnis: "Es bringt nichts, jeden einzelnen Vorschlag wie eine Kuh durchs Dorf zu treiben, noch ehe sie gemolken ist", sagt er. Ihm und dem gesamten Präsidium des Reservistenverbandes gehe es um ein vernünftiges Gesamtkonzept für eine zukunftssichere Bundeswehr "in dem sich auch alle motivierten Reservisten wiederfinden können". Ziel ist dabei ein tragfähiges Sicherheitskonzept für die Bundesrepublik Deutschland. Und dafür muss die Reserve neu ausgerichtet werden.

Die fünf Modelle des Ministeriums beinhalten – jedes für sich – signifikante Veränderungen für die aktive Truppe. Je nach Modell führen sie nach entsprechender Umsetzung zu notwendigen Veränderungen der Reservistenkonzeption der Bundeswehr. Schon in diesem Jahr waren die Auswirkungen von Umschichtungen und Kürzungen im Haushalt spürbar. So fielen je nach Wehrbereich zwischen 14 und 60 Prozent der sogenannten Dienstlichen Veranstaltungen (DVag) aus. Die DVag werden meist für die Weiterbildung der Reservisten genutzt. "Da haben viele Reservisten den Eindruck, sie müssten die Zeche der Sparmaßnahmen zahlen. Dabei weiß jeder: Ohne Weiterbildung kann es keine professionelle Reserve geben", so Kiesewetter. Deshalb denke er an finanzierbare und umsetzungsfähige Zukunftsvorschläge zur Stärkung einer aktiven Reserve.

Neues Laufbahnrecht kann Wehrübungen attraktiver machen
Kiesewetter spricht von einem neuen Laufbahnrecht, welches es ermöglichen soll, Reservisten Perspektiven und Versorgungssicherheit auf Zeit zu bieten. Er nennt ein konkretes Beispiel: "Derzeit wird ein Oberfeldwebel nach acht Jahren Dienstzeit in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert. Das bringt ihm einen Rentenanspruch in Höhe von 180 Euro monatlich. Nach unserem Modell würde er wie ein Berufssoldat behandelt. Über einen Versorgungsfonds könnte er künftig 280 Euro monatliche Altersversorgungsansprüche erwerben."

Win-win-Situation für Reservisten, Bundeswehr und Wirtschaft
Für die Zukunftsfähigkeit der Bundeswehr im Einsatz sei ein besserer ständiger Austausch zwischen Privatwirtschaft und den Streitkräften förderlich und notwendig, unterstreicht Kiesewetter. "Doch die Reservisten müssen dafür die neuen Qualitätsanforderungen erfüllen. Sonst macht sich die Reserve unglaubwürdig." Eine Wehrübung – wie der Wehrdienst überhaupt – dürfe dabei nicht nur von Versorgungsüberlegungen abhängen. Die Versorgung und Absicherung bei Auslandseinsätzen der Reservisten und ihrer Familien muss den qualifizierten Leistungen der Reservisten gegenüberstehen. "Ziel muss eine Win-win-Situation für Reservist, Bundeswehr und Wirtschaft sein. Letztlich geht es darum, die Besten für Vakanzen bei der Bundeswehr zu gewinnen." Für die Flexibilität, Entbehrungen und die Risiken, die diese Reservisten dann während der befristeten Tätigkeit einbrächten, müssten sie und ihre Angehörigen einen angemessenen Ausgleich erhalten. Das müsse auch für Reservisten gelten, die sich zum Beispiel im Katastrophenschutz engagieren wollen. Hier läge bei einer reduzierten Bundeswehr eine wesentliche Chance für die Mehrzahl der Reservisten. Kiesewetter sagt: "Bei einer Flutkatastrophe werden vor allem viele helfende Hände benötigt."

Bestehende Aufgaben wie Landesverteidigung und Katastrophenschutz bleiben
In diesem Zusammenhang sei dem Reservistenverband besonders wichtig, dass auch die weiterhin bestehenden Aufgaben der Landesverteidigung sowie der Schutz der deutschen Bevölkerung vor inneren Katastrophen und äußeren Gefahren deutlich ernster genommen werden, so Kiesewetter. Er ermuntert die aktive Truppe dazu, die teilweise erheblichen Vorbehalte gegenüber der Reserve aufzugeben, denn mit geringer werdender Truppenstärke könne sie ihre primären Aufgaben nicht mehr alleine stemmen. Dazu werde sich auch die Reserve jedoch deutlich neu aufstellen müssen, um den Anforderungen der Truppe gerecht zu werden. "Allerdings darf es, was die Einbindung der Reserve in den Alltagsdienst und die Einsätze der Bundeswehr angeht, nicht bei bloßen Lippenbekenntnissen bleiben", sagt der Oberst a. D. "Aktive Truppe und Reserve müssen noch viel besser Hand in Hand zusammenarbeiten. Das muss sich in der Struktur der neuen Bundeswehr glaubwürdig widerspiegeln." Dies ernst zu nehmen, verbessere nicht nur die Glaubwürdigkeit bundesdeutscher Sicherheitspolitik sondern verstärke auch die notwendig gewordene intensivere Verzahnung der Reserve mit der aktiven Truppe.

Entscheidungen nicht vor November
Roderich Kiesewetter sagt, wie es nun weitergehen wird: "Am gestrigen Sonntag stellte Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg (CSU) Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) seine Vorschläge vor. Bis zum Dienstag soll der Verteidigungsausschuss des Bundestages informiert werden. Entscheidungen wird es jedoch erst im November geben." Denn zuvor fänden noch wichtige Parteitage statt, auf denen auch über die Neugestaltung der Wehrpflicht entschieden werde. Außerdem legt die von Minister zu Guttenberg eingesetzte Strukturkommission ihre Ergebnisse bis Ende November vor. Mit der Umstrukturierung selbst wird nicht vor Ablauf des ersten Halbjahres 2011 begonnen, die Umsetzung der Reform werde sechs bis sieben Jahre dauern.

Detlef Struckhof

Symbolbild oben: "Katastrophenbekämpfung benötigt vor
allem viele helfende Hände", sagt Roderich Kiesewetter.
Das Bild entstand bei der Oderflut 1998.
(Foto: Landeskommando Brandenburg)

Bild Mitte: Roderich Kiesewetter ist Stellvertreter
des Präsidenten des Reservistenverbandes
(Foto: VdRBw)

Bilder unten: Reservisten trainieren auf der Hindernisbahn und im Gelände
(Foto1: Martin Galle, Foto2: Kai Moerk)

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