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Aus der Truppe

Neues Wehrdienstmodell soll langfristig die Reserve stärken

Verteidigungsminister Boris Pistorius hat heute in Berlin sein neues Wehrdienstmodell vorgestellt. Das setzt in erster Linie auf Freiwilligkeit. Kurzfristig geht der Minister damit Themen an, die in dieser Legislatur noch umsetzbar sind. Langfristig kommt der Reserve eine größere Bedeutung zu: 260.000 Reservistinnen und Reservisten sollen einen schnellen Aufwuchs der Truppe sicherstellen.

Symbolbild: Soldaten des Wachbataillons beim öffentlichen Gelöbnis.

Foto: Bundeswehr/Kraatz

Das neue Modell umfasst einen freiwilligen Grundwehrdienst von sechs Monaten mit einer Option von bis zu 17 Monaten zusätzlich. Dazu wird eine verpflichtende Erfassung und bedarfsorientierte Musterung eingeführt. Konkret heißt das: Frauen und Männer werden zum Erreichen des wehrdienstfähigen Alters angeschrieben. Männer werden aufgefordert, einen Fragebogen auszufüllen. Sie sind verpflichtet, ihn zurückzusenden. Frauen können den Fragebogen ausfüllen und zurücksenden, sind dazu aber nicht verpflichtet. Abgefragt werden unter anderem persönliche Interessen, der allgemeine Fitness- und Gesundheitszustand und ob sich die jungen Menschen grundsätzlich vorstellen könnten, zur Bundeswehr zu gehen – oder ob es für sie in Frage kommt, einen Dienst beim Technischen Hilfswerk, Roten Kreuz o.Ä. abzuleisten.

Auf der Grundlage des Fragebogens trifft die Bundeswehr die Entscheidung darüber, wer zur Musterung eingeladen wird. Anschließend wählt sie aus den Gemusterten die Geeignetsten und Motiviertesten aus. Es erfolgt also eine Auswahl nach Qualitätskriterien. „Das Verfahren führt dazu, dass sich viele junge Menschen zum ersten Mal mit der Frage befassen, ob sie nach der Schule einen Wehrdienst leisten möchten. Wir gehen davon aus, dass sich viele junge Männer und Frauen freiwillig melden“, teilt das Verteidigungsministerium mit.

Reinschnuppern – und vielleicht weitermachen?

Den ausgewählten jungen Menschen steht also die Möglichkeit offen, einen freiwilligen sechsmonatigen Grundwehrdienst zu leisten oder sich für bis zu insgesamt 23 Monate zu verpflichten. Denjenigen, die den Wehrdienst über sechs Monate hinaus leisten wollen, bietet die Bundeswehr zahlreiche Weiterentwicklungsmöglichkeiten. Pistorius sprach hier von einem „sinnstiftenden Wehrdienst“. Wer länger bleibt, bekommt etwas geboten. Soll heißen: Wer die Bundeswehr nach sechs Monaten verlässt, hat eine Grundbefähigung, um beispielsweise im Heimatschutz beordert zu werden. Wer freiwillig länger dient, kann einen Führerschein machen oder die Wartezeit bis zum Studium verkürzen.

Mit folgenden Zahlen kalkuliert das Verteidigungsministerium: „Zusätzlich zu den bisher rund 10.000 Freiwillig Wehrdienstleistenden wollen wir ab 2025 bis zu 5.000 weitere Wehrdienstleistende ausbilden. Das bisherige Modell des Freiwilligen Wehrdienstes wird in das Modell ‚Neuer Wehrdienst‘ überführt. Die Kapazitäten und damit auch die Zahl der Wehrdienstleistenden werden wir in den Folgejahren schrittweise erhöhen.“ Damit wächst langfristig auch die Zahl der verfügbaren Reservistinnen und Reservisten. Aus gutem Grund.

Der deutsche Beitrag zur Bündnisverteidigung erfordert nach heutiger Bewertung langfristig einen Verteidigungsumfang von rund 460.000 Soldatinnen und Soldaten. Rund 200.000 davon sollen aktive Soldatinnen und Soldaten sein, der Rest sind Reservistinnen und Reservisten. Das heißt auch: Ein großer Teil der deutschen Streitkräfte muss schnell aus Reserven aufwachsen können. Pistorius: „Mit der Reaktivierung der Wehrerfassung und Wehrüberwachung sowie dem Einstieg in den ‚Neuen Wehrdienst‘ machen wir hierzu wichtige und notwendige Schritte.“

Mit dem Verband für die Reserve werben

Eine wichtige Rolle beim Aufwuchs spielen auch diejenigen, die schon heute der Allgemeinen Reserve angehören, also alle rund 850.000 Frauen und Männer, die bereits eine Zeit lang in der Bundeswehr gedient haben, ob als Soldat auf Zeit oder als Wehrpflichtiger nach dem alten Modell. „Auch diese Menschen werden angeschrieben. Gemeinsam mit dem Reservistenverband wollen wir dafür werben, die Reserve wieder zu stärken“, kündigte Pistorius an.

Dem Minister geht es ausdrücklich nicht darum, mit dem neuen Wehrdienstmodell die Personallücke zwischen aktuell 181.000 und der Zielgröße von 203.000 zu schließen. „Das können Wehrdienstleistende nicht schaffen. Erst einmal wollen wir einen Einstieg schaffen“, sagte Pistorius. Wenn sich von den Freiwillig Wehrdienstleistenden also noch ein Teil für eine Laufbahn als Zeitsoldat oder Berufssoldat entscheidet, ist das ein Nebeneffekt, den die Truppe gerne mitnimmt.

„Wir lassen Kapazitäten nun langsam aufwachsen und gehen von genügend Freiwilligen aus“, sagte der Minister. Grund zum Optimismus gibt ihm die Zunahme an Bewerbungen für alle Laufbahnen. „Das ist ein gutes Zeichen und lässt uns sicher sein, dass wir genügend Freiwillige zusammenbekommen.“ Die Wiederbelebung der Wehrerfassung sei hier ein erster Schritt.

„Ein erster Schritt – mehr nicht“

„Ein erster und auch richtiger Schritt – mehr aber auch nicht“, ordnete der Präsident des Reservistenverbandes, Oberst d.R. Prof. Dr. Patrick Sensburg, im ZDF die vorgestellten Pläne ein. Ihn erinnert das neue Wehrdienstmodell an eine „größer angelegte Werbeaktion, doch es löst langfristig nicht die Probleme, dass wir neben einer aktiven Truppe auch eine große einsatzbereite Reserve brauchen. Mit Wehrpflicht oder einer deutlich größeren Bundeswehr hatte das nichts zu tun.“ Mit jährlich 20.000 Soldatinnen und Soldaten mehr, die in die Reserve überführt werden, ist die Bundeswehr Sensburgs Einschätzung zufolge nicht bis 2029 kriegstüchtig. Zumal jene Reservisten, die bereits Wehrdienst geleistet haben, Jahr für Jahr die Altersgrenze überschreiten.

„Pistorius wollte eine Pflicht, nun ist es ein Pflichtchen“, kommentierte ZDF-Verteidigungsexperte Mathis Feldhoff. Der Minister hätte mehr gewollt, sei aber von der eigenen Partei und den Koalitionspartnern in der Ampel zurückgepfiffen worden.

Hier den ZDF-Stream im Re-Live anschauen

Hintergrund: Rechtlicher Rahmen

Ausgesetzt wurde im Jahr 2011 nicht die „Wehrpflicht“, sondern die verpflichtende Ableistung des „Grundwehrdienstes“. Eine Wiedereinführung des Wehrdienstes in der beschriebenen Form bedarf einfachgesetzlicher Regelungen. Hierfür sind mindestens das Wehrpflichtgesetz und das Soldatengesetz anzupassen. „Wir werden in dieser Legislaturperiode keine allgemeine Dienstpflicht und auch keine Wehrpflicht für Frauen einführen. Beides würde eine Grundgesetzänderung erfordern“, erläutert Pistorius. „Stattdessen wollen wir einem ‚Neuen Wehrdienst‘ noch in dieser Legislatur eine gesetzliche Grundlage geben und die dafür erforderlichen Strukturen und Kapazitäten in der Bundeswehr schaffen.“

Ausgangslage

Zeitgemäße Landes- und Bündnisverteidigung ist Kernauftrag der Bundeswehr. Das BMVg geht davon aus, dass Russland trotz des Angriffes gegen die Ukraine und der dortigen Verluste bis 2029 in der Lage ist, NATO-Territorium anzugreifen. „Wir müssen unsere Fähigkeiten zur Abschreckung und Verteidigung so verbessern, dass Aggressoren davon ablassen, NATO-Territorium anzugreifen. Wir sind dabei, die Bundeswehr besser auszustatten, ihr eine bessere Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, und wir reorganisieren die Streitkräfte so, dass sie in einem Verteidigungsfall optimal aufgestellt sind“, schreibt das Ministerium. „Zusätzlich brauchen wir eine stabile und einsatzbereite Reserve. Sie muss dafür sorgen, dass die Bundeswehr im Spannungs- oder Verteidigungsfall schnell aufwuchsfähig ist. Dafür müssen wir jetzt die Weichen stellen.“

Pressemitteilung des BMVg

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