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Faszination Vierdaagse: So lief der 105. Nimwegen-Marsch

Es ist einer der größten Märsche der Welt. Rund 54.000 Teilnehmende waren vier Tage rund um Nimwegen unterwegs. Mit dabei waren auch 372 deutsche Soldaten und Reservisten. Wie sie den Marsch erlebten und was hinter den Kulissen passierte.

372 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr waren bei einem der größten Märsche der Welt dabei.

Foto: Bundeswehr/Körtgen

marschnijmegennimwegenvierdaagse

Wecken um 2:30 Uhr, Antreten um 4:30 Uhr, Abmarsch um 5:20 Uhr. Im Camp Heumensoord in der Nähe der niederländischen Stadt Nimwegen schläft niemand viel. Und wenn um 2:30 laute Musik zum Wecken durch das Camp dröhnt, sind viele Soldatinnen und Soldaten schon mit den Vorbereitungen für den Marschtag beschäftigt. Vierdaagse von Nimwegen – das ist nicht irgendein Marsch. Es ist der wohl größte Marsch der Welt. Rund 54.000 Menschen waren dieses Jahr dabei. Zivile Teilnehmende marschieren zwischen 30 und 50 Kilometer. Für Soldatinnen und Soldaten sind etwa 40 Kilometer pro Tag vorgeschrieben – in Formation und mit zehn Kilogramm Marschgepäck.

372 deutsche Soldatinnen und Soldaten gingen dieses Jahr in Nimwegen an den Start – etwa jeder Zehnte von ihnen war ein Reservist. Für ihre Betreuung – von der Vorbereitung bis zum Finale auf der Via Gladiola – ist das Landeskommando Nordrhein-Westfalen verantwortlich. Delegationsleiter Oberstleutnant Peter U. sagt: „Der Marsch ist die bedeutendste Traditionsveranstaltung der Bundeswehr.“ 1957 war das erste Mal eine Delegation der Bundeswehr dabei. U. weiter: „Kameradschaft, Teamgeist und gute Menschenführung – auf diese Werte kommt es bei dem Marsch an. Es ist kein Wettkampf, niemand marschiert in Nimwegen gegen die Zeit.“ Trotzdem: Ohne Vorbereitung marschiert hier niemand los.

„Alle verfolgen ein gemeinsames Ziel“

Für Oberstleutnant Marja K. ist es der neunte Nimwegen-Marsch. Sie ist Marschgruppenführerin der Soldatinnen und Soldaten vom Joint Support and Enabling Command (JSEC), eine internationale Gruppe mit Kameraden aus den Niederlanden, Polen, Frankreich und natürlich Deutschland. Ihre Herausforderung: „Soldaten aus unterschiedlichsten Verwendungen und Truppengattungen, mit verschiedenen Dienstgraden und in einem Alter zwischen 19 und 57 Jahren – aus diesen sich völlig unbekannten Menschen habe ich ein Team geformt. Dieses Team hält hier zusammen, steht füreinander ein, marschiert natürlich gemeinsam und schafft den Marsch auch.“

Enorm wichtig war für das Teambuilding, dass ausschließlich Englisch gesprochen wird: „Auch wenn sich deutsche Kameraden untereinander unterhalten. So können die internationalen Soldaten ins Gespräch einsteigen. Sonst würden sie ausgegrenzt.“

Oberstleutnant Marja K. (Foto: Körtgen)

Und wie hat sich die 39-Jährige nach der Geburt ihrer zwei Kinder (1 und 2 Jahre) auf den Marsch vorbereitet? „Seit Dezember 2022 bin ich wieder im Dienst, seit Februar marschierte ich jeden Freitag 20 Kilometer. Am Vatertag im Mai trafen sich Teile des Teams mit mir bei mir zu Hause und wir sind an einem Tag 40 Kilometer, am nächsten 30 Kilometer marschiert.“ Dazu kamen die Vorbereitungsmärsche in Gifhorn und Bern.

Eineinhalb Wochen ohne die Familie ist natürlich schwer und es wird jeden Tag per Facetime miteinander gesprochen. Aber das Erlebnis Vierdaagse ist für Oberstleutnant K. etwas ganz Besonderes: „Niemals erlebe ich sonst so viele Menschen aus so vielen Nationen an einem Ort. Und alle verfolgen das gemeinsame Ziel, als diesen Marsch zu schaffen. Wir harmonieren miteinander, laufen miteinander, feiern miteinander.“

Die Führung marschiert mit

Der Inspekteur Sanitätsdienst, Generaloberstabsarzt Dr. med. Ulrich Baumgärtner, ist bereits zum 13. Mal dabei. Er unterstützt die Teilnahme an dieser Veranstaltung, da er es für wichtig und gut hält, dass junge Militärs ihre Leistungsfähigkeit auf diesem Marsch austesten können.

Generalleutnant Alexander Sollfrank (56), Befehlshaber des Joint Support and Enabling Command in Ulm, nimmt zum zweiten Mal teil, nachdem er sein Debüt 1990 hatte. Er wollte dabei sein, nachdem er mit Freude registriert hat, dass sein Kommando eine eigene Mannschaft in der deutschen Delegation stellt.

Der Dritte im Bunde ist Generalmajor Michael Hochwart (64), Kommandeur des Ausbildungskommandos aus Leipzig. Er marschiert zum sechsten Mal mit. Gepackt hat ihn der Virus Nimwegen, als er 2015 als „Saluting Officer“ die deutsche Delegation auf eine Etappe des Marsches geschickt hatte. Seitdem marschiert er selbst. Ihn begeistert, dass es quasi keine Ausfälle unter den deutschen Soldatinnen und Soldaten gegeben hat: „Das spricht für die gute Vorbereitung und die tolle Versorgung auf der Strecke. Vielen Dank dafür!“

Kameradschaft ist allgegenwärtig

Oberbootsmann Daniela Z. (32) von der Sanitätsstaffel 1 in Gardelegen ist zum zweiten Mal in Nimwegen dabei. Sie sagt: „Blessuren und Blasen können von Tag zu Tag schlimmer werden. Gerade hohe Temperaturen können zu Kreislaufproblemen führen.“ Ihr Tipp an alle Teilnehmenden: „Füße tapen – entweder in Eigenregie, durch die Kameraden oder durch die Sanität. Eisspray hilft, um das Tape richtig zu fixieren. Ebenfalls enorm wichtig: Viel Flüssigkeit zu sich nehmen, Sonnencreme und die Kopfbedeckung, um einen Sonnenstich oder Hitzeschlag zu vermeiden.“ Was Oberbootsmann Daniela besonders schätzt: „Die allgegenwärtige Kameradschaft untereinander zwischen Marschierenden und Funktionspersonal.“

Oberbootsmann Daniela Z. (Foto: Pieper)

5.000 Kilokalorien am Tag

Für die Verpflegung ist Obermaat Nils F. verantwortlich. Er ist der Verpflegungsgruppenführer für den Nimwegen-Marsch. Schon am Gifhorn-Tag und bei den Vorbereitungsmärschen sorgte er dafür, dass niemand hungrig das Camp verlässt. Für ein Frühstück gehen da bis zu zehn Kilogramm Käse und sieben Kilo Wurst weg. „Heute gab es auch 35 Liter Rührei“, sagt der Obermaat von Marinefliegergeschwader 3 in Nordholz. Während des Marsches trägt er die Verantwortung dafür, dass die drei Feldküchen an den Rastplätzen bestückt sind. Mit 14 Kameraden ist er im Einsatz.

Obermaat Nils F. (Foto: Pieper)

Beim ersten Stopp gibt’s Sandwiches, bei Nummer 2 meistens eine Bockwurst und die dritte Feldküche hat ein warmes Gericht dabei. Auf 5.000 Kilokalorien sollen die Marschierenden am Tag kommen. „Die Logistik ist die größte Herausforderung“, sagt der 41-Jährige. Aber er schätzt die Vielfalt bei dieser Veranstaltung. Wieviel Zeit er für die Vorbereitungen braucht? „Nach Nimwegen ist vor Nimwegen.“

Die Reserve beim Nimwegen-Marsch

Zwölf Prozent der Soldatinnen und Soldaten der Deutschen Nimwegen-Delegation sind Reservistinnen und Reservisten. 24 von ihnen stellen eine eigene Marschgruppe. Ihr Marschgruppenführer, Oberstleutnant d.R. Gero R. (52), ist ein erfahrener Nimwegen-Veteran und zum 14. Mal dabei. Er ist Reserveoffizier und Infanterist. Für acht seiner Marschierer ist der 105. Nimwegen-Marsch eine Premiere. Sie schätzen seine umsichtige Führung und seine wertvollen Ratschläge: „Das Durchstehen der vier Tage ist reine Kopfsache für die Neulinge – und beim zweiten Mal läuft dann alles besser. Man muss die Vierdaagse selbst erleben, um sie und ihre absolute Faszination nachvollziehen zu können. Ich habe NICHTS Vergleichbares erlebt!”

Und so ist er wie jedes Jahr jeden Abend nach den Marschetappen unterwegs in der Stadt. Schließlich heißt es hier: „Sieben Tage Feiern – vier Tage Marschieren.” Der erfahrenste Marschierer der Gruppe ist übrigens schon zum 28. Mal dabei.

372 Soldatinnen und Soldaten gingen an den Start. 369 kamen auf der Charlemagne an. Hier wurde die Auszeichnung verliehen. Mit Delegationsleiter, Oberstleutnant Peter U., ging es von dort Richtung Via Gladiola. (Foto: Körtgen)
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