„Wenn es der Auftrag erfordert, können wir auch”, sagte Oberstleutnant Andreas Nonnenmacher vom Referat Reservistenangelegenheiten im Kommando Sanitätsdienst, der auf der 32. Frühjahrstagung des Arbeitskreises Sanitätsdienst (AK San) des Reservistenverbandes schilderte, wie man Ansturm der Freiwilligen und die damit einhergehenden Probleme am Anfang der Corona-Pandemie bewältigt hatte.
Doch trotz Pandemie und weiter steigenden Inzidenzzahlen nahm der Krieg in der Ukraine breiten Raum im Themenspektrum der Frühjahrstagung des Arbeitskreises Sanitätsdienst ein. Zum Thema „Neue sicherheitspolitische Herausforderungen in Europa – neue Strategie für die Reserve?“ diskutierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Auditorium. Die während der Corona-Pandemie gesammelten Erfahrungen seien durchaus eine Blaupause für das zukünftige Engagement von Reservistinnen und Reservisten, nicht zuletzt mit Blick auf die Geschehnisse an der NATO-Ostflanke, sagte der stellvertretende Vorsitzende des AK San, Oberst d.R. Oliver Horten.
Reservisten in eine Beorderung bringen
In der gezielten Gewinnung und Einsteuerung von Reservistinnen und Reservisten in den Sanitätsdienst der Bundeswehr sei einer der Schwerpunkte des Arbeitskreises Sanitätsdienst zu sehen. Diesen identifizierte Horten unter dem Stichwort 3R (Recruitment/Retainment/Readiness) in seinem Vortrag zur zukünftigen Rolle des Arbeitskreises Sanitätsdienst. Dies beinhalte die Kontaktaufnahme zu Menschen, die sich für die Reserve interessieren, die Aufnahme von Reservistinnen und Reservisten ohne Beorderung, deren Unterstützung auf ihrem Weg zu einem Beorderungsdienstposten und letztendlich zu einer personellen Verstärkung des Sanitätsdienstes der Bundeswehr. Um dies zu gewährleisten, sei eine verstärkte Organisation von öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen mit spezifischen sicherheitspolitisch-sanitätsdienstlichen Inhalten erforderlich, um auch außerhalb des Reservistenverbandes wahrgenommen werden zu können. Die Einrichtung einer attraktiven und informativen Homepage des Arbeitskreises und die deutsche Präsidentschaft in der Interallied Confederation of Medical Reserve Officers (CIOMR) 2024-2026 würden dieses zusätzlich flankieren.
Expertise wieder aufbauen: Transport von Patienten auf der Schiene
Wie zukünftige Schwerpunkte einer sanitätsdienstlichen Versorgung aussehen könnten, darüber gab der Vortrag von Oberstarzt Dr. Rolf von Uslar aus dem Referat FüSK San 1 des Bundesministeriums der Verteidigung Auskunft. Nach einer allgemeinen Einführung in die aktuelle Lage, natürlich mit dem Schwerpunkt NATO-Ostflanke/Ukraine, führte er die speziellen sanitätsdienstlichen Herausforderungen, mit dem sein Referat seit dem 24. Februar konfrontiert ist, auf. In den vergangenen 30 Jahren sei Expertise für Fragen der sanitätsdienstlichen Unterstützung in der Landes- und Bündnisverteidigung (LV/BV) verloren gegangen, unter anderem was den Patiententransport auf der Schiene betreffe. In diesem Bereich würden gegenwärtige Planungen zur Umrüstung von ICE als Patiententransportzüge angegangen.
Erschwerend komme hinzu, dass die Strukturen des Sanitätsdienstes für die Aufgabe LV/BV zu schmal seien. So seien beispielsweise bereits ein Achtel aller Sanitätssoldatinnen und Soldaten für die deutsche NATO-Speerspitze (VJTF) verplant. Hinsichtlich des Einsatzes von Reservistinnen und Reservisten sei ein weiteres Problem, dass diese bei einem Einsatz für die Streitkräfte dem zivilen Gesundheitssystem entzogen würden. Das sei für den erweiterten Sicherheitsbegriff und für die gesamtgesellschaftliche Gesundheitsversorgung eine Herausforderung. Diese sei nur im Zusammenwirken mit zivilen Gesundheitsorganisationen zu bewerkstelligen („single set of Fachkräfte“).
Augenmerk auf der Grundbeorderung
Im Anschluss stellte der Vizepräsident Mitgliedergewinnung des Reservistenverbandes, Oberstarzt Professor Dr. Edgar Strauch, die Anforderungen an die Reserve der Bundeswehr auf der Grundlage der sicherheitspolitischen Situation in Europa sowie der Strategie der Reserve von 2019 ausführlich dar. Der ehemalige stellvertretende Vorsitzende des Arbeitskreises Sanitätsdienst richtete dabei ein besonderes Augenmerk auf die seit Oktober 2021 Jahres ins Leben gerufene Grundbeorderung.