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Psychologische Betreuung in der deutschen Flotte




Seefahrt und fordernde Einsätze stellen eine besondere Belastung für unsere Marinesoldaten dar. Allein im Jahr 2008 waren die Schiffe und Boote der Deutschen Marine rund 8.700 Tage im weltweiten Einsatz. 896 Männer und Frauen der kleinsten Teilstreitkraft der Bundeswehr nahmen an der "Operation Enduring Freedom (OEF)", der "Operation Active Endeavour (OAE)", der UN-Mission "United Nations Interim Force in Lebanon (UNIFIL)" sowie der EU-Operation "Atalanta" teil. Was kaum einer weiß: Marinesoldaten stehen auch in klassischen Landeinsätzen, zum Beispiel am Hindukusch in Afghanistan. Auch in den Feldlagern im Kosovo oder in Bosnien und Herzegowina arbeiten Marineangehörige neben Luftwaffen- und Heereskameraden. Sie sind äußerlich nur an den goldfarbenen Rangabzeichen zu erkennen, denn sie tragen ansonsten die gleichen fleckgetarnten Uniformen.
Der Anteil der Marine an den Auslandseinsätzen der Bundeswehr lag im vergangenen Jahr bei 13,3 Prozent. Alle diese Einsätze dauern für den einzelnen Soldaten oft mehrere Monate. Die Deutsche Marine kümmert sich intensiv um eine gute psychologische Betreuung ihrer Soldaten. Für die rund 11.700 Männer und Frauen der Flotte stehen drei Truppenpsychologen rund um die Uhr zur Verfügung. "Mein Terminkalender ist voll. Mein Tag könnte 48 Stunden haben", sagt Carsten Reil (50), leitender Truppenpsychologe der Flotte.
Frühzeitige Informationen bereits vor einem Einsatz
Die Vorbereitung der Soldaten auf einen Auslandseinsatz sieht im einzelnen so aus: Bevor Schiffe oder auch Flugzeuge ins Einsatzgebiet verlegen, werden die Besatzungen realitätsnah ausgebildet. Die Mannschaft arbeitet dabei als Team und wächst zusammen. Den Großteil der Seefahrtzeit verbringen Marinesoldaten mit der Ausbildung oder dem Training von Fähigkeiten. Die Vorbereitung auf einen Einsatz dauert meist länger als der tatsächliche Einsatz. Dadurch wird gewährleistet, dass die Soldaten mental und fachlich optimal auf ihren Einsatz vorbereitet sind. Eine gute Ausbildung bedeutet im Ergebnis weniger Stress.
Vor der eigentlichen Seefahrt ins Einsatzgebiet werden die Marinesoldaten zunächst von den drei Truppenpsychologen der Flotte auf ihre Mission vorbereitet. In Seminaren werden die Männer und Frauen über besondere Belastungen und Stressfaktoren informiert. Sie erfahren unter anderem etwas über einsatzbedingte Veränderungen. Sie lernen, wie sie Symptome der sogenannten Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) erkennen. Ihnen wird aufgezeigt, an wen sie sich im Falle von auftretenden psychischen Problemen jederzeit vertrauensvoll wenden können. "Noch nicht jeder Soldat weiß um die Betreuungsmöglichkeiten, die ihnen der Dienstherr anbietet", stellt der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Reinhold Robbe, in seinem aktuellen Jahresbericht fest. Er sagt: "Über das psychosoziale Netzwerk mit seinen Angeboten sollte nach meinen Erkenntnissen noch stärker aufgeklärt werden."
Die Soldaten werden sensibilisiert
"Zeitweise machen wir auch Einsatzbegleitung. Und wenn ein Schiff, wie kürzlich die Fregatte Karlsruhe von der Operation Atalanta zurückkehrt, begleitet die Kollegin aus der Einsatzflottille 2 die Rückkehrer mit Gesprächen", sagt Reil. Bereits auf der Rückfahrt nach Deutschland stieg sie zu und begann mit ihrer Betreuungsarbeit. Dieser Ablauf ist festgeschrieben – es gibt einen entsprechenden Befehl der Flotte. Darin ist auch geregelt, dass den Besatzungen ein sogenanntes Einsatznachbereitungsseminar angeboten wird. "Diese Seminare finden in der Regel sechs bis acht Wochen nach dem Einsatz statt. Dort wird natürlich ein großes Augenmerk auf die besonderen Belastungen und Beanspruchungen gelegt, die die Männer und Frauen im Einsatz erlebt haben.
Wer bei sich Veränderungen oder Symptome einer PTBS festgestellt hat, bekommt gesagt, an wen er sich wenden kann", so der diplomierte Psychologe und Psychotherapeut Reil. Dazu gehören zuerst der Schiffs- oder Truppenarzt. Diese überweisen die Soldaten an die psychiatrische und psychotherapeutische Ambulanz in einem Bundeswehrkrankenhaus. Das sind Ambulanzen, die sich auf psychiatrische, psychologische und psychotherapeutische Behandlungen spezialisiert haben. In gründlichen Untersuchungen wird festgestellt, ob der betreffende Soldat einsatzbedingte Störungen bis hin zur PTBS hat oder ob es sich vielleicht um eine andere Erkrankung handelt. Sollte sich eine PTBS bestätigen, erfolgt eine fachgerechte Behandlung. Diese kann auch stationär in einer Abteilung für Psychiatrie, Psychotherapie oder Psychotraumatologie eines Bundeswehrkrankenhauses erfolgen.
Kriseninterventionsteams gewährleisten schnelle Hilfe im Einsatz
Und wenn etwas im Einsatz passiert? "Für eine schnelle psychologische Betreuung im Einsatz gibt es ein genau festgelegtes Management zur psychologischen Krisenintervention", so Reil. Wenn sich zum Beispiel während eines Marineeinsatzes ein Unfall ereignet, wird das Schifffahrtmedizinische Institut der Marine benachrichtigt. Von dort wird aus einem Pool von Ärzten, Psychologen und sogenannten Peers ein Team zusammengestellt und sofort zum Unfallort geflogen. Bei den Peers handelt es sich um gleichrangige Personen – so sagt es der englische Wortstamm. Es sind also Menschen, die aufgrund eigener Einsatzerfahrungen und gleicher Verwendungen eine Basis für den Zugang zu der betroffenen Person haben. Sie helfen das Erlebte sowie außerordentlichen Stress zu bewältigen.
Die eingeflogenen Teams leisten wichtige Krisenhilfe. Danach werden gegebenenfalls weitere Maßnahmen eingeleitet. Zuletzt geschah dies nach dem tödlichen Unfall auf der Gorch Fock im vergangenen Herbst. Anfang September ging eine junge Offiziersanwärterin über Bord und ertrank. Für die Kameradinnen und Kameraden war dies ein einschneidendes Erlebnis gleich zu Beginn ihrer militärischen Laufbahn. Auch für die Stammbesatzung des Segelschulschiffs war die Unfallaufarbeitung eine belastende Zeit. Deshalb wurde die gesamte Besatzung intensiv betreut.

Text: Florian Mitschka/Detlef Struckhof, Presse- und Informationszentrum der Marine

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