Stresstest für alle Verbindungskommandos in NRW
Das Landeskommando Nordrhein-Westfalen hat in den vergangenen Wochen den Ernstfall simuliert: Unwetterlage, Verkehrsunfall, Autobahnsperrung, Stromausfall, keine Verpflegung, Evakuierung eines Altenheimes. In allen fünf Regierungsbezirken beteiligten sich die knapp 60 Verbindungskommandos an den sogenannten Regionalübungen.
Belastungsprobe für fast 400 Soldatinnen und Soldaten in NRW: Ein Unwetter in der Region hält an, Dämme an einem Fluss sind aufgeweicht, eine Flutkatastrophe droht. Es fehlen zivile Kräfte, 100 Soldatinnen und Soldaten sollen beim Bau eines Deichs helfen. Zeitgleich verlegen alliierte Streitkräfte an die NATO-Ostflanke, sind mit langen Kolonnen im Bundesland unterwegs. Eines der 50-Tonnen-US-Militärfahrzeuge hat eine Panne, die Autobahn wurde von der Polizei gesperrt, eine Reparatur vor Ort ist unmöglich. Und jetzt? In den Verbindungskommandos klingeln Telefone, E-Mails laufen ein, ständig werden neue Ereignisse auf Lagekarten notiert.
Genau für solche Szenarien sind die fünf Bezirks- und 54 Kreisverbindungskommandos in Nordrhein-Westfalen zuständig. An vier Freitagen übte das Landeskommando Nordrhein-Westfalen mit ihren regionalen Verbindungskommandos. Begonnen hatten die Kreis- und Bezirksverbindungskommandos (KVK/BVK) im Regierungsbezirk Arnsberg. Weiter ging es in den Regierungsbezirken Düsseldorf und Köln, bevor die Übung in den Regierungsbezirken Münster und Detmold endete.

Brigadegeneral Hans-Dieter Müller, Kommandeur des Landeskommandos Nordrhein-Westfalen, ist mit dem Übungsergebnis zufrieden und betont die Bedeutung der Verbindungskommandos: „Diese Soldatinnen und Soldaten sind eng mit den zivilen Akteuren in ihrer Region vernetzt, kennen jede Ecke ihrer Heimat bestens und sind sowohl mit der kommunalen Politik als auch den im Katastrophenschutz agierenden Blaulichtorganisationen in engem Austausch. In einer realen Krise sind diese kurzen Wege entscheidend. Dazu bekommen ich und mein Stab im Landeskommando in Düsseldorf über die Verbindungskommandos ein Bild von der Lage vor Ort. Die Verbindungskommandos sind die Augen des Landeskommandos in der Fläche.“
Zum Hintergrund: Unterstützungsleistungen in einem Bundesland – wie zum Beispiel während der Flutkatastrophe oder in der Corona-Pandemie – koordiniert das jeweilige Landeskommando. Informationen über die Situation direkt in der betroffenen Region liefern die Verbindungskommandos. Dazu beraten die Soldatinnen und Soldaten die Kreise, kreisfreien Städten und Bezirke, auf welche Weise die Bundeswehr in genau dieser gerade eingetretenen Katastrophe überhaupt helfen kann.
Zurück zur Panne der US-Streitkräfte: Mittlerweile steht fest, dass das Fahrzeug abgeschleppt werden muss und die Soldatinnen und Soldaten eine Übernachtungsmöglichkeit benötigen. Die Reservistinnen und Reservisten im Verbindungskommando Warendorf stimmen sich ab, blicken dabei immer wieder auf die Karte: Gibt es eine Kaserne in der Nähe? Welcher zivile Abschleppdienst steht im Umkreis zur Verfügung?

Auch das Hochwasser verfolgen sie aufmerksam. Am Übungsnachmittag verschärft sich die Lage dann erneut: Ein Seniorenheim wird von den Fluten bedroht, muss evakuiert werden. Dazu kommt noch ein Stromausfall in der Küche der Unterkunftskaserne der US-Streitkräfte. Steht ein Caterer zur Verfügung? Die Bezahlung ist dabei gar nicht das Problem, aber die Kurzfristigkeit macht die Herausforderung. Letztendlich klärt sich dann alles: Die Gegensprechstellen in der Leitung des Landeskommandos NRW haben in ihrer Funktion als „zivile Behörden“ Antworten und Lösungen. So konnten doch noch alle Schwierigkeiten gelöst werden…
Diese sogenannten „Lagen“ in der Übung sind fiktiv, aber nicht unrealistisch. Stabsfeldwebel B. übte mit dem Bezirksverbindungskommando Köln. 2021 war er während des Hochwassers im Einsatz. Der 43-Jährige bewegte kein schweres Gerät, sondern ging zur Bezirksregierung Köln. Hier hat das Verbindungskommando auf dem Flur des Dezernats 22 „Gefahrenabwehr“ ein Büro. Stabsfeldwebel B.: „Gegen 7.00 Uhr haben wir den Dienstbetrieb aufgenommen, waren die folgenden Tage im Schichtbetrieb immer 24 Stunden im Einsatz.“ In solchen Momenten ist es entscheidend, dass sich die Akteure der unterschiedlichen Hilfsorganisationen kennen. „Wir treffen uns regelmäßig mit dem THW oder dem Katastrophenschutz. Auch Vor-Ort-Erkundungen von kritischer Infrastruktur machen wir gemeinsam mit den zivilen Partnern.“
Netzwerken, kennenlernen, vor der Krise Köpfe kennen – das ist der Auftrag dieser Reservistinnen und Reservisten. Mit ihrem Wissen und ihren Kontakten sind sie das Bindemitglied zwischen der zivilen und militärischen Seite.
Fazit
Die Übungstage waren aus Sicht aller ein voller Erfolg. Die KVKs sind hochmotiviert an die Sache herangegangen, die Lagen immer wieder in den Griff bekommen und letztendlich „abgeliefert“. Brigadegeneral Müller resümiert: „Ich habe hoch motivierte Soldatinnen und Soldaten getroffen. Nicht zuletzt auch wegen des signifikanten Personalzulaufs habe ich in den einzelnen KVK/BVK eine regelrechte Aufbruchstimmung erleben können. Und auch das Interesse auf der zivilen Seite wächst. Immer wieder höre ich, dass Vertreter der Stadt oder der Bezirksregierung bei der Übung vorbeischauten. Großartig!“
Hintergrund
Die Verbindungskommandos beraten zivile Behörden zu Sicherheitsfragen und Amtshilfe. Bei Aktivierung sind sie rund um die Uhr einsatzbereit. Jedes Kommando besteht aus zehn Dienstposten und kann im Schichtbetrieb 24/7 arbeiten. Bei Aktivierung ruhen die zivilen Berufe.
Mitmachen
Obwohl es in den letzten rund zwei Jahren einen sehr positiven Trend in Sachen „Interessenten und Bewerber“ für die KVKs gibt, können sich neugierig gewordene Reservistinnen und Reservisten sehr gerne im Landeskommando NRW oder beim für sie zuständigen KVK melden, um ein Teil dieser gewachsenen Truppe von Reservistinnen und Reservisten in den Verbindungskommandos zu werden. Für die fünf Bezirks- und 54 Kreisverbindungskommandos sucht das Landeskommando Nordrhein-Westfalen ehemalige Unteroffiziere mit Portepee und Offiziere – also ab dem Dienstgrad Feldwebel aufwärts. Ansprechpartner für diesen Dienst ist das Landeskommando Nordrhein-Westfalen: Tel. 0211/9593515 oder LKdoNWS1Reservistenangelegenheiten@bundeswehr.org.