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Als Spieß in Erbil: ein Reservist im Auslandseinsatz

Reservisten bereichern die Bundeswehr. Sie bringen Wissen und Erfahrungen aus ihrem zivilberuflichen Umfeld mit. Davon profitiert die aktive Truppe sogar in Auslandseinsätzen. Ein Beispiel dafür liefert Stephan Grotheer. Der Stabsfeldwebel d.R. diente als Kontingentfeldwebel im 15. Einsatzkontingent Capacity Building Iraq.

Die internationale Zusammenarbeit mit den Partnernationen im Camp Erbil war für Stabsfeldwebel Stephan Grotheer (2.v.r.) besonders wichtig.

Foto: privat

Auslandseinsatzirakreserve

Ich vermisse den Deutschen jetzt schon“, sagte der Command Sergeant Major (CSM) der US-Streitkräfte, als sich die Einsatzzeit von Stephan Grotheer dem Ende neigte. In seiner Funktion als Spieß, hat er sehr eng mit den Amerikanern und den weiteren Partnernationen aus Ungarn, den Niederlanden, Großbritannien und Estland zusammengearbeitet.

„Ich bin sehr kommunikativ. Ich habe mir auf die Fahne geschrieben, mit den internationalen Partnern Verbindung aufzunehmen“, sagte Stephan Grotheer über seine Zeit im multinationalen Camp Erbil. Gesagt, getan: Viel Zeit verbrachte der Reservist aus Niedersachsen mit seinem amerikanischen Pendant, dem CSM Mike Burry. „Wir haben uns jede Woche gesehen. Aus anfänglicher Zusammenarbeit entwickelte sich sehr bald eine Freundschaft. Sonntagsabends trafen wir uns mit weiteren Nationen zum gemeinsamen Risiko-Spiel (Anm. d.Red.: Gemeint ist das Brettspiel). Man hat genau geahnt, wo der Brite seine Figuren hinsetzt und wo der Este seine ersten Soldaten platziert“, schildert Grotheer. Die internationale Zusammenarbeit mit den Partnernationen vor Ort hat der Stabsfeldwebel d.R. durch seine offene und kommunikative Art gestärkt. Seine Sprachkenntnisse, Organisationstalent und Erfahrungen als Kommunikator sind Soft Skills, die er sich als geschäftsführender Gesellschafter einer Versicherungsmaklergesellschaft angeeignet hat.

Stephan Grotheer bei der Arbeit: Die Bundeswehr unterstützt in Erbil unter anderem soziale Projekte an Schulen. (Foto: privat)

Grotheer nahm regelmäßig an Besprechungen der internationalen Partner teil und beteiligte sich an der Organisation gemeinsamer Veranstaltungen. „Das Zusammenkommen und sich gegenseitig Kennenlernen ist wichtig. Zum Beispiel bei der Vorbereitung eines Sportevents merkt man, wie die Anderen ticken“, berichtete Grotheer. Die Amerikaner wollten eine Sportveranstaltung planen und fingen bei der Siegerehrung an. „Moment, Wer? Was? Wann? Wo? Gibt es einen Plan B?“, brachte sich der Reservist in die Planungen ein. „Damned German!“ Sein Organisationstalent schätzten die US-amerikanischen Partner auch an anderer Stelle. Zum Independence Day besorgte Stephan Grotheer ihnen 500 Flaschen alkoholfreies Bier. Ein besonderes Highlight war die NCO Ceremonie, in der junge Unteroffiziere verschiedener Nationen der Erbil Airbase offiziell in das Unteroffiziers-Corps aufgenommen wurden. Am Ende seiner Dienstzeit bedankten sich die US-Kräfte mit dem Coin der 37. Infanteriebrigade der US-Armee für die gute Zusammenarbeit. „Den als Nicht-Amerikaner zu bekommen, war ein Highlight“ freute sich der Stabsfeldwebel der Reserve.

Seine Aufgaben als Spieß bestanden nicht nur darin, gut mit den internationalen Partnern zusammenzuarbeiten. Vor allem musste er sich um die eigenen Soldatinnen und Soldaten kümmern. Auch dabei half ihm seine Erfahrung aus seinem Zivilberuf. Grotheer ließ die Unteroffiziere alle 14 Tage in einem Café außerhalb des Camps zusammenkommen. Als Spieß musste er seine Frauen und Männer im Blick haben. Selbst wenn die Versorgung mit WLAN in Erbil richtig gut und die Sicherheitslage relativ stabil ist, die Soldatinnen und Soldaten sind dennoch weit weg von zu Hause. „Man guckt den Jungs ins Gesicht: Ja, da hat einer vielleicht schlecht geschlafen. Manchmal gibt es auch persönliche Probleme. Dann greift man sich die Person und spricht unter vier Augen. Nicht jeder will mit mir reden. Aber man setzt dann jemand anderes drauf an“, sagt Grotheer. Seine gemeinschaftlichen Runden dienten dazu, das Eis zu brechen und die Kameradschaft zu stärken.

Kontakt halten, kommunizieren: Kontingentfeldwebel Stephan Grotheer (r.) im Gespräch mit Oberstleutnant Marcel Bohnert (M.). (Foto: privat)

Er war im Camp Erbil für die Betreuung der Soldatinnen und Soldaten zuständig. Das fing bereits mit der Anreise der Kameradinnen und Kameraden an. Wenn Soldaten zum Beispiel mit einem Linienflug oder mit der Transportmaschine A400M eintrafen, musste Grotheer diese empfangen und einweisen. „Die Kameraden müssen wissen, wo sie sich befinden, wo sie etwas zu Essen bekommen, wie sie sich verhalten müssen und wie die Laufwege sind“.

Die Bundeswehr beteiligt sich seit 2015 am internationalen Einsatz Counter Dash/Capacity Building Iraq. Dazu zählt, das Wiedererstarken der Terrororganisation “Islamischer Staat” zu verhindern sowie die Versöhnung im Irak zu fördern, aber auch bei der Ausbildung irakischer Streitkräfte zu helfen. Im Zuge dessen unterstützt die Bundeswehr unter anderem soziale Projekte an Schulen und Waisenhäusern. Stephan Grotheer war erstaunt, dass sich seine Begegnung mit dem religiösen Führer der Jesiden sogar bis in seinem Heimatort herumgesprochen hat. „Ich komme zurück und war beim Friseur. Auf einmal springt einer aus dem Laden auf und sagt: ‚Ich habe dich gesehen. Du warst in Kurdistan. Hier ich zeige es dir.‘ Er zeigt mir ein TikTok-Video von unserem Besuch mit Bundeswehr-Soldaten beim religiösen Führer der Jesiden. Seitdem bin ich bei den Kurden im Ort voll angesagt“, schildert Grotheer lachend. So zeigt sich nach dem Auslandseinsatz eine weitere wichtige Rolle der Reserve: die Mittlerfunktion zwischen Bundeswehr und Gesellschaft.

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