Eine Million ist noch zu wenig
Die Bundeswehr braucht Reservisten, um ihre dünne Personaldecke zu stützen. Trotzdem können viele von ihnen keine Wehrübungen (Reservistendienst) leisten. Grund dafür: Langzeitübende verbrauchen einen Großteil der verfügbaren Tage.
Die Bundeswehr braucht qualifizierte Reservisten. Und die stehen bei der Truppe Schlange. Doch dieser „Luxus“ bringt auch Probleme mit sich. Zwar gibt es in diesem Jahr 3.000 Stellen für Reservisten – und damit 500 mehr als im Jahr 2016. Dennoch reichen die damit zur Verfügung stehenden Tage, und das sind nach Adam Riese 1.095.000, nicht aus. Das Problem ist nicht neu.
Das geht aus einem Schreiben der Abteilung Führung Streitkräfte hervor und deckt sich mit Anfragen, die der Reservistenverband von Reservisten erhält, die keine Möglichkeit für eine Wehrübung (Reservistendienst) finden und nun entsprechend verwundert und enttäuscht sind. Aus dem BMVg heißt es dazu: „Für das laufende Jahr wurden inzwischen durch die Leitung des Hauses Maßnahmen ergriffen, die ein vollständiges Ausschöpfen der zur Verfügung stehenden Ressourcen gewährleisten und den Organisationsbereichen bedarfsgerecht Möglichkeiten für weitere Reservistendienste schaffen.“
Verteidigungsministerin stockt Reservistenstellen auf
Für das kommende Jahr segnete Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen 500 weitere Reservistenstellen ab, also insgesamt 3.500. Weitere Erhöhungen in den kommenden Jahren sind nicht ausgeschlossen. Das geht unter anderem aus der Weisung für die Reservistenarbeit 2017/2018 hervor, die General Markus Kneip in seiner Funktion als Stellvertreter des Generalinspekteurs vor seiner Versetzung ins Nato-Hauptquartier unterzeichnet hatte.
Das Kompetenzzentrum für Reservistenangelegenheiten der Bundeswehr wird die Verteilung der Stellen für das Jahr 2018 früh im September 2017 vornehmen, um möglichst viel Zeit für die Phase der Planung und Abstimmung mit den Reservistinnen und Reservisten einzuräumen.
Langzeitübende verbrauchen Großteil der Tage
Vor knapp einem Jahr, als die Diskussion um fehlende Wehrübungstage schon einmal aufkam, erklärte Oberst Benedict Freiherr von Andrian-Werburg, Leiter des Kompetenzzentrums für Reservistenangelegenheiten, woher die Tage kommen: „Zunächst aus dem Personalstrukurtplan und dann aus dem Bundeshaushaltsplan. Festgeschrieben waren für 2016 insgesamt 2.500 Stellen für Reservisten. Dafür steht das Geld bereit. Ein Überschreiten bedeutet einen Verstoß gegen den jeweils gültigen Haushaltsplan. Jede Stelle können Sie mit 365 beziehungsweise 366 Tagen multiplizieren. Dann kommen Sie auf die Gesamtzahl an Dienstleistungstagen pro Jahr. Als Planungsgröße umfasst unsere Zielstruktur zurzeit etwas mehr als 60.000 Reservisten. Wenn wir die hätten und wir jeden davon 14 Tage im Jahr zu einer Dienstleistung heranzögen, reichten die Tage völlig aus.“
Soweit die Theorie. „Die Praxis sieht anders aus. Das liegt auch daran, dass der Bedarf groß ist und der Reservistendienst in den letzten Jahren attraktiver geworden ist: erhöhte Mindestleistung, Verpflichtungszuschlag, bis zu zehn Monate Reservistendienst am Stück möglich. Und genau da beginnen Planungsprobleme. Ein Reservist, der zehn Monate am Stück Reservistendienst erbringt, verbraucht also fast eine der 2.500 Stellen“, erklärt von Andrian-Werburg.
Einordnung aus dem BMVg
„Beim Verbrauch der Stellen für Reservisten ist 2016 gegenüber den Vorjahren in der Tat eine deutliche Verschiebung hin zu längeren Dienstleistungen zu beobachten. Dies war so beabsichtigt, da am Bedarf der Streitkräfte orientiert. Dennoch hat das BMVg die Absicht, auch den Reservistinnen und Reservisten die aufgrund der Bindung in Beruf und Familie z.B. nur für bis zu drei Wochen Reservistendienst im Jahr zur Verfügung stehen, weiterhin die Möglichkeit einzuräumen, Reservistendienst zu leisten. Die veranlassten Maßnahmen können hierzu beitragen.“
(spe / red)