Marineobjektschutzkräfte: Feuerkampf und Drohnenabwehr
Drohnenabwehr, Eskorte eines U-Boots und Feuerkampf gegen angreifende Feinde – was bei der Übung Resolute Guard im Drehbuch stand, klang wie ein komplexes Szenario für Profis. Dabei übten am Marinestützpunkt Kiel ausschließlich Reservistinnen und Reservisten, und das mit sichtbarem Erfolg.
Die Frauen und Männer haben die Lage gut erfasst und gut in der Lage gelebt. Ich bin sehr zufrieden“, sagte Fregattenkapitän Patrick Voß nach der Übung Resolute Guard. Seine Soldatinnen und Soldaten der Reserveeinsatzkompanie Kiel haben auf dem Marinestützpunkt Kiel und im Marinearsenal intensive Übungstage erlebt. Das Szenario für die viereinhalb Tage hatte es in sich. Die Reservistinnen und Reservisten mussten sich gedanklich in ein fiktives Land versetzen: Nordland. Auf der Karte sah es aus wie der Süden von Finnland. Gemäß der Rahmenlage grenzt Nordland an Ginland (auf der Karte der Norden Finnlands). Der Norden hat den Süden überfallen und weite Teile des Landes annektiert. Hintergrund sind die Beitrittsverhandlungen des Südens mit der NATO. Das Bündnis verurteilt den völkerrechtswidrigen Angriff und unterstützt das überfallene Nordland mit materiellen Lieferungen. Das feindliche Ginland ist in der Ostsee aktiv. Dementsprechend angespannt ist dort die Sicherheitslage. Die NATO erhöht mit ihren Kräften die Präsenz in der Ostsee. In der Umgebung fällt eine feindliche Söldnertruppe immer wieder mit Sabotageakten auf Hafeninfrastruktur auf. Die Reservistinnen und Reservisten müssen einen Stützpunkt in der fiktiven Stadt Kielia sichern. Sie haben den Auftrag, eine Sperrzone zu errichten.
Zunächst mussten die Marineobjektschutzkräfte eine Sperrzone auf dem Marinestützpunkt einrichten, betreiben und sichern. Das bedeutete Checkpointbetrieb , an dem die Soldaten Personen und Fahrzeuge kontrollierten, Wachdienste mit Streife und der Dienst im Gefechtsstand, wo alle Informationen zusammenkamen. Dorthin meldete zum Beispiel der Führer des Checkpoints, wie sich vor dessen Augen demonstrierende Aktivisten positionierten. „Bei der Demonstrationslage sind mehrere Dinge zusammengekommen. Führerleistung war gefordert. Der Checkpoint musste abgeriegelt und die Reserve mobilisiert werden, die sich vorn mit ans Tor stellen musste. Des Weiteren galt es, mit den Demonstranten zu kommunizieren und schnell die Entscheidung zu treffen: ‚Das muss die Polizei hier übernehmen‘“, berichtete Fregattenkapitän Voß.
Die Demonstrationslage gehörte neben der Ausbildung am Gewehr G36 zu den Inhalten , die die Reserveeinsatzkompanie zunächst wiederholten und festigten. Dann steigerte sich die Intensität der Übung. Das hing mit der in der Rahmenlage angenommen Bedrohung durch eine feindliche Söldnertruppe zusammen. „Wir haben nachrichtendienstliche Erkenntnisse eingespielt und so kam es letztendlich zu bewaffneten Angriffen auf die Sperrzone“, schilderte Patrick Voß. Dabei galt es für die Reservistinnen und Reservisten, das Feuer zu erwidern, Feuerüberlegenheit herzustellen und auch gleichzeitig Verwundete zu behandeln (taktische Verwundetenversorgung).
Als Feinddarsteller konnte die Reserveeinsatzkompanie die Kameradinnen und Kameraden vom Delta-Zug der Marineunteroffizierschule gewinnen. Diese Einheit ist nur für Lagendarstellung in den Lehrgängen aufgebaut worden und unterstützt auch als Sicherheitsgehilfen beim Gefechtsschießen.
Somit hatten es die Reservistinnen und Reservisten mit Profis zu tun, auch während der Abschlussübung. Dazu stiegen die Frauen und Männer zunächst auf den Tender „Rhein“. Dieser brachte sie ins Marinearsenal Kiel. Dort mussten die Reservistinnen und Reservisten mit S-Draht und Sandsäcken eine Sperrzone innerhalb kurzer Zeit errichten und sich zur Verteidigung einrichten. Was war passiert? Gemäß der Rahmenlage ist es zu einem Sabotageangriff auf einen US-Zerstörer gekommen. Dieser muss nun im Marinearsenal instandgesetzt werden. Das gesamte Gelände ist nun ins Visier der Söldnertruppe gerückt.
Die Reservistinnen und Reservisten mussten auf der Hut sein. Der Feind operierte mit Aufklärungsdrohnen. Zur Abwehr stand ein schultergeschützter Jammer bereit, das Drohnenabwehrsystem HP47+. „Die Drohnen sind während der Übung gut erkannt und bekämpft worden, natürlich nicht gewaltsam, um das Material zu schonen“, erläuterte Fregattenkapitän Voß.
Zur Sperrzone gehörte eine Schutzzone auf See. Diesen schützten die Reservistinnen mit Festrumpfschlauchbooten. Dabei wurden Lagen unterschiedlicher Intensität eingespielt. Von einem Boot, das sich der Schutzzone neugierig näherte bis zum gewaltsamen Eindringen in den Sicherheitsbereich, war alles dabei. Den Reservistinnen und Reservisten war es eine besondere Ehre, währenddessen das U-Boot U-36 ein Stück eskortieren zu können. Dabei galt es, das U-Boot von einfahrenden Kontakten fernzuhalten . Währenddessen spitzte sich vor der Sperrzone an Land die Lage dramatisch zu. Auf die Versuche, das Gelände mit Drohnen auszuspähen, folgten bewaffnete Angriffe der Söldnertruppe. Diese mussten die Reservistinnen und Reservisten abwehren. Sie führten sogar einen Gegenstoß durch. Dabei nahmen sie den Rädelsführer der Söldner gefangen. Die Gefechtssituation dauerte mehr als zweieinhalb Stunden.
Die Frauen und Männer der Reserveeinsatzkompanie Kiel waren motiviert bei der Sache. Wie sehr, davon konnte sich Vizeadmiral Frank Martin Lenski, Stellvertreter des Inspekteurs der Marine und Befehlshaber der Flotte, überzeugen. Er sprach mit den Reservistinnen und Reservisten über ihre Beweggründe, sich freiwillig für die Marine zu engagieren. Der Bedarf an Personal ist groß, insbesondere für Planung und Organisation. Denn wie in Kiel baut die Marine in Wilhelmshaven, Warnemünde, Eckernförde, Nordholz, Glücksburg und Rostock weitere Reserveeinsatzkompanien auf. Grundidee ist, diese Einheiten mit grundbeorderten Soldatinnen und Soldaten zu füllen. „Am Ende des Tages braucht es engagierte und motivierte Menschen, um diese Kompanien voranzutreiben“, sagt Fregattenkapitän Patrick Voß.