Mit dem Kalenderjahr 2024 endet auch die Imagekampagne des Reservistenverbandes. Seit Oktober hat sich der Verband unter dem Motto „Bereit sein ist alles“ einer breiten Öffentlichkeit präsentiert. Auf digitalen Werbeflächen in den Innenstädten, auf Plakaten in Sportvereinen und Fitnessstudios, im Kino und vor allem in den Sozialen Medien haben wir Millionen Menschen erreicht. Ziel der Kampagne war es, den Wehrwillen der Gesellschaft und damit ihre Resilienz zu stärken. Oder einfach gesagt: die breite Bevölkerung – auch außerhalb der sicherheitspolitischen Community – für die veränderte Sicherheitslage zu sensibilisieren und den Menschen in Deutschland den Wert einer starken Reserve vor Augen zu führen. Die Planung und die Umsetzung haben die Abteilung Presse und Öffentlichkeitsarbeit und ihren Vizepräsidenten das ganze Jahr über beschäftigt, gefordert, manchmal auch fluchen und verzweifeln, am Ende aber doch über sich hinauswachsen lassen. Ein Blick hinter die Kulissen eines im Reservistenverband bisher noch nie dagewesenen Projekts.
Los ging es dabei eigentlich schon Mitte 2023, als der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages die Reservistenarbeit außerhalb der Bundeswehr mit zusätzlichen Mitteln ausstattete. „Das ist keine Selbstverständlichkeit und dafür sind wir sehr dankbar“, sagt Oberstleutnant d.R. Wolfgang Wehrend, Vizepräsident für Kommunikation des Reservistenverbandes. „Im Rahmen der Zeitenwende war es vielleicht nur ein kleiner Stein im großen Mosaik, für uns als Verband aber eine großartige Chance.“ Durch die Antragswege und alle juristisch erforderlichen Prozesse im Vorlauf zu einem solchen Projekt – allem voran die europaweite Ausschreibung der Leistungen – konnte es jedoch erst im Frühjahr 2024 losgehen. „Wie wollen wir unsere Botschaften transportieren? Welche Erwartungen haben wir an die Agentur? Das waren die Fragen, die uns beschäftig haben“, erinnert sich Wehrend.
Die Rahmenbedingungen
Mit einer auf Vergaberecht spezialisierten Kanzlei aus Düsseldorf wurde im März der Prozess angestoßen. Nach Beachtung aller Fristen präsentierten drei namhafte Agenturen in so genannten Dialogworkshops ihre Ideen. Da war es schon Mitte April. Parallel liefen da noch die Organisation eines Parlamentarischen Abends in Berlin, die Vorbereitung auf eine Deutsche Reservistenmeisterschaft in Mittenwald, die letzten Endes aufgrund der Hochwasserlage in Bayern abgesagt wurde, und auch das Tagesgeschäft wie etwa die Produktion der loyal sollte nicht unter der Mehrbelastung leiden.
Im Sommer erfolgte dann nach einer weiteren Workshop-Runde mit den zwei im Rennen verbliebenen Agenturen schließlich die finale Vergabe an die Berliner Agentur glow communication gmbh und den Mediendienstleister OMD, doch erst nach Auswertung und Verstreichen langwieriger Stillhaltefristen ging es am 22. Juli endlich an die tatsächliche Umsetzung. Das hieß: Wenn die Kampagne im Oktober starten sollte, mussten die Ideen in weniger als drei Monaten in die Tat umgesetzt werden – unter Beachtung von Sommerurlaub, Elternzeit und Überstundengrenzen. „Es ist beeindruckend, was alle Beteiligten hier geleistet haben. Normalerweise brauchen wir dreimal so lange, um eine Kampagne dieser Größe auf die Beine zu stellen“, sagte der Gründer und kreative Chef von glow, Johannes Meissner. Das konnte so aber auch nur funktionieren, weil in kürzester Zeit aus drei Teams ein großes zusammengewachsen ist – ohne persönliche Befindlichkeiten, sondern die Sache stets im Blick. „Wir wollen zeigen, was die Reserve ausmacht und welche Bedeutung sie hat – gerade in der aktuellen sicherheitspolitischen Lage“, sagte Meissner bei einer internen Präsentation vor dem Erweiterten Präsidium. Besondere Aufmerksamkeit erzeugten Slogans wie „Die Zeiten ändern Dich“, „Wir knien uns rein, um nie gebraucht zu werden“ oder in Bezug auf den Beitrag der Reserve zu einer glaubhaften Abschreckung eben auch „Die stärkste Friedensbewegung Deutschlands“.
Echte Reservisten vor der Kamera
Um die Reserve mit ihrem regionalen Charakter abzubilden, wurden für Ende August und Anfang September zwei Shootings in Oberbayern und in Schleswig-Holstein geplant. Zuvor wurden aus rund 1.000 Zuschriften die Reservistinnen und Reservisten gecastet, die der Kampagne ein authentisches Gesicht verliehen – Männer, Frauen, Jüngere, Ältere. „Für ein Fotomotiv haben wir eine ordentliche Schlammgrütze angerührt. Ich bin immer noch beeindruckt, mit welchem Elan sich die Models da reingestürzt haben“, sagt Meissner. Der September verging dann so schnell wie kein anderer Monat in diesem Jahr: Motivauswahl, Postproduktion, kreative Umsetzung, Buchung von Werbeflächen, Freigabeprozesse, etc. „Hut ab vor dem, was alle Beteiligten hier gemeinsam geleistet haben“, lobt Wehrend, der als Kommunikations-Designer weiß, wo von er spricht. Das Mediakit steht hier zum Download bereit.
Parallel begannen die Planungen für eine große Auftaktveranstaltung im Herzen von Berlin. Aus einem ursprünglich geplanten Event vor dem Reichstag wurde aufgrund einer Baustelle ein großer „Checkpoint Reserve“ am Brandenburger Tor. „Eine bessere Location hätten wir uns nicht vorstellen können“, sagt der Vizepräsident rückblickend. Dass alles so reibungslos lief, verdankt der Reservistenverband auch engagierten Organisationsleitern in der Fläche. Björn Nielsen, Oliver Hupe, Sven Kiel und Patrick Hemmert brachten hier ihre Kenntnisse aus der Veranstaltungsbranche und aus dem Feldjägerdienst ein. „Die Fähigkeiten unserer Mitarbeiter in der Fläche sind ein großer Schatz. Es hat sich gelohnt, diesen zu heben“, sagte Pamela Grüneberg, bei der zeitweise alle Fäden für die Organisation zusammenliefen. Egal ob es um Absprachen mit dem Bezirksamt Mitte ging oder um den ganz praktischen Aufbau der Zelte – der so genannte „Big Bang“ konnte nur so gut funktionieren, weil die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Bundesgeschäftsstellen, aus den Ländern Berlin und Brandenburg und die ehrenamtlichen Unterstützer Hand in Hand gearbeitet haben. Eine echte Gemeinschaftsleistung.
Fast 1.200 Neumitglieder
Seit diesem offiziellen Start am 10. Oktober ist die Kampagne „auf Flughöhe“. Vor allem Social-Media-Redakteur Julian Hückelheim, der sich schon während der Ausschreibungs- und Vergabephase tief in die Arbeit gekniet hatte, und die Kolleginnen und die Kollegen in der Allgemeinen Reservistenarbeit sind seitdem gefragt, zum einen bei der Moderation von Social-Media-Beiträgen und der Beantwortung von Fragen, aber auch bei der Aufnahme von neuen Mitgliedern. Seit dem 10. Oktober sind dem Reservistenverband fast 1.200 Mitglieder neu beigetreten. „Das ist ein schöner Nebeneffekt, den wir gerne mitnehmen“, freut sich Wehrend. Auch auf der Ebene des Präsidiums arbeiten die Ressorts Hand in Hand. Um die neu gewonnenen Mitglieder bestmöglich abzuholen und ihnen den Start in den Reservistenverband so einfach wie möglich zu machen, gab es Ende November bereits eine Online-Begrüßung, zu der knapp 200 Teilnehmer kamen. Ein Format, das nun fest im Veranstaltungskalender etabliert werden soll.
Von der „Flughöhe“ geht es nun in den „Landeanflug“, um mal im Bild zu bleiben. Die digital geschalteten Anzeigen laufen vor den Feiertagen aus, die Gliederungen des Reservistenverbandes können aber die im Rahmen der Kampagne entstandenen Motive, Anzeigen, Werbemittel und Plakate weiterhin nutzen. Für den Januar ist zudem ein großes Abschluss-Reporting angesetzt. Was Vizepräsident Wehrend jedoch schon jetzt festhalten kann: „Wenn ich mir die vielen positiven Rückmeldungen anschaue, war die Kampagne ein voller Erfolg. Wenn ich mir die wenigen negativen Rückmeldungen anschaue, haben wir zumindest Aufmerksamkeit und Reibung erzeugt. Diese Menschen haben sich zumindest mit der Sicherheitslage auseinandergesetzt. Auch das ist ein Erfolg. Ich denke, für alle, die auf der Seite des Reservistenverbandes involviert waren, war die Umsetzung der Kampagne eine fordernde Zeit, aber auch eine tolle Erfahrung, die hoffentlich nicht einzigartig bleibt.“