Was vor zwei Jahren als loser Zusammenschluss von gleichgesinnten Reservistinnen begann, ist nun fest in den Strukturen des Reservistenverbandes verankert. Der Arbeitskreis „Frau-dRBw“ ist eine bundesweite Reservistenarbeitsgemeinschaft (RAG). Gründungsversammlung war am vergangenen Wochenende in Hammelburg.
Dabei wurde die Stabsgefreiter d.R. Sandra Leisering zur ersten Vorsitzenden der RAG gewählt. Als Stellvertreterin steht ihr Oberstabsgefreiter d.R. Stefanie Schnakenberg zu Seite. Jäger d.R. Alicia Beese als Schriftführerin und Leutnant d.R. Leonie Ziegler als Kassenwart komplettieren den Vorstand, dem auch Leutnant d.R. Cordula Hedenkamp und Stabsgefreiter d.R. Rosmarie Krasselt als Revisorinnen angehören.
Offen für Menschen aller Geschlechter
Auch wenn das primäre Ziel ist, die Kameradinnen im Verband zu vernetzen und sichtbarer zu machen, ist „Frau-dRBw“ kein exklusiver Zusammenschluss von Frauen. „Wir sind offen für Menschen aller Geschlechter“, betont Leisering. In einem kurzen Vortrag stellte sie den bisherigen Weg des Arbeitskreises auf dem Weg zur RAG vor: vom ersten Treffen in Hannover vor rund zwei Jahren bis hin zur offiziellen Gründung. Bezug nahm sie auch auf Kritik in den Sozialen Medien, wo bei einem Post zum Weltfrauentag jemand kommentiert hatte, die Frauen seien „kleine Mädchen“, die mal Soldat spielen wollten: „Gegenwind ist auch ´ne frische Brise.“ Und die wollen Leisering und ihre Mitstreiterinnen nun in Rückenwind umwandeln. Letzten Endes setzt sich die RAG nämlich mit den gleichen Fragen auseinander, die sich viele andere Gliederungen ebenso stellen: Wie können wir junge Menschen für die Reserve begeistern? Wie können wir Mitglieder gewinnen und diese mit attraktiven Angeboten auch halten? Helfen kann da ein Blick nach links und rechts.
Denn: Die RAG-Gründung war „nur“ der Abschluss eines lehrreichen Wochenendes in Hammelburg. Nach einer Führung durch die Regionalausstellung im historischen Jägerkasino informierten sich die Reservistinnen, wie es um die Frauen in anderen, eher männlich dominierten Organisationen aussieht. Nämlich auch nicht viel anders als im Reservistenverband. „Häufig erlebe ich noch die alte Denke ‚Du bist eine Frau, du musst das nicht machen‘“, berichtete etwa Lisa Kleinöder, Helferinnenbeauftragte des THW in Bayern. Zudem sei Bayern das einzige Bundesland ohne weibliche Ortsgruppenleitung. Doch auch hier komme langsam Bewegung in das Thema. Als Vorbild könnte die Feuerwehr dienen: Durch geschickte Werbekampagnen und gezielte Ansprache von Frauen haben die Freiwilligen Feuerwehren in Bayern es geschafft, ihren Frauenanteil in den vergangenen acht Jahren von 7,5 auf elf Prozent zu steigern. Zum Vergleich: Im Reservistenverband liegt die Frauenquote bei rund vier Prozent.
Qualifizierte Frauen für Reserve gewinnen
Landesvorsitzender Fabian Forster ordnete das für den Reservistendienst ein. „Die Bundeswehr will in den kommenden Jahren 60.000 Dienstposten befüllen. Da können wir es uns nicht leisten, fähige Frauen links liegen zu lassen“, sagte der Hauptmann d.R. Vor allem in den Heimatschutzkompanien ist noch Luft nach oben, wie Oberst d.R. Stefan Berger darstellte. Er war während der Pilotphase als Kommandeur des bundesweit ersten Heimatschutzregiments eingesetzt. Zwar seien in seinem Stab drei von fünf Dienstposten durch Frauen besetzt gewesen, doch in den Kompanien seien es meist nur ein bis zwei Kameradinnen, die sich im Heimatschutz engagierten. „Da wäre noch Potenzial, indem Reservistinnen die Einheiten aufwerten.“ Wer sich gerne im Heimatschutzregiment Bayern einbringen möchte, kann über das zentrale Postfach unter HSchRgt1Posteingang@bundeswehr.org Kontakt aufnehmen.
Und mehr Frauen im Reservistendienst würden auch zu mehr Frauen im Verband führen. Für die Landesgruppe Bayern rechnete das die Stellvertretende Landesvorsitzende Melanie Graf vor. Die 1.600 Frauen in der Landesgruppe ergeben einen Anteil von vier Prozent, also Verbandsdurchschnitt. Aber: Es gibt 195 Mandatsträgerinnen (zwölf Prozent). Und viele Frauen üben sogar Doppelfunktionen aus, beispielsweise als Schriftführerin und Kassenwartin. Insgesamt kommen so 317 Mandate zusammen, in denen Frauen den Laden am Laufen halten. Graf, die sich in ihrer Funktion in der Landesgruppe um Themen wie Gleichstellung und Psycho-Soziale Kameradenhilfe kümmert, war es auch, die die Veranstaltung in Hammelburg sowie im benachbarten Elfershausen bis ins kleinste Detail organisiert hatte.
Abgerundet wurde das Wochenende mit einem Vortrag der Militärischen Gleichstellungsbeauftragten des Ausbildungskommandos der Bundeswehr, Oberst Elisabeth Landsteiner. Sie zeigte auf, dass sich die Bundeswehr bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und bei der Gleichstellung von Soldatinnen und Soldaten durchaus im grünen Bereich bewegt, bei der Prävention vor sexueller Belästigung jedoch noch einiges zu tun hat. Hier greifen ihrer Darstellung zufolge noch die alten Muster: alt gegenüber jung, höherer Dienstgrad gegenüber niedrigerem Dienstgrad. Dabei ist Abhilfe gar nicht mal so schwer. Ihre Formel: Artikel 1 Grundgesetz + respektvoller Umgang + Kameradschaft. Macht unterm Strich: „Wer Menschenwürde verteidigt, muss Menschen würdig behandeln.“
Nächstes Treffen in Hamburg
Die nächste Veranstaltung der RAG „Frau-dRBw“ ist für den September geplant. Dann wollen sich die Kameradinnen in Hamburg treffen. Wer Kontakt aufnehmen möchte, kann sich am besten per E-Mail an die RAG-Vorsitzende und im Reservistenverband Beauftragte für Frauen in der Reserve, Sandra Leisering, wenden: sandra.leisering@reservistenverband.de.
Woher kommt der Name?
Der Name „Frau-dRBw“ leitet sich ab von der Abkürzung des satzungsgemäßen Namens: VdRBw – Verband der Reservisten der Deutschen Bundewehr. In den Sozialen Medien ist die RAG unter dem Hashtag #auchwirsinddiereserve zu finden.