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Gesellschaft

Schüler möchte mit Facharbeit Veteranen aufmerksam machen

Krieg, Verwundung und Tod sind Themen, die in der Öffentlichkeit gern verdrängt werden. Dabei beteiligen sich Stand Oktober 2019 fast 3.200 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr an Einsätzen im Ausland. Darunter sind gefährliche Missionen in Mali und Afghanistan. Alexander Hübner findet, dass Soldatinnen und Soldaten, die mit körperlichen und seelischen Verwundungen aus dem Einsatz heimkehren, mehr Aufmerksamkeit verdient haben. Darüber sprach Benjamin Vorhölter mit dem Schüler aus dem nordrhein-westfälischen Kamen.

Alexander Hübner (r.) traf Oberstleutnant i.G. Marcel Bohnert bei den Bundeswehr Olympix.

Foto: privat

veteranen

Über Veteranen und Bundeswehr-Soldaten, die mit körperlichen und seelischen Verwundungen aus einem Einsatz zurückkehren, wird in der Öffentlichkeit wenig bis gar nicht gesprochen. Wie kommt es, dass Du über dieses schwierige und sensible Thema eine Schularbeit schreibst?

Zunächst einmal, ich interessiere mich für die Bundeswehr. Ich habe im Mai bei den Bundeswehr Olympix mitgemacht. Dort habe ich den Social-Media-Offizier Marcel Bohnert aus der Redaktion der Bundeswehr kennengelernt. So bin ich auf sein Buch aufmerksam geworden, das er zusammen mit Björn Schreiber geschrieben hat. Es trägt den Titel „Die unsichtbaren Veteranen – Kriegsheimkehrer in der deutschen Gesellschaft“. Ich habe das Buch gelesen. Die größte Verwundung für viele Soldaten, die in einem gefährlichen Auslandseinsatz waren, ist es, vergessen zu werden. Ich möchte mit meiner Schularbeit etwas zurückgeben und auf das Thema aufmerksam machen.

Woher kommt Dein Interesse für die Bundeswehr?

Durch die Bundeswehr Olympix. Das ist ein Outdoor-Hindernisparcours, ähnlich wie bei Tough Mudder, bei dem es um körperliche Fitness, Kondition und Teamwork geht. Das hat mir Spaß gemacht. Seitdem ich das erste Mal dort mitgemacht habe, beschäftige ich mich mit der Bundeswehr. Ich habe dann während eines Praktikums vor zwei Jahren das Aufklärungsbataillon 7 in Ahlen besucht. Dort durfte ich mir den Spähwagen Fennek und Teile der Grundausbildung anschauen. Ich konnte sehen, wie die Arbeit im Stab, der Alltag in der dritten Kompanie abläuft und wie ein Gespräch mit Feldnachrichtenkräfte funktioniert. Das war sehr spannend.

Und bei den Bundeswehr Olympix hast du Marcel Bohnert einfach nach deiner Facharbeit gefragt?

Ja, während der Bundeswehr Olympix im Mai habe ich das Social-Media-Team kennengelernt. Ich habe sie gesehen und mir gedacht, ich gehe hin und frage nach, wer sie sind und was sie machen. So bin ich mit Marcel Bohnert ins Gespräch gekommen. Ich habe ihm dann über meine Arbeit zum Thema Veteranen erzählt und ihn gefragt, ob ein Soldat das überhaupt möchte.

Wie war seine Reaktion?

Er fand die Idee großartig. Mit seiner Hilfe habe ich Kontakt mit dem Bund DeutscherEinsatzveteranen aufgenommen und dann im Sommer an einer Aktion für Anerkennung der Einsatzveteranen und EInsatzkräften vor dem Bundestag teilgenommen. Dort hatte ich die Möglichkeit, mich mit ihnen zu unterhalten. Außerdem durfte ich an einer Gedenkveranstaltung im Wald der Erinnerung teilnehmen.

Welche Gefühle und Eindrücke hast Du dort mitgenommen?

Es ist schwer, ein Gefühl zu nennen. Zunächst habe ich nicht viel mit dem Thema Tod und Verwundung verbunden. Im Wald der Erinnerung habe ich eine Frau gesehen, die um ihren gefallenen Sohn trauert. In diesem Moment merkt man, was es ausmacht und was es heißt, einen geliebten Menschen zu verlieren. Die Stimmung war für mich mysteriös und zugleich zwiespältig. Es herrschte Traurigkeit, weil man der Gefallenen gedenkt. Aber gleichzeitig hatte ich das Gefühl, dass es gut ist, dass es so etwas gibt. Leider gibt es viele Menschen, die negativ zur Bundeswehr eingestellt sind und fragen: ‚Warum trauert ihr? Soldaten sind Mörder!‘

Was hältst Du von solchen Äußerungen?

Während der Aktion vor dem Bundestag haben mir das einige Passanten unterschwellig gesagt. Ich finde das nicht gut. Die Einstellung gefällt mir nicht. Aus meiner Sicht zeigen solche Aussagen, dass Soldaten in der Gesellschaft nicht angenommen werden. Es ist ein Problem, dass Soldaten und ihr Einsatz für die Gemeinschaft abgelehnt werden. Dadurch werden sie krank und können schlimme Dinge, die sie während ihres Einsatzes erlebt haben, nicht verarbeiten.

In deiner Arbeit möchtest du den Umgang mit Veteranen in Deutschland mit dem Umgang von ehemaligen Soldaten in den USA vergleichen. Dazu bist du in die Vereinigten Staaten gereist, um dich dort mit Veteranen der U.S. Army zu unterhalten. Was ist Dir aufgefallen?

Die Mentalität im Umgang mit Soldaten unterscheidet sich sehr. Anders als in Deutschland gehen die Menschen in den USA auf die Soldaten zu und sagen: ‚Danke, dass ihr da seid!‘ Zudem erhalten Veteranen viele Vergünstigungen, zum Beispiel günstige Flüge, Rabatte in Einkaufsläden und bestimmte Steuererlasse.

In Deutschland stößt die Bundeswehr dagegen auf freundliches Desinteresse. So hatte es einst der ehemalige Bundespräsident Horst Köhler formuliert. Nun sollen künftig Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr umsonst mit der Bahn fahren können. Was hältst Du von den kostenlosen Bahnfahrten für Soldaten?

Im Einzelnen finde ich das gut, da es viele Soldatinnen und Soldaten gibt, die viel pendeln und es sich sonst aufgrund der großen Entfernung nicht leisten können regelmäßig zu Hause bei ihrer Familie zu sein. Aber solche Vorteile sollten allgemein an die Berufsgruppe angepasst sein. Ich finde es nicht gut, wenn eine Berufsgruppe sich durch solche Vorteile abhebt und eine zu hohe Stellung in der Gesellschaft bekommt. Soldaten sollten in der Mitte der Gesellschaft stehen, nicht am Rand, aber auch nicht abgehoben sein.

Der Reservistenverband hat jüngst mit dem Marsch zum Gedenken oder den Marsch der Verbundenheit für Aufmerksamkeit gesorgt. Eine Forderung, die der Verband in seinem Zehn-Punkte-Plan für die Veteranenarbeit aufstellt, ist die Einführung eines Veteranentages. Wie wichtig ist ein Gedenktag aus Deiner Sicht?

Es ist auch toll, dass es Veranstaltungen wie den Marsch zum Gedenken gibt. Solche Veranstaltungen spiegeln die Anerkennung für Soldaten wider. Die Einführung eines Gedenktages finde ich gut. Wenn man die Bundeswehr ablehnt, bezieht man sich ob gewollt oder nicht indirekt auf einen einzelnen Soldaten. Man signalisiert ihm indirekt, dass man es auch ablehnt, dass er um seine gefallenen Kameraden trauert. Es ist die Frage, ob sich viele Leute dem so bewusst sind. Ein Gedenktag könnte deshalb nützlich sein, um ein Zeichen für die Soldaten zu setzen.

Was sagen Deine Mitschüler zu deinem außergewöhnlichen Engagement für die Bundeswehr?

Ich bin in der Schule als der Bundeswehr affine Typ bekannt. Mit einigen Mitschülern diskutiere ich über das Thema, sie finden es interessant. Einige Schüler sind skeptisch. Sie sagen: ‚Muss das sein?‘ Oder: ‚Wir haben keine Lust darauf.‘ Der Lehrer unterstützt mich.

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