Markus Dillmann trägt ein weißes Gewand, hat eine FFP2-Maske über dem Gesicht und liegt auf dem kalten Boden des Doms zu Limburg. Er hat die Arme verschränkt, die Hände gefaltet, sein Gesicht liegt auf seinen Händen. Von der Empore hören die Anwesenden eine Frau die Namen der Heiligen der katholischen Kirche singen. Die Gemeinde und die Geistlichen rufen nach Nennung der einzelnen Namen: „Bitte für uns!“
Es ist der Tag Dillmanns Diakonweihe. Der Oberstleutnant der Reserve aus Elz hat im September 2016 mit seiner Priesterausbildung begonnen – als Spätberufener nach einem erfolgreichen Berufsleben. Der heute 54 Jahre alte Mann war zuvor Verlagsmanager und Prokurist. Jetzt erhält er seit fünf Jahren ein Ausbildungsentgelt. Er lebt in Bescheidenheit und Demut. Noch knapp ein halbes Jahr, dann wird er auch die Priesterweihe empfangen, dann wird er Kaplan sein und muss noch zweimal drei Jahre als Assistent eines Pfarrers arbeiten. Also erst mit Anfang 60 wird Dillmann Pfarrer sein.
Als Markus Dillmanns Mutter im Februar 2014 verstarb, kam Dillmann ins Grübeln. „Das war für mich ein Schlüsselerlebnis“, sagt er rückblickend. Er stellte sich die Sinnfrage. Ist es richtig, immer nur nach Umsatzsteigerungen und Gewinnmaximierungen zu streben? Er entschloss sich in die Priesterausbildung zu gehen und sein gesamtes bisheriges Leben zurückzulassen. Der stämmige, zwei Meter große Mann war über 25 Jahre lang Vorsitzender der Reservistenkameradschaft „Nassauer Löwe“ aus Limburg. Zehn Jahre lang leitete er die Kreisgruppe Rheingau-Hessen-Nassau. Im Reservistenverband war Markus Dillmann hochgeachtet. Man fragte ihn um Rat, denn seine Nachwuchsgewinnung war vorbildlich. Seine RK war mitgliedsstark wie ein Bataillon der Bundeswehr. Der Oberstleutnant der Reserve pflegte auch internationale Verbindungen – so zum Beispiel nach Israel. Er war im Verband ein Macher, ein Vordenker, ein vorbildlicher Kamerad.
Verantwortung übernehmen
Nun wird er bis Juli 2022 in Hofheim am Taunus als Diakon Religionsunterricht in einer Schule geben und gleichzeitig Altersseelsorger im Altenheim sein. „Das ist in Zeiten der Pandemie eine besondere Herausforderung, denn morgens bin ich mit jungen Menschen zusammen, die zurzeit noch nicht alle geimpft werden konnten und nachmittags gehe ich ins Altenheim. Da trage ich Verantwortung“, sagt er. Doch Verantwortung hat er immer schon übernommen, schon in jungen Jahren bei der Bundeswehr als Offiziersanwärter. Immer hat er mit Menschen gearbeitet. Das hat ihn froh und glücklich gemacht. Und damit wird er auch jetzt nicht aufhören. Bis zum 75. Lebensjahr kann er als Priester arbeiten. Erst dann muss er in den Ruhestand treten.
Von den zwölf Priesterschülern, Seminaristen genannt, in seinem Kursus sind zuletzt nur noch sechs übriggeblieben. „Spätberufene haben es nicht immer leicht während der langen Priesterausbildung unter Verzicht von Liebgewonnenem“, so Dillmann. Einer seiner Kommilitonen ist ein ehemaliger Schweizer Gardist. „Als Dillmann und sein Mit-Kommilitone Haussprecher des Studienhauses wurden, da hatte Regens Dr. Volker Malburg geschmunzelt: Jetzt hat bei uns das Militär übernommen!“, lacht Dillmann. Aber die beiden haben durchgehalten, denn als Soldat weiß man mit Entbehrungen zu leben.
Der Kreis schließt sich
Markus Dillmann ist glücklich. Er hat seine Berufung gefunden und lebt sie nun im Sinne seines Amtes. „Als Diakon soll man sich besonders für die Armen und Bedürftigen der Gemeinde einsetzen. Das werde ich mit vollem Einsatz und mit Hingabe tun“, so der Elzer, der am Pfingstsonntag 2022 in seiner Heimatpfarrkirche zu Elz seinen ersten Gottesdienst, Heimatprimiz genannt, als Priester halten wird – in der Kirche, in der er ebenfalls am Pfingstsonntag – 55 Jahre zuvor – getauft worden ist. Für Dillmann schließt sich so sein Kreis in seinem bewegten Leben.