Einen Einblick in die Reservesysteme von sechs befreundeten Nationen hat die deutsche Delegation beim Young Reserve Officers Seminar (YROS) in Rumänien bekommen. Neben den deutschen Teilnehmern waren Reservisten aus den NATO-Staaten USA, Kanada, Dänemark und Rumänien vertreten. Hinzu kamen Delegationen aus der Schweiz und aus Österreich, Unterzeichnerstaaten des NATO Partnership for Peace (PfP) Programms. Aus Deutschland nahmen Jonas Oehlerking, Noah M. und Delegationsleiter Tobias Scholz teil. Als Gastgeber waren vor allem rumänische Reserveoffiziere vertreten. Durch ihre räumliche Nähe zum Krieg in der angrenzenden Ukraine gewährten sie Einblicke in neue militärische Perspektiven und betrachteten in diesem Kontext auch das politische Geschehen.
„In dem mit sehr viel Herzblut und Einsatz organisierten Seminar konnten wir in Diskussionen und Vorträgen mehr über NATO-Strukturen wie etwa die Multinational Division South East und über das Human Intelligence Centre of Excellence lernen“, berichtet Scholz. Beide Einrichtungen befinden sich in Rumänien und wurden von dem dort tätigen, multinational zusammengesetzten Personal vorgestellt. Ferner ging es – neben dem Ukraine-Krieg – um den Einfluss und die Präsenz Russlands in Rumänien und in „neutralen“ Ländern wie Österreich. Auch länger bekannte Themenfelder wie „Gender Considerations in Military Operations“ und „Intercultural Leadership“ wurden von zivil promoviertem als auch von militärischem Fachpersonal der US Air Force Academy behandelt.
Einblick in verschiedene Reservestrukturen
Den Kern des Seminarprogramms bildete jedoch die Vortragsreihe der Teilnehmer. So präsentierten neben der deutschen Delegation auch die Vertreter der anderen Länder ihre teils sehr unterschiedlichen Reservistenstrukturen. Während das deutsche Reservekonzept aus dem internationalen Umfeld viel positiven Zuspruch erhielt, wurden durch den Austausch aber auch Bereiche deutlich, in denen Deutschland möglicherweise noch von anderen Nationen lernen und profitieren kann. Sei es die in der Schweiz stärker digitalisierte Struktur mit App-basierter Heranziehung, aber auch einem Gewehr zu Hause sowie deutlich mehr Reservisten als Aktive oder die in Kanada etablierte dreistufige Klassifizierung von Reservisten mit unterschiedlichen Verpflichtungszeiten von wenigen Tagen in der Woche bis zu einer mehrjährigen Verpflichtungszeit, die sich von den kanadischen Berufssoldaten nur in einer verkürzten Kündigungsfrist unterscheidet.
Besonders gut kamen bei den Teilnehmern die Besuche aktiver rumänischer Verbände wie dem 33rd Mountain Troops Battalion „Posada“ an. Die Soldaten zeigten nicht nur Übungslagen, sondern trugen durch den persönlichen Austausch bei typisch rumänischer „Gulaschkanone“ zum gegenseitigen Kennenlernen bei. „Die Begeisterung und Motivation für ihren Beruf waren den rumänischen Kameraden deutlich anzumerken, ebenso wie ihre Freude über unseren Besuch und ihrer daraus resultierende Gastfreundschaft“, sagt Scholz.
Ein weiterer Ausflug zum Kloster Curtea de Argeș offenbarte neben den kulturellen und historischen Einblicken der Region auch ein sehr offenes Verhältnis zwischen Kirche und Militär in dem stark christlich geprägten Land: Mehrfach betonte der Priester des Klosters, dass Soldaten im Kloster keine Touristen oder Gäste seien, sondern dass jede Kirche das Refugium eines jeden Soldaten sei.
Wertvolles „Networking“ zwischen den Programmpunkten
„Abseits der offiziellen Programmpunkte war der Austausch in den Pausen, beim Essen, und an den freien Abenden unglaublich bereichernd. Mit anderen Reserveoffizieren verschiedener NATO- und PfP-Staaten, aber auch ehemaligen Generalen der rumänischen Armee ins Gespräch zu kommen, war für den Großteil von uns eine einzigartige Erfahrung“, resümiert Scholz. „Doch nicht nur das Verständnis von Militär und Reserve in den anderen Staaten war interessant, sondern auch die verschiedenen nationalen Perspektiven auf aktuelle Themen. So war dieses Seminar eine großartige Möglichkeit den Horizont zu erweitern und neue Kontakte für zukünftigen Austausch zu knüpfen.“
Im Anschluss an das viertägige Seminar blieben Kameraden aus der Schweiz und Kanada mitsamt der deutschen Delegation einige Tage länger im Land und besuchten mit Unterstützung der rumänischen Gastgeber unter anderem den besonders geschichtsträchtigen Parlamentspalast und ehemaligen Sitz des Staatspräsidenten Nicolae Ceaușescu in Bukarest. Dieser beeindruckende Besuch des – nach dem Pentagon – größten Regierungsgebäudes der Welt bildete den passenden Abschluss einer äußerst gelungenen Veranstaltung an der südöstlichen Flanke der EU und der NATO.
Besonderer Dank gilt dem international zusammengesetzten Komitee des CIOR, wie auch den unglaublich gastfreundlichen rumänischen Gastgebern – Îţi mulţumesc foarte mult.
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Dann bewirb Dich jetzt für einen Austausch junge Reserveoffiziere unter yro.cior.deu@gmail.com.
Mitarbeit am Text: Oehlerking/Scholz