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Strategischer Kompass beschreibt die Leitlinien für Europas Sicherheit

Im März soll durch den Europäischen Rat der Strategische Kompass angenommen werden. Was sich hinter diesem neuen Grundlagendokument verbirgt, erklärte Flottillenadmiral Jens Beckmann, Leiter des Arbeitsbereichs Militärpolitik bei der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der Europäischen Union, bei der RAG Brüssel.

Stars vor stripes: Europa-Flaggen vor dem Gebäude der EU-Kommission in Brüssel.

Foto: Sören Peters

Symbolbild: Straßenkunst in Brüssel.

Foto: Sören Peters

euRAG Brüsselstrategischer kompass

Die Ausarbeitung des Strategischen Kompasses wurde bereits während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 angestoßen. Der Prozess, der hinter dem Ganzen steht, ist ein Novum. Erstmals wurde im Vorfeld eine Bedrohungsanalyse unter Beteiligung der jeweiligen nationalen Nachrichtendienste durchgeführt: Mit welchen Gefahren und Herausforderungen ist die EU konfrontiert – politisch, militärisch, wirtschaftlich, klimatisch oder auch hybrid? Diese Gefahrenanalyse war der Startpunkt für einen ersten Entwurf durch den Europäischen Auswärtigen Dienst, der nun bis zur offiziellen Annahme durch den Europäischen Rat intensiv von den Mitgliedstaaten diskutiert wird. Entscheidend ist, dass trotz vieler unterschiedlicher nationaler Interessen am Ende dieses Prozesses ein Konsens steht.

Daher ist im Strategischen Kompass ein 360-Grad-Rundumblick angelegt, der diese unterschiedlichen Interessen widerspiegelt. Ziel ist, die EU als starken, handlungsfähigen und verlässlichen Sicherheitsakteur auf der internationalen Bühne zu etablieren. Hierzu werden vier Handlungsfelder im Strategischen Kompass identifiziert: Handlungsfähigkeit, Sicherheit, Fähigkeitsentwicklung und Partnerschaften (Act, Secure, Invest, Partner). Das heißt konkret: Wann immer ein Krisenherd aufflammt, der die Sicherheitsinteressen der EU berührt, soll die EU handeln können – ob zusammen mit Partnern wie der NATO, oder bei Bedarf auch eigenständig. Bedrohungen sollen frühzeitig erkannt, der Zugang zu strategisch relevanten Allgemeingütern (global commons), wie z.B. hohe See und Weltraum, erhalten und der Schutz der Bürgerinnen und Bürger gewährleistet werden. Dazu nötig sind Investitionen in neue Technologien, um zum einen strategische Lücken zu schließen, aber auch, um technologisch und industriell möglichst unabhängig handeln zu können.

EU Battle Groups ein Baustein mit Signalwirkung

Ein Baustein mit politischer Signalwirkung im Strategischen Kompass ist eine EU-Eingreiftruppe („Rapid Deployment Capacity“ – kurz: RDC) in einer Größenordnung von bis zu rund 5.000 Soldatinnen und Soldaten sowie den erforderlichen „strategic enablern“, die bis 2025 einsatzbereit werden soll. „Die Europäische Union muss künftig deutlich mehr als eine ‚soft power‘ sein“, sagte EU-Außenbeauftragte Josep Borrell jüngst bei der Präsentation des Konzepts. Den Kern der RDC sollen die weiterentwickelten EU Battle Groups stellen, die um „kombinierbare Module“ aus Luft- und Seestreitkräften sowie Fähigkeiten im Bereich Weltraum und Cyber- und Informationsraum erweitert werden sollen, um auf unterschiedliche Szenarien reagieren zu können, also zum Beispiel u.a. in Stabilisierungsmissionen oder Evakuierungsoperationen. Auch werden schnellere gemeinsame Entscheidungsmechanismen diskutiert.

Flottillenadmiral Jens Beckmann bei seinem Vortrag vor der RAG Brüssel. (Foto: Sören Peters)

Aus militärischer Sicht eine große Aufgabe. „Bisher haben wir uns nur auf die Landstreitkräfte fokussiert. Diese müssen um Luftwaffe und Marine sowie um die Komponenten Cyber und Weltraum ergänzt werden“, ordnet Beckmann ein. Fähigkeiten, die im europäischen Rahmen bislang nicht ausreichend vorhanden sind. „We need to spend our money wisely“, sagte der Flottillenadmiral – weise Entscheidungen treffen in finanziellen Fragen. Hier ist noch viel Bewegung drin. Während des Vortrags von Admiral Beckmann wurde aber deutlich: Die EU ist auf den festen politischen Willen der Mitgliedstaaten zur Ausgestaltung der EU Battle Group angewiesen, damit das Vorhaben nicht zum Papiertiger wird.

Kein „Wettbewerb“ mit der NATO

Und das Verhältnis zur NATO? „Wir stehen da in keinem Wettbewerb“, sagt Beckmann entschieden. Zumal die NATO „auch in Zukunft die entscheidende Komponente ist, wenn es um kollektive Verteidigung geht. Die transatlantische Allianz bleibt auch bei einer gestärkten sicherheitspolitischen Handlungsfähigkeit der EU für Deutschland der Eckpfeiler der deutschen Sicherheit.“

Es bleibt also spannend, vor allem vor dem Hintergrund der weiteren Entwicklungen in der Ukraine. Der Gesprächsbedarf bei den rund 30 Gästen in der Vertretung des Landes NRW bei der Europäischen Union jedenfalls war groß. Aus aktuellem Anlass konnte der Vorsitzende der RAG Brüssel, Michael Gahler MdEP, nicht persönlich vor Ort sein, er gehörte einer EU-Delegation an, die Anfang Februar die Ukraine besuchte. Als Organisator führte Gründungsmitglied Rainer Wenning durch den Abend.

Weitere Informationen zum Strategischen Kompass (engl.) // Infoseite des BMVg

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