Studierende Reservisten diskutieren: „Kosovo“
Reservisten der Uni Tübingen beschäftigten sich bei einer Podiumsdiskussion mit der Lage auf dem Balkan.
Der Balkan ist seit langem ein Zentrum von Spannungen europäischen Ausmaßes und wurde in der jüngeren Vergangenheit von Krisenherden im Nahen und Mittleren Osten überlagert. Durch die einseitige Unabhängigkeitserklärung des Kosovo rückte das Gebiet wieder mehr in das mediale Interesse, doch die Möglichkeiten zur Information über die tatsächliche Lage sind dürftig. Mit dem Ziel der Information organisierte die RUT (Reservisten Uni Tübingen) eine Podiumsdiskussion mit dem schlichten Titel "Kosovo".
Das Podium war mit dem Berater des kosovarischen Präsidenten Fatmir Sejdiu, Dr. Muhamet Hamiti, dem Europaabgeordneten Bernd Posselt (CSU), dem Bundestagsabgeordneten Rainer Arnold (SPD), dem stellvertretenden Leiter der Außenstelle Wertheim der Akademie der Polizei und Ausbildungsleiter für Auslandseinsätze der Baden-Württembergischen Polizei, Polizeioberrat Markus Horn, sowie dem ehemaligen stellvertretenden Kommandeur der KFOR-Kräfte, Brigadegeneral a.D. Wolfgang Kopp hochrangig besetzt.
Die sicherheitspolitische Lage wurde von Horn und Kopp als das entscheidende Umfeld für eine positive Lage vor Ort beschrieben. Sowohl militärische, als auch zivile Sicherheitskräfte seien weiterhin unabdingbar, die Rahmenbedingungen für eine friedliche Entwicklung der Region zu garantieren. Während das Militär ein sicheres Umfeld gewährleiste, müsse sich die Polizei sowohl der Aufbauarbeit einer stabilen kosovarischen Polizei, als auch der Wahrnehmung normaler Aufgaben im Rahmen der UNO-Mission widmen. Horn beschrieb das Aufgabenfeld beginnend mit der Regelung des Verkehrs über Zollvergehen bis hin zur Fahndung und Festnahme von Kriegsverbrechern. Schwerpunkte lägen in der Bekämpfung organisierter Kriminalität und der Überwachung der Einhaltung von Menschenrechten.
Europa- und Bundespolitiker waren sich in seltener Einmütigkeit einig, dass dem jungen Staat noch geholfen werden müsse. Die "Leere auf dem Balkan" sei die Konsequenz des "Versagens Europas". Sämtliche Versuche der friedlichen Beilegung von Konflikten habe man nicht unterstützt, waren sich Posselt, Arnold und Dr. Hamiti einig, "erst als die Kugeln flogen" kümmerte sich das politische Europa wieder um den Balkan. Jetzt, wo es eine instabile Ruhe gäbe, müsse man konsequent die Chance ergreifen, Rechtstaatlichkeit aufzubauen und wirtschaftliche Entwicklungen zu unterstützen. An Serbien und den Kosovo gerichtet räumten die Politiker ein, gäbe es auf Seiten aller Beteiligten viel Verständigungsarbeit zu leisten, dessen Basis eine unvoreingenommene Aussöhnungsbereitschaft mit Blick nach vorne in eine friedliche Zukunft sei. Hier könne auch die Orthodoxe Kirche Gutes tun, statt sich in inneren Machtkämpfen aufzureiben und diese mit nationalistischen Zügen anzuheizen betonte Dr. Hamiti.
Auch das Publikum, das sich aus bundesweit angereisten Interessierten zusammensetzte, beteiligte sich rege an der Diskussion. Fazit der in Teilen emotional geführten Podiumsdiskussion ist, dass noch viel Arbeit geleistet werden muss und alle aufeinander zugehen müssen, soll der Balkan und mit ihm die Menschen zur Ruhe kommen. Zu tief und frisch sind die Wunden der jüngsten Vergangenheit und zu gering das Vertrauen in die politischen Kräfte.
Text: iw