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Tagung in Köln/Wahn: Integration geht alle an




Fast 30 Patinnen und Paten und eine ehemalige afghanische Ortskraft haben sich kurz vor Weihnachten im Tagungszentrum der Luftwaffe getroffen. Es geht darum, ihren Verein Patenschaftsnetzwerk Afghanische Ortskräfte für die Zukunft fit zu machen.

Der Verein ist im Mai 2015 aus dem Freiwilligen Patenschaftsprogramm der Bundeswehr für ehemalige Afghanische Ortskräfte hervorgegangen. Schirmherr ist der Generalinspekteur der Bundeswehr, Volker Wieker. Trotzdem agiert das Patenschaftsnetzwerk eigenständig. Das bedeutet, jeder kann Mitglied werden. Ehemalige afghanische Ortskräfte der Bundeswehr, des Auswärtigen Amts, der Polizei und des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung werden vom Verein betreut. Oberleutnant Marcus Grotian, erster Vorsitzender des Patenschaftsnetzwerkes, sagt: "Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe diesen Menschen zu helfen. Sie haben in Afghanistan für uns gearbeitet, jetzt müssen wir uns für sie einsetzen." Vor diesem Hintergrund ist auch die Unterstützung des Vereins durch das zuständige Referat in der Abteilung Führung Streitkräfte (FüSK II 2) des Bundesministeriums der Verteidigung zu verstehen, zumal die Mehrzahl der Ortskräfte für die Bundeswehr gearbeitet hat. Dass die Integration der ehemaligen Ortskräfte auch von anderen Ressorts als wichtige Aufgabe betrachtet wird, hat die Teilnahme eines Vertreters der Bundesagentur für Arbeit unterstrichen.

Sprache als Schlüssel zur Integration
Wo die Probleme liegen, dafür nennt Amruddin Muradi, ehemalige Ortskraft und mittlerweile Lehramtsstudent an einer deutschen Hochschule, einige Beispiele: "Unser Ziel war es, ebenfalls unsere Familien in Sicherheit zu bringen. Das hat nicht geklappt. Das erschwert die Integration sehr, da die Situation in Afghanistan immer schlimmer wird." Die Ortskräfte können in Afghanistan aufgrund individueller Bedrohung eine Aufnahme in das Ortskräfteverfahren der Bundesrepublik Deutschland beantragen. Wird dem Antrag zugestimmt, erhalten sie nach § 22 Satz 2 Aufenthaltsgesetz eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis. Weitere Sonderregelungen gibt es für sie nicht. Sprache, Arbeit und Wohnen sind die größten Herausforderungen, die es zu meistern gilt. "Wir zahlen die Deutsch-Kurse ab einem bestimmten Niveau selber, weil das Jobcenter meint, das reicht zum Putzen", sagt Muradi. Christine Müller, seine Patin, sieht genau hier ihre Motivation: "Es war mein Anliegen, den Brain-Drain nicht zu einem Brain-Waste werden zu lassen." Sie will also die Flucht der Ortskräfte aus ihrem Heimatland nicht zu einem Hindernis für deren weitere Ausbildung werden lassen, sondern adäquate Perspektiven bieten.

Belastbare Strukturen aufbauen
Eine Wohnung vermitteln, Arbeit finden, Deutsch sprechen – das sind die drei Hauptarbeitsfelder der ehrenamtlichen Helfer. Der Kongress bietet ihnen eine Plattform, um Erfahrungen in diesen Bereichen auszutauschen, Handlungsfelder zu identifizieren und Verbesserungsvorschläge für die Abläufe im Netzwerk zu erarbeiten. Es ist die erste Veranstaltung dieser Art. Oberst im Generalstabsdienst Hans-Christian Hettfleisch, Referatsleiter FüSK II 2, sagt: "Es geht um die Stärkung des Patenschaftsnetzwerkes und den Aufbau belastbarer Strukturen."

652 Ortskräfte in Deutschland
Das Angebot wird angenommen. Laut Oberstleutnant im Generalstab Andreas Sebald, Referent beim FüSK II 2, waren zum Zeitpunkt der Veranstaltung 652 ehemalige afghanische Ortskräfte in Deutschland gemeldet, 108 davon hätten gerne noch einen Paten. Ihnen stehen 460 potentielle Patinnen und Paten gegenüber. An sich ein guter Versorgungsschlüssel. "Dass sich tatsächlich erst 184 Patenschaften gebildet haben, liegt an der regionalen Verfügbarkeit von Mentoren und Mentees", sagt Hettfleisch. Für die Unterbringung der ehemaligen Ortskräfte seien die Kommunen verantwortlich. Darauf könnten weder der Verein noch die Bundeswehr Einfluss nehmen. So kommt es, dass ehemalige Ortskräfte an Orten untergebracht werden, wo keine Patinnen und Paten ansässig sind.

Botschafter der deutschen Sprache und Kultur
Dabei gibt es bereits Paten wie Unteroffizier Nima Hossein-Boroujerdi, die sich um mehrere Personen kümmern. Der Feldwebelanwärter ist in Torgelow stationiert und betreut acht ehemalige Ortskräfte im norddeutschen Raum. "Ich sehe mich als Botschafter der deutschen Sprache und Kultur an", sagt er. Wie wichtig die Arbeit der Patinnen und Paten als kulturelle Vermittler ist, wird deutlich, wenn Hossein-Boroujerdi darauf hinweist, dass die Verständigungsprobleme bereits ganz grundsätzlich im gegenseitigen Verständnis von Hilfe liegen: "In Afghanistan hilft man sich, ohne auf Gesetze und Regeln zu achten."

Helfer gesucht
Die Arbeit des Patenschaftsnetzwerks hat dazu beigetragen, die individuelle Betreuung und Unterstützung der ehemaligen afghanischen Ortskräfte und ihrer Familien in Deutschland zu verbessern. Dennoch werden weitere ehrenamtliche Helfer benötigt, um die Betreuung auch derjenigen ehemaligen Ortskräfte sicherzustellen, die bisher weder Patin noch Paten gefunden haben. Eine Liste mit Regionen, in welchen Bedarf besteht, finden sie hier. Wer sich für die Übernahme einer Patenschaft interessiert, kann sich über die E-Mail-Adresse BwPatenschaftOrtskraefte@bundeswehr.org direkt mit der Bundeswehr in Verbindung setzen und/oder über info@patenschaftsnetzwerk.de an das Patenschaftsnetzwerk Afghanische Ortskräfte e. V. wenden.

Das Patenschaftsnetzwerk ist ein sehr junger und noch wachsender Verein, daher zählt jedes Mitglied. Für nur 18 € Jahresbeitrag können Sie, ohne weitere Verpflichtungen, den Verein und seine Arbeit unterstützen. Mitgliedsantrag unter www.patenschaftsnetzwerk.de.

 


Julian Hückelheim

Bild oben: Bibliothek und Tagungszentrum der Luftwaffenkaserne Köln/Wahn.
(Foto: Julian Hückelheim)

Bild 2: Ehemalige Ortskraft Amruddin Muradi und seine Patin Christine Müller.
(Foto: Julian Hückelheim)

Bild 3: Oberst im Generalstab Hans-Christian Hettfleisch (Vordergrund)
und der erste Vorsitzende des Patenschaftsnetzwerkes, Oberleutnant Marcus Grotian.
(Foto: Julian Hückelheim)

Bild 4: Unteroffizier (FA) Nima Hossein-Boroujerdi während seines Vortrages.
(Foto: Julian Hückelheim)

Bild 5: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Patenschaftskongresses.
(Foto: Julian Hückelheim)

 

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