Generationen von Schülern haben sich die Frage gestellt, wozu man lineare Gleichungssysteme oder den Gaußschen Algorithmus im Leben braucht. Ungezählt jene, die an Mathe verzweifelt sind. Und nicht allzu lange, nachdem die Schulzeit erfolgreich abgeschlossen wurde, verschwand das Erlernte aus dem Kopf. Auch die Inhalte unserer Unteroffiziers- bzw. Offiziersausbildung geraten in Vergessenheit. Oder könnten Sie aus dem Stehgreif das Führen von Kräften und Mitteln in Landoperationen nach dem Prinzip der Operation verbundener Kräfte prozessual erklären?
Zwar versteht sich die erfolgreiche Truppenführung als kreativer, schöpferischer Prozess, und gewährt insofern Spielräume. Das allein reicht indes nicht aus. Zum Gelingen bedarf es auch einiger fester Grundsätze und einer systematischen Vorgehensweise gemäß dem deutschen „Führungsprozess der Landstreitkräfte“.
Der Arbeitskreis Taktiklehrer im Reservistenverband hat sich zum Ziel gesetzt, dieses Wissen weiterzugeben. In didaktisch sinnvoll aufeinander aufbauenden Modulen werden Grundlagen geschaffen und vertieft. Zunächst theoretisch in Wort und Bild, dann an der Landkarte, schließlich im Gelände. Den Höhepunkt der Ausbildung bildet ein einwöchiger Aufenthalt in Hammelburg, um im Simulationssystem für Rahmenübungen (SIRA) in einer computergestützten Gefechtssimulation Handlungssicherheit bei Führungsprozessen von Zug- bis auf Bataillonsebene zu trainieren.
Auffrischung des Führungsprozesses
Beim Taktik-Grundlagenseminar Süd an der Sanitätsakademie der Bundeswehr bekamen 35 Reservistinnen und Reservisten sowie Studierende der Bundeswehr-Uni eine Wiederauffrischung des Führungsprozesses der Landstreitkräfte vermittelt. Die Teilnehmenden spiegelten das bunte Bild wider, das die Reservearbeit so einzigartig macht: Hochmotivierte Frauen und Männer, vom Studenten bis zum Rentner, vom Fahnenjunker über Stabsfeldwebel bis zum Oberstarzt.Sie alle profitierten dabei von der langjährigen Erfahrung der hervorragenden Lektoren Oberstleutnant a.D. Jürgen Baumer und Oberstleutnant a.D. Manfred Bettendorf.
Zum Beginn wurden formale Fragestellungen, taktische Symbole und das Führen von Lagekarten wiederholt. Dann folgten die Grundsätze des Führungsverhaltens, die Auftragstaktik und das Rollenverständnis des militärischen Führers. Die beiden Vortragenden beantworten zahllose Fragen aus dem Plenum, lockerten das Seminar durch praktische Beispiele und Filme verschiedener Informationslehrübungen (ILÜ) auf. Das Gefecht der verbundenen Waffen – Panzer, Grenadiere, Pioniere, Artillerie, Luftwaffe, etc. – wurde visuell erlebbar, wie auch der Aufbau und der Betrieb eines Gefechtsstands. In den Kaffeepausen wurde weiterdiskutiert, hinterfragt, verstanden. Und sich vernetzt. Zu einer bemerkenswerten „Break-out-Session“ war Oberstleutnant d.R. Dr. Gimmler angereist, um zum aktuellen Stand des Einsatzes von Drohnen auf dem modernen Gefechtsfeld zu referieren.
Nachdem die theoretischen Grundsätze vermittelt waren, folgte am letzten Seminartag die angeleitete Anwendung des Erlernten. Am Beispiel der Lage „Wantewitz“ arbeiteten sich die Teilnehmenden gemeinsam durch den Führungsprozess mit seinen immer wiederkehrenden Schritten Lagefeststellung, Entscheidungsfindung, Planung, Befehlsgebung und der sich daran anschließenden Erfolgskontrolle. Fazit: „Welch Freude bereitet ein Seminar, wenn man bei der Auswertung des Auftrags die eigene Leistung richtig einzuschätzen lernt!“
Mitmachen
Der Arbeitskreis Taktiklehrer im Reservistenverband bietet auf seiner Homepage einen Überblick und Anmeldemöglichkeiten für alle angebotenen Seminare