Tattoo-Verbot: Bundeswehr rudert zurück
Von Detlef Struckhof
Eigentlich war schon zum Zeitpunkt des neuen Erlasses klar: Die Vorschriften zu Tätowierungen lassen sich nicht halten. Den Soldaten war es untersagt worden, ihre Tattoos zu zeigen. Sie mussten laut der Zentralen Dienstvorschrift (ZDv) A-2630/1 vor den Blicken Dritter abgedeckt werden, was je nach Größe des Körperschmucks nicht einfach ist. Die pauschalen Regelungen nahmen auch keine Rücksicht auf verbreitetes Brauchtum – zum Beispiel bei der Marine. Seit Jahrhunderten gehören Tätowierungen bei Matrosen zum normalen Erscheinungsbild, und kaum jemand störte sich daran – im Grunde erwarten Unbedarfte bei "echten Seebären" sogar maritime Tattoos.
Nun tut die Bundeswehr, was vernünftig ist: Sie lockert die strikten Regelungen für den normalen Tagesdienst. Generalinspekteur Volker Wieker entschied am 24. November des zurückliegenden Jahres, eine Handlungshilfe für Vorgesetzte herauszugeben. Seit 1. Januar gilt: "Nicht abnehmbare Körpermodifikationen" müssen während des Dienstes innerhalb militärischer Bereiche, militärischer Sicherheitsbereiche, auf Schiffen und Booten der Marine sowie an Bord von Luftfahrzeugen des Bundes nicht mehr abgedeckt werden. Bei feierlichen Gelöbnissen, Tagen der offenen Tür, Truppenbesuchen, Veranstaltungen mit bundeswehrfremder Medienbegleitung und Flügen der Flugbereitschaft mit externen Passagieren gilt die Regelung von Februar 2014 allerdings fort. Hiervon können Vorgesetzte Abweichungen anordnen oder Sonderregelungen genehmigen.
Wie bereits im vergangenen Jahr berichtet, war nichts in Stein gemeißelt – siehe unsere Artikel im Internet und im Reservistenreport, Ausgabe 03/2014, Seiten 42-43. Eine Überprüfung der Praxistauglichkeit wurde für den 31. Dezember 2015 fest in die ZDv A-2630/1 aufgenommen. Ende dieses Jahres wird es dann sicherlich zu weiteren Anpassungen an die Lebenswirklichkeit junger Menschen kommen. Eine Bundeswehr, die ein moderner und attraktiver Arbeitgeber sein will, wird mit modischen Erscheinungen und jahrhundertealtem Brauchtum leben müssen und es auch können. Einen Weltuntergang bedeutet das nicht – und rein modische Erscheinungen haben eine überschaubare Halbwertzeit, sie erledigen sich irgendwann von alleine.
Archivbild oben: Ein Hauptfeldwebel der Bundeswehr mit auffälligen
Tätowierungen an beiden Armen (Foto: Bundeswehr, Wilke, flickr.de).
Archivbild unten: Wolfgang Baisch war 1978 bei der Marine.
Damals ließ er sich einen Anker stechen. "Es musste aber
ein maritimes Symbol sein – das war damals üblich", sagt der
heutige Erste Vorsitzende der Reservistenkameradschaft Giengen
an der Brenz (Foto: Privatarchiv Wolfgang Baisch).