Trilaterales Seminar TERREX 09 in Stuttgart
Katastrophenhilfe ist zunächst eine Aufgabe der zivilen Behörden, auf Anforderung wird aber auch die Bundeswehr tätig. Besonders im grenznahen Bereich kommt zur Abwehr von Schäden für die Zivilbevölkerung der grenz- und organisationsübergreifenden Zusammenarbeit eine große Bedeutung zu. Mit genau dieser Thematik beschäftigte sich die Führungsübung TERREX 09 des Wehrbereichskommandos IV.
"Mit dieser Übung betreten wir in gewisser Weise Neuland", sagte Generalmajor Gert Wessels zu Beginn von TERREX 09 des Wehrbereichskommandos IV. Erstmals waren Delegationen aus Österreich und der Schweiz integraler Bestandteil bei der vom 23. bis 25. Juni veranstalteten Führungsübung. Den Kern von TERREX 09 bildete ein zweitägiges Seminar in der Stuttgarter Theodor-Heuss-Kaserne beim von Oberst Franz Arnold geführten Landeskommando Baden-Württemberg. Anschließend fand auf dem Standortübungsplatz Dornstadt ein Field-Training-Exercise-Anteil (FTX) statt.
Während in den beiden vergangenen Jahren ein rein national zu bewältigendes Hochwasser an der Donau beziehungsweise ein ausufernder Waldbrand in der Fröttmaninger Heide die Rahmenlage für TERREX bildeten, war diesmal trilaterale Zusammenarbeit gefragt: Ein Erdbeben im deutsch-österreichisch-schweizer Grenzgebiet erforderte in dem Szenario den koordinierten Einsatz von zivilen und militärischen Helfern aus allen drei Staaten.
Insgesamt 16 Referate über die nationalen Verantwortlichkeiten auf Bundes- und Landesebene, die zivilen Einsatzorganisationen und die militärischen Zuständigkeiten bildeten dafür die Basis. 61 zumeist hochrangige Teilnehmer, darunter der bayerische Innenminister und Hauptmann der Reserve Joachim Herrmann, nahmen die während des Seminarteils angebotenen Informationen konzentriert auf. Neben Vertretern ziviler Rettungs- und Zivilschutzorganisationen beteiligten sich auf deutscher Seite die Leiter mehrerer Bezirksverbindungskommandos (BVK) und Kreisverbindungskommandos (KVK) sowie die Kommandeure der Landeskommandos Baden-Württemberg und Bayern, Oberst Franz Arnold und Oberst Johann Stadler. Die Schweizer Delegation führte Oberst Dieter Ruf, der Chef der Soforthilfe der Armee an. Auf österreichischer Seite war Generalmajor Herbert Bauer als Kommandant des Militärkommandos Tirol höchstrangiger Teilnehmer.
Obwohl die Zuhörer ausnahmslos über Erfahrung in der Zivil-Militärischen Zusammenarbeit verfügen, gab es doch gelegentlich die eine oder andere Überraschung. So verfügt beispielsweise die Polizei in Baden-Württemberg über erstaunlich umfangreiche technische Möglichkeiten zur Hilfeleistung bei Katastrophen und schweren Unglücksfällen.
Ein wichtiger Punkt waren auch die Verfahrensweisen bei grenzüberschreitenden Einsätzen. Hierzu gibt es eine Vielzahl von Durchführungsabkommen auf Bundes- und teilweise auch auf Landesebene. Für das Technische Hilfswerk (THW), die 1950 gegründete und rund 80000 ehrenamtliche sowie 900 hauptamtliche Mitarbeiter umfassende Katastrophenschutzorganisation des Bundes, existiert beispielsweise ein solches Abkommen. Es erlaubt pauschal im grenznahen Bereich den Einsatz von maximal 20 Helfern für eine Höchstdauer von drei Tagen, berichtete Jens-Olaf Sandmann, der Referatsleiter Einsatz beim THW-Landesverband Baden-Württemberg.
Insgesamt war bei allen Beteiligten des Seminars eine große Bereitschaft zur grenz- und organisatinsübergreifenden Zusammenarbeit auch mit der Bundeswehr spürbar. "Ich kann mir durchaus Szenarien vorstellen, wo wir für Unterstützung seitens der Bundeswehr dankbar wären", sagte Marcus Innerkofler. Dabei denkt der Leiter der Landeswarnzentrale des Bundeslandes Tirol beispielsweise an die Beseitigung der Folgen eines Erdbebens. Auch der Schweizer Hans-Peter Wächter, der Leiter des Amts für Militär und Zivilschutz, kann sich "sehr wohl vorstellen, dass Mittel der Bundeswehr in der Schweiz zum Einsatz kommen könnten." Als einen Erfolgsfaktor identifizierte der erfahrene Amtsleiter persönliche Kontakte: "KKK – In Krisen Köpfe kennen" lautete seine Formel, die während des Seminars häufig übernommen wurde.
Jedoch zeigten sich auch Handlungsfelder, in denen eine weitere Verbesserung der Zusammenarbeit wünschenswert wäre. Dazu zählen beispielsweise die mangelnde Kompatibilität einiger Führungssysteme und die drahtlose Kommunikation über Funk. Teilweise behelfen sich die Organisationen bisher mit dem Austausch von Endgeräten auch über die Staatsgrenzen hinweg. "Meine Erkenntnis ist, dass jede Organisation für sich bestens vorbereitet ist, um Katastrophen zu bewältigen, dass aber weiter Raum für die Vertiefung der organisationsübergreifenden Koordinierung besteht", sagte Generalmajor Herbert Bauer. In der abschließenden Aussprache wurde deutlich, wo grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Katastrophenfall und bei schweren Notlagen besonders hilfreich sein kann: "Lufttransportkapazitäten sind immer gefragt", sagte Oberst Dieter Ruf und Generalmajor Bauer fügte ergänzend hinzu: "Schnellbrückengerät ist sicher auch ein Engpass."
Für Generalmajor Gert Wessels war dementsprechend der Informationsaustausch über das gegenseitige Leistungsvermögen ein wichtiges Übungsziel. Das alleine jedoch "wäre mir zu wenig", sagte der Befehlshaber des Wehrbereichskommandos IV. Deshalb verabschiedeten die Teilnehmer einen gemeinsamen "Ergebnisvermerk zum trilateralen Seminar TERREX 09", in dem die wesentlichen Erkenntnisse zusammengefasst sind. Dazu zählt insbesondere das mittelfristige Ziel einer gemeinsamen Übung.