„Valide Basis“ für allgemeinen Gesellschaftsdienst gewinnen
Vor rund 200 Zuhörern diskutierten Gäste aus Bundeswehr, Politik und Gesellschaft das Für und Wider eines gesellschaftlichen Pflichtdienstes. Dem Reservistenverband – Mittler für die Belange der Streitkräfte in der Gesellschaft – geht es dabei um einen allgemeinen Dienst an der Gesellschaft, der auch Tätigkeiten bei zivilen Blaulichtorganisationen, in der Wohlfahrt oder der Pflege einschließt.
"Freiwillige Ansätze sind gescheitert"
Einer, der ein Lied davon singen kann, ist Dr. Michael Heidinger, Bürgermeister der rund 70.000 Einwohner zählenden Stadt Dinslaken. Seit der Aussetzung der Wehrpflicht und damit auch dem vorläufigen Ende des Zivildienstes gehen Rotes Kreuz, Arbeiterwohlfahrt und Co. in seiner Kommune personell auf dem Zahnfleisch. Freiwillige Ansätze sieht er als gescheitert an. "Hier haben wir keine Planbarkeit, keine Zuverlässigkeit." Von einer Dienstpflicht – für junge Männer und Frauen gleichermaßen – würden nicht nur die Organisationen profitieren, sondern auch die Menschen selbst. "Sie kommen nicht direkt von der Schule in die Ausbildung oder in die Uni, sondern haben ein Jahr mehr Zeit, ihre Persönlichkeit zu entwickeln und Erfahrungen zu sammeln."
"Unterschriften sammeln und eskalieren"
Um eine Dienstpflicht in die gesellschaftliche Debatte einzubringen, geht Heidinger derweil Klinken putzen. Vereine, Verbände und Organisationen aus Dinslaken, später auf Landes- und Bundesebene, sollen sich für die Dienstpflicht aussprechen. Was ihn besonders freut: Auch von der Lebenshilfe erhält er Unterstützung. Der Trägerverband für Menschen mit geistiger Behinderung forderte jüngst das Wahlrecht ein, ist dafür aber auch bereit, gesellschaftliche Pflichten zu erfüllen. "Das ist vorbildlich", lobt Heidinger.
Beistand auf kommunaler Ebene erhält der Dinslakener aus der Landeshauptstadt. "In einer Gesellschaft, in der die Zentrifugalkräfte zunehmen, die immer weiter auseinanderdriftet, ist ein Pflichtjahr im Dienst der Gesellschaft sinnvoll", sagte Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel. Verfassungsrechtliche Bedenken sollten nicht so schwer wiegen wie der Nutzen eines solchen Gesellschaftsdienstes.
Was bedeutet "allgemeiner Gesellschaftsdienst"?
Die Position des Reservistenverbandes machte Christian Faul, Vizepräsident für Sicherheitspolitik, bei einer Podiumsdiskussion am Sonntagnachmittag deutlich. Ein allgemeiner Gesellschaftsdienst bedeutet hier:
1. Eine Stärkung der Blaulicht-Organisationen, der sozialen Dienste und der Streitkräfte.
2. Gelungene Integration durch gesellschaftliche Teilhabe.
Ähnlich wie Heidinger baut auch Faul auf eine "valide Basis", die das Thema Gesellschaftsdienst vorantreibt.
Die insgesamt zweitägige Düsseldorfer Konferenz schloss thematisch beinahe nahtlos an das Sicherheitspolitische Forum in Berlin an, zeigte den Zuhörern die vielen Vorteile eines gesellschaftlichen Pflichtdienstes auf. "Wir wollen die Veranstaltung gerne fortsetzen", kündigte NRW-Landesvorsitzender Wolfgang Wehrend an.
Hochkarätig besetzte Veranstaltung
Weitere Themen auf der Agenda waren unter anderem Vorträge des Bundesverbandes Sicherheitspolitik an Hochschulen zum Thema "Zivilklauseln", die Vorstellung der Arbeit der RAG Landtag NRW und eine Einordnung der Gemengelage im Nahen Osten durch die Gesellschaft für Sicherheitspolitik. Zudem stellte Oberst Benedict Freiherr von Andrian-Werburg "sein" Kompetenzzentrum für Reservistenangelegenheiten vor, Generalmajor Jürgen Knappe zeigte das Spektrum des Kommandos Territoriale Aufgaben und der Landeskommandos dar. Weitere Gäste waren der Chef des Landeskommandos, Brigadegeneral Peter Gorgels, und Bernhard Nebe, Staatssekretär im Ministerium für Inneres und Kommunales in NRW.
Bild oben: Das Podium (von links nach rechts):
Generalmajor Jürgen Knappe, Dr. Michael Heidinger,
Oberst Benedict Freiherr von Andrian-Werburg,
Christian Lipicki, Oberstleutnant a.D. Thomas Sohst,
Christian Faul. (Foto: Sören Peters)
Zweites Bild: Thomas Geisel,
Oberbürgermeister von Düsseldorf.
(Foto: Sören Peters)
Drittes Bild: Dr. Michael Heidinger (SPD),
Bürgermeister von Dienslaken. Im Vordergrund:
NRW-Landesvorsitzender Wolfgang Wehrend.
(Foto: Sören Peters)
Bild unten: Christian Faul,
Vizepräsident des Reservistenverbandes
für sicherheitspolitische Bildung.
(Foto: Sören Peters)