DialogForum Sicherheitspolitik: Jungakademiker ausgezeichnet
Bei Kaiserwetter fand am 3. Juli zum ersten Mal seit 2019 das Dialogforum Sicherheitspolitik der VdRBw-Landesgruppe Bayern im Hubertussaal auf Schloss Nymphenburg in München statt. Im Rahmen der Veranstaltung wurde der „Aquila ascendens – Nachwuchspreis für Sicherheitspolitik 2021“ an Jungakademiker mit herausragenden Abschlussarbeiten im Bereich Außen- und Sicherheitspolitik verliehen.
Vor dem Hintergrund der sogenannten Zeitenwende hielt, Thomas Erndl MdB, stellvertretender Präsident des Reservistenverbands, bei seiner Eröffnungsrede fest, dass „nicht dem Recht des Stärkeren, sondern der Stärke des Rechts“ Geltung verschafft werden müsse. Diese bedinge jedoch einer gesamtgesellschaftlichen Kraftanstrengung, wobei er auf den Dreiklang „Starke Bundeswehr – starke Reserve – resiliente Gesellschaft“ abhob. Dies sei allerdings nur leistbar im transatlantischen Bündnis. Sichtlich unter dem Eindruck seines Besuches in Kiew in der vorangegangenen Woche stehend, bezeichnete er die Lieferung von zehn Panzerhaubitzen für eine Frontlänge von über 1000 Kilometern als reine Symbolpolitik. Mit Blick auf Europa identifizierte Erndl „Deutschland als das Land mit den stärksten Schultern“ und mahnte zudem eine notwendige Diskussion über eine allgemeine Dienstpflicht, wie sie der Reservistenverband schon seit Jahren fordert, jenseits aller Sommerlöcher an.
„Der Kopf fängt erst zu denken an, wenn er auf ein Gegenargument trifft.“
Aus diesem Grund müsse der öffentliche Diskurs durch die entsprechenden Hintergrundinformationen, die nur die Wissenschaft bereitstellen könne, belebt werden. Denn kaum ein Politikfeld sei derart komplex wie die Außen- und Sicherheitspolitik, konstatierte der Leiter der Bayerischen Staatskanzlei und Staatsminister für Bundesangelegenheiten und Medien Dr. Florian Herrmann in seinem Grußwort. Das Beispiel der völkerrechtswidrigen russischen Invasion der Ukraine zeige die globalen und vor allem gravierenden Folgen in aller Deutlichkeit. Sei es hinsichtlich Ernährungs- und Energiesicherheit, Flüchtlingspolitik u.v.m. Hier würde klar, „dass alles mit allem zusammenhängt.“
„Mutig, konsequent und im Dialog“
Diese Herangehensweise forderte die ehemalige Abgeordnete des Europäischen Parlament, Nadja Hirsch, denn, so die studierte Psychologin, Veränderungen seien schwierig und von der Einstellungs- zur Verhaltensänderung sei es ein langer Weg. Deshalb sei es die Aufgabe aller im sicherheitspolitischen Bereich Tätigen die Menschen durch Austausch und Kommunikation mitzunehmen.
Einen ersten Höhepunkt der Veranstaltung bildete im Anschluss der Festvortrag von Prof. Dr. Ulrich Schlie, Inhaber der Henry-Kissinger-Professur für Sicherheits- und Strategieforschung sowie Direktor des Center for Advanced Security, Strategic and Integration Studies an der Universität Bonn mit dem Titel „Was der Ukraine-Krieg verändern wird: Die Zukunft des transatlantischen Verhältnisses und eine neue Rolle für Deutschland?“
Schlie konstatiert analog zum Militärtheoretiker Carl von Clauswitz, dass nicht nur „drei Viertel derjenigen Dinge, worauf das Handeln im Kriege gebaut wird, im Nebel einer mehr oder weniger großen Ungewissheit liegen“, sondern gegenwärtig die gesamte westliche Sicherheitsarchitektur. Wir befänden uns in Zeiten großer Machtrivalitäten, die gekennzeichnet seien durch eine Erosion demokratischer Systeme, dem Niedergang der US-Hegemonie sowie dem Erstarken unverhohlener Machtpolitik. Dies und die grundlegenden Veränderungen durch die Globalisierung bilde einen anhaltenden Test für die Dimensionen politischer Gestaltungsfreiheit im Verhältnis zu militärischen Notwendigkeiten und globalen Verpflichtungen.
Wissenschaft fördern und Forschungsergebnisse bekannt machen
Daran schloss sich die Preisverleihung des „Aquila ascendens – Nachwuchspreis für Sicherheitspolitik 2021“ an. Dieser vom „DialogForum Sicherheitspolitik“ zum vierten Mal gestiftete Wissenschaftspreis für Jungakademiker, prämiert auszeichnungswürdige Dissertationen und Masterarbeiten zum weitgefassten Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik. Ziel des Preises ist es, die akademische Auseinandersetzung mit dem Thema zu fördern und einem breiteren Publikum bekannt zu machen. Darüber hinaus sollen Anreize für Jungakademiker geschaffen werden, in diesem Bereich zu forschen, wie Prof. Dr. Eberhard Grein in seiner Einführung bemerkte. Nicht ohne Stolz fügte er hinzu, dass für 2022 die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium der Verteidigung Siemtje Möller die Schirmherrschaft übernommen habe.
Eine wissenschaftliche Einordnung der eingereichten Arbeiten nebst der Übergabe des Preises nahm Prof. Dr. Anja P. Jakobi, Inhaberin des Lehrstuhls für Politikwissenschaft und Internationale Beziehungen an der Technischen Universität Braunschweig und dort Leiterin des Instituts für Internationale Beziehungen am Department für Sozialwissenschaften, vor. Als beste Master-Arbeit wurde „Russlands Desinformationspolitik gegenüber dem Westen“ von Julia Ruhs ausgezeichnet, die zudem mit dem Sonderpreis des Bayerischen Ministerpräsidenten prämiert wurde. Im Bereich Dissertationen konnte Dr. Felix Biermann für seine Studie „Power, Preferences, and Complexity – Explaining institutional order in the European defense policy complex“ einen Scheck in Höhe von 1000 Euro in Empfang nehmen.
Gemeinsamer Einsatz für die Sicherheitspolitik
Den Organisatoren der Veranstaltung unter Leitung von Prof. Dr. Eberhard Grein, Landesgruppe Bayern des Reservistenverbandes, war es gelungen, neben der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, der Thomas-Dehler-Stiftung, der Deutschen Atlantischen Gesellschaft, der Gesellschaft für Sicherheitspolitik, der Clausewitz Gesellschaft und dem Deutschen BundeswehrVerband auch die Bayerische Staatskanzlei als Kooperationspartner zu gewinnen. Letztere lud zum Ausklang der Veranstaltung zu einem Empfang, bei dem ein Bläser-Quintett des Heeresmusik-Korps Ulm für die entsprechende musikalische Untermalung sorgte.