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Si­cher­heits­po­li­ti­sche Ar­beit

Vom Zu­schau­er zum Ak­teur? Die NATO und das Schwar­ze Meer

Der rus­si­sche An­griffs­krieg auf die Ukrai­ne seit 2022 hat dem Wes­ten die geo­po­li­ti­sche Be­deu­tung des Schwar­zen Mee­res wie­der vor Augen ge­führt. Ak­tu­ell hal­ten die Streit­kräf­te Russ­lands den Gro­ß­teil der ukrai­ni­schen Küste be­setzt. Zu­sam­men mit den rus­si­schen Küs­ten­ge­bie­ten, die bis nach Ge­or­gi­en rei­chen, hat Russ­land seine Po­si­ti­on er­heb­lich aus­ge­baut. Dies setzt die NATO, die vor allem dank der Tür­kei in der Re­gi­on stark prä­sent ist, unter Druck. Ob­wohl die Tür­kei mit ihren po­li­ti­schen Al­lein­gän­gen der letz­ten Jahre die Part­ner­län­der ver­är­ger­te, stellt sie als zweit­grö­ß­te NATO-Armee wei­ter­hin eine wich­ti­ge Stüt­ze dar. Zudem hat das Land im Zuge des Ukrai­ne­kriegs an mi­li­tär­po­li­ti­scher Be­deu­tung ge­won­nen. Wie kann das west­li­che Ver­tei­di­gungs­bünd­nis wie­der ein re­le­van­ter Ak­teur in der Re­gi­on wer­den?

(Foto: Gar­ga­ra­pal­vin via Wi­ki­me­dia Com­mons)

natoruss­landschwar­zes meertür­keiUSA

Mit der An­ne­xi­on der ukrai­ni­schen Halb­in­sel Krim stell­te Russ­land 2014 den Grund­stein für seine wei­te­ren Ex­pan­si­ons­plä­ne. Die völ­ker­rechts­wid­ri­ge Be­set­zung war geo­stra­te­gisch und mi­li­tä­risch mo­ti­viert. So be­fin­det sich der Haupt­stütz­punkt der rus­si­schen Schwarz­meer­flot­te in der ukrai­ni­schen Stadt Se­was­to­pol. Seit Be­ginn des An­griffs­kriegs 2022 kon­trol­liert Russ­land die Küs­ten­stadt Ma­ri­u­pol, wäh­rend die Ha­fen­stadt Odes­sa re­gel­mä­ßig unter rus­si­schem Be­schuss steht. Cher­son konn­te die Ukrai­ne im No­vem­ber 2022 wie­der be­frei­en. Seit dem de facto Schei­tern der ukrai­ni­schen Ge­gen­of­fen­si­ve 2023 macht Russ­land wie­der Ge­län­de­ge­win­ne. Die Ukrai­ne wehrt sich ve­he­ment und at­ta­ckiert rus­si­sche Schif­fe mit Droh­nen und Flug­kör­pern.

Das Schwar­ze Meer als rus­si­sches Ein­fluss­ge­biet

Für Russ­land ist das Schwar­ze Meer seit Jahr­hun­der­ten Teil der In­ter­es­sensphä­re. Seine re­gio­na­le Macht­po­si­ti­on er­lang­te das Land nach dem Sieg über das Os­ma­ni­sche Reich 1774. Neun Jahre spä­ter folg­te die An­ne­xi­on der Krim, die zur Grün­dung der Schwarz­meer­flot­te führ­te. Diese nahm nach dem Zwei­ten Welt­krieg auf­grund der re­gio­na­len Do­mi­nanz der So­wjet­uni­on eine be­deu­ten­de Rolle ein. Der Zu­sam­men­bruch der So­wjet­uni­on 1991 be­las­te­te das rus­sisch-ukrai­ni­sche Ver­hält­nis auch wegen der Schwarz­meer­flot­te. Hin­ter­grund war, dass der Haupt­stütz­punkt nun auf der Krim – das heißt auf ukrai­ni­schem Ter­ri­to­ri­um – lag. Russ­land stell­te die Flot­te unter seine Kon­trol­le, führ­te Ge­sprä­che mit der Ukrai­ne und pach­te­te 1999 den Hafen von Se­was­to­pol für 20 Jahre.

Die Kon­trol­le des Schwar­zen Mee­res soll auch den Zu­gang in den Nahen Osten, Nord­afri­ka, Süd­eu­ro­pa und Zen­tral­asi­en si­chern. Wie wich­tig auch die öst­li­che Küste der Re­gi­on für Russ­land ist, zeig­te der Kau­ka­sus­krieg 2008. Beim An­griff auf Ge­or­gi­en war die Schwarz­meer­flot­te be­tei­ligt. Sie blo­ckier­te nicht nur die Küs­ten­ge­bie­te, son­dern führ­te auch An­grif­fe auf die ge­or­gi­sche Ma­ri­ne durch. Nach dem Krieg ent­stan­den die zwei ab­trün­ni­gen, russ­land­treu­en Re­pu­bli­ken Süd­os­se­ti­en und Ab­cha­si­en. Letz­te­re liegt am Schwar­zen Meer, womit Russ­land sei­nen Ein­fluss wei­ter ex­pan­diert hat. Re­tro­spek­tiv be­trach­tet gilt der Krieg gegen Ge­or­gi­en als Vor­läu­fer des Ukrai­ne­kriegs.

2010 er­folg­te eine neue Ei­ni­gung mit der Ukrai­ne über die Schwarz­meer­flot­te. Für die Zu­si­che­rung der Sta­tio­nie­rung bis 2042 wurde der Ukrai­ne güns­ti­ges rus­si­sches Gas zu­ge­spro­chen. Mit der Krim-Be­set­zung 2014 wur­den alle Ver­ein­ba­run­gen null und nich­tig. Russ­land hat seit­dem die Schwarz­meer­flot­te ma­te­ri­ell und per­so­nell aus­ge­baut. Im Krieg gegen die Ukrai­ne seit 2022 nimmt die rus­si­sche Ma­ri­ne eine be­deu­ten­de Rolle ein. Ei­ner­seits trug sie ma­ß­geb­lich zur Ein­nah­me des nord­öst­li­chen Schwar­zen Mee­res bei. An­de­rer­seits ist die Flot­te seit dem Un­ter­gang des Flagg­schiffs „Mosk­wa“ und wei­te­rer Schif­fe durch die Ukrai­ne in der De­fen­si­ve. Da die See­herr­schaft vor den ukrai­ni­schen Küs­ten nicht ge­lun­gen ist, folg­te auf rus­si­scher Seite ein Stra­te­gie­wech­sel.

Das rus­si­sche Flagg­schiff „Mosk­wa“ sank 2022 nach einem Be­schuss durch ukrai­ni­sche See­ziel­flug­kör­per. (Foto: Mi­nis­try of De­fence of the Rus­si­an Fe­de­ra­ti­on via Wi­ki­me­dia Com­mons)

Kon­trol­le der Häfen und See­we­ge als po­li­ti­sches Druck­mit­tel Russ­lands

Ein schnel­ler Sieg über die Ukrai­ne ist Russ­land weder zu Land noch auf See ge­lun­gen. Wäh­rend sich die Kampf­hand­lun­gen zu Land zu einem Stel­lungs- und Ab­nut­zungs­krieg ent­wi­ckelt haben, hat Russ­land auf See ge­gen­über der Ukrai­ne wei­ter­hin die Ober­hand. Auf­grund der schwa­chen Flug­ab­wehr gegen An­grif­fe mit Flug­kör­pern und Droh­nen er­folg­te je­doch kein Durch­bruch. Im Rah­men eines Stra­te­gie­wech­sels nutzt Russ­land daher seine ma­ri­ti­me Do­mi­nanz aus, um die Wirt­schaft der Ukrai­ne zu schwä­chen. So ist es der Schwarz­meer­flot­te ge­lun­gen ukrai­ni­sche Häfen zu blo­ckie­ren und See­ver­bin­dungs­li­ni­en ab­zu­rie­geln. Die Ukrai­ne konn­te keine Schiffs­trans­por­te, wie den Ex­port von Ge­trei­de oder Dün­ge­mit­tel, mehr durch­füh­ren. Dies traf die ukrai­ni­sche Wirt­schaft, die durch den Krieg und die Ab­wan­de­rung von Mil­lio­nen Men­schen be­reits ge­schwächt wurde, hart. Des Wei­te­ren tru­gen die aus­blei­ben­den Trans­por­te der „Korn­kam­mer“ Eu­ro­pas welt­weit zu Eng­päs­sen von Le­bens­mit­teln und ihrer Ver­teue­rung bei. Davon be­trof­fen waren vor allem Län­der des glo­ba­len Sü­dens.

Erst ein Ge­trei­de­ab­kom­men unter Ver­mitt­lung der Tür­kei – eines NATO-Mit­glieds – er­mög­lich­te die Wie­der­auf­nah­me der Schiffs­trans­por­te. Das Ab­kom­men zwi­schen Kiew und Mos­kau lief im Juli 2023 aus. Russ­land stuft seit­dem alle Schif­fe als „po­ten­zi­ell feind­lich“ ein. Neben dem Be­schuss ukrai­ni­scher Trans­port­schif­fe durch die Ma­ri­ne er­folg­te auch die Bom­bar­die­rung des Ha­fens von Odes­sa durch die Luft­waf­fe. Die Ukrai­ne re­agier­te mit Droh­nen- und Ra­ke­ten­an­grif­fen auf Kriegs­schif­fe und auf den Haupt­stütz­punkt der Schwarz­meer­flot­te auf der Krim. Dies zwang die rus­si­sche Ma­ri­ne zu par­ti­el­len Rück­zü­gen – so zu­letzt im Juni 2024 nach der Zer­stö­rung eines An­griffs­schlep­pers durch eine ukrai­ni­sche Droh­ne. Auf­grund der Be­dro­hungs­la­ge zog sich Kiew zu­fol­ge die Schwarz­meer­flot­te einen Monat spä­ter von der Krim zu­rück. Ende Au­gust 2024 führ­te ein ukrai­ni­scher Luft­an­griff zum Un­ter­gang eines Treib­stoff­frach­ters vor der rus­si­schen Küste. Dank der er­folg­rei­chen Ge­gen­schlä­ge der Ukrai­ne sind wie­der, wenn auch in ge­rin­ge­rem Maße, Ex­por­te von Le­bens­mit­teln und Dün­ger mög­lich.

NATO wei­ter­hin grö­ß­ter mi­li­tä­ri­scher Ak­teur – dank der Tür­kei

Der rus­si­sche An­griff auf die Ukrai­ne hat die geo­po­li­ti­sche Be­deu­tung des Schwar­zen Mee­res, wo auch die NATO aktiv ist, un­ter­stri­chen. Das west­li­che Ver­tei­di­gungs­bünd­nis ist mit der Tür­kei, Bul­ga­ri­en und Ru­mä­ni­en ver­tre­ten. Nur diese drei Mit­glied­staa­ten dür­fen auch dau­er­haft ma­ri­ti­me Ein­hei­ten sta­tio­nie­ren. Dass die NATO den grö­ß­ten mi­li­tä­ri­schen Ak­teur der Re­gi­on dar­stellt, ist vor allem auf die Tür­kei zu­rück­zu­füh­ren. So be­sitzt die zweit­grö­ß­te Armee der NATO vier Ma­ri­ne­stütz­punk­te in den Städ­ten Bartın, Ka­ra­de­niz Ereğli, Sam­sun und Trab­zon. Bul­ga­ri­en und Ru­mä­nen haben klei­ne­re, zum Teil mit altem so­wje­ti­schem Gerät aus­ge­stat­te See­streit­kräf­te. Wie wich­tig die Re­gi­on für die west­li­che Al­li­anz ist, zei­gen die re­gel­mä­ßi­gen Be­su­che der „Stan­ding NATO Ma­ri­ti­me Group 2“. Der stän­di­ge ma­ri­ti­me Ein­satz­ver­band ist Teil der Ein­greif­trup­pe „NATO Re­spon­se Force“, deren Ein­hei­ten im Zuge des Ukrai­ne­kriegs ak­ti­viert wur­den.

Die Tür­kei nimmt nicht nur auf­grund ihrer Ma­ri­ne eine Schlüs­sel­stel­lung für die Al­li­anz ein. Sie hat eine sehr lange Küste und kon­trol­liert die Bos­po­rus-Pas­sa­ge bei Is­tan­bul. Ihre geo­stra­te­gi­sche Po­si­ti­on zwi­schen Eu­ro­pa und Asien fun­giert als eine Dreh­schei­be der NATO in den Nahen Osten und Kau­ka­sus sowie nach Zen­tral­asi­en. Die Tür­kei bil­det damit fak­tisch das west­li­che Pen­dant zu Russ­land. Wie Mos­kau be­trach­tet auch An­ka­ra das Schwar­ze Meer als In­ter­es­sen­zo­ne. Seine Macht­po­si­ti­on un­ter­mau­er­te das Land zu Be­ginn des rus­si­schen An­griffs­kriegs, als es die Pas­sa­ge für alle Kriegs­schif­fe sperr­te. Auch beim Ge­trei­de­ab­kom­men wurde das tür­ki­sche Selbst­be­wusst­sein er­sicht­lich.

Pro­ble­ma­tisch für das trans­at­lan­ti­sche Bünd­nis waren die Al­lein­gän­ge der Tür­kei in den letz­ten Jah­ren. Vor allem die Be­stel­lung des rus­si­sches Flug­ab­wehr­sys­tems S-400 im Jahr 2017, das nicht NATO-kom­pa­ti­bel ist, sorg­te für hef­ti­gen Streit. Die USA stopp­ten dar­auf­hin die ge­plan­te Aus­lie­fe­rung des Kampf­flug­zeugs F-35 an die Tür­kei. Zudem sprach sich An­ka­ra mit Mos­kau im Sy­ri­en­krieg ab, um mi­li­tä­risch gegen kur­di­sche Ein­hei­ten im Nach­bar­land vor­zu­ge­hen. Mit der po­li­ti­schen An­nä­he­rung an Russ­land wurde die Po­si­ti­on der NATO ge­schwächt – auch im Schwar­zen Meer. Die Hin­aus­zö­ge­rung der NATO-Bei­trit­te von Finn­land (2023) und Schwe­den (2024) be­las­te­te eben­falls das Ver­hält­nis zu den Bünd­nis­part­nern. Nach An­ka­ras Zu­stim­mung zur schwe­di­schen Mit­glied­schaft ver­bes­ser­ten sich die Be­zie­hun­gen zu den NATO-Part­nern, ins­be­son­de­re zu den USA. So folg­te aus Wa­shing­ton um­ge­hend die Zu­sa­ge der Lie­fe­rung des Kampf­flug­zeugs F-16. Des Wei­te­ren wurde der Tür­kei An­fang 2024 die Wie­der­auf­nah­me in das Pro­gramm des F-35 in Aus­sicht ge­stellt.

Mit der Tür­kei, Bul­ga­ri­en und Ru­mä­ni­en ist die NATO re­gio­nal gut auf­ge­stellt. Die Ukrai­ne und Ge­or­gi­en stre­ben eine NATO-Mit­glied­schaft an. (Karte: Nor­man­Ein­stein via Wi­ki­me­dia Com­mons)

Mehr Be­ach­tung und mehr Zu­sam­men­ar­beit not­wen­dig

Dass das Schwar­ze Meer an mi­li­tär­po­li­ti­scher Re­le­vanz ge­won­nen hat, ist auch in Wa­shing­ton an­ge­kom­men. Jahr­zehn­te­lang wurde das Bin­nen­meer von den USA, der grö­ß­ten NATO-Armee, wenig be­ach­tet. Ende 2023 konn­te die Re­gie­rung von US-Prä­si­dent Joe Biden par­tei­über­grei­fend eine Si­cher­heits­stra­te­gie zur kri­ti­schen Re­gi­on be­schlie­ßen. Die Stra­te­gie fußt dabei auf fünf Säu­len: Ver­stärk­tes bi­la­te­ra­les und mul­ti­la­te­ra­les En­ga­ge­ment, re­gio­na­le Si­cher­heits­ko­ope­ra­tio­nen durch er­höh­te NATO-Prä­senz, wirt­schaft­li­che Zu­sam­men­ar­beit, En­er­gie­si­cher­heit sowie de­mo­kra­ti­sche Re­si­li­enz. Von der po­li­ti­schen Auf­merk­sam­keit und den fi­nan­zi­el­len In­ves­ti­tio­nen der USA pro­fi­tie­ren die NATO-An­rai­ner­staa­ten Tür­kei, Bul­ga­ri­en und Ru­mä­ni­en.

Die vor­sich­ti­ge Wie­der­an­nä­he­rung der Tür­kei an die NATO wird auch am Schwar­zen Meer deut­lich. So un­ter­zeich­ne­ten die Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter der Tür­kei, Bul­ga­ri­ens und Ru­mä­ni­ens im Ja­nu­ar 2024 ein Ab­kom­men zur Auf­stel­lung einer Task­force. Ziel ist die Si­che­rung von Schif­fen gegen See­mi­nen, die seit dem rus­si­schen An­griffs­krieg im Bin­nen­meer trei­ben. Einen Monat zuvor kam es noch zu einer Ex­plo­si­on an einem ukrai­ni­schen Ge­trei­de­schiff vor der Küste Ru­mä­ni­ens. Die drei NATO-Mit­glie­der sen­den je­weils ein Mi­nen­ab­wehr­schiff und ein Kom­man­do­schiff zu Pa­trouil­len. Über­wacht wird die Task­force von einem Ma­ri­ne­aus­schuss, des­sen Vor­sitz halb­jähr­lich zwi­schen den Part­ner­län­dern wech­selt. Auch ver­mehr­te ge­mein­sa­me Übun­gen sol­len statt­fin­den.

Mit der neuen Schwarz­meer-Stra­te­gie der USA und der Ver­bes­se­rung der ame­ri­ka­nisch-tür­ki­schen Be­zie­hun­gen ist das trans­at­lan­ti­sche Bünd­nis auf dem ers­ten Blick wie­der ein ak­ti­ver und ernst­zu­neh­men­der „Play­er“ in der Re­gi­on ge­wor­den. Doch aus­ge­rech­net die bei­den Mit­glie­der mit den grö­ß­ten Streit­kräf­ten stel­len zu­gleich Un­si­cher­heits­fak­to­ren dar. So be­ton­te An­ka­ra zwar auf dem NATO-Gip­fel im Juli 2024, dass es eine stär­ke­re Rolle in der Al­li­anz an­stre­be. Nur zwei Mo­na­te spä­ter be­an­trag­te die Tür­kei je­doch den Bei­tritt zur von China und Russ­land an­ge­führ­ten BRICS-Grup­pe. In den USA wie­der­um ste­hen im No­vem­ber 2024 Prä­si­dent­schafts­wah­len an, bei denen die Trans­at­lan­ti­ke­rin Kamal Har­ris gegen den Na­tio­na­lis­ten Do­nald Trump an­tritt. Trump droh­te in sei­ner ers­ten Amts­zeit als Prä­si­dent (2017-2021) mit einem Aus­tritt aus dem Ver­tei­di­gungs­bünd­nis und stell­te im Wahl­kampf wie­der­holt die NATO-Bei­stands­pflicht in­fra­ge.

Ab­schre­ckung der NATO – doch für wie lange?

Für den Kreml stellt das Schwar­ze Meer seit jeher eine geo­stra­te­gi­sche In­ter­es­sen­zo­ne dar. Dies hat der An­griffs­krieg auf die Ukrai­ne, bei dem die Schwarz­meer­flot­te eine wich­ti­ge Rolle ein­nimmt, un­ter­stri­chen. Doch auch die Tür­kei mit ihren vier Ma­ri­ne­stütz­punk­ten und der Kon­trol­le der Bos­po­rus-Pas­sa­ge be­trach­tet die Re­gi­on als Ein­fluss­sphä­re. Vor dem Hin­ter­grund der neuen ame­ri­ka­ni­schen Schwarz­meer-Stra­te­gie und der Wie­der­an­nä­he­rung der Tür­kei an Part­ner­län­der wirkt die NATO ge­ein­ter und ge­stärk­ter wie lange nicht. Beide As­pek­te sind für Ab­schre­ckung und Ver­tei­di­gung als Kern­auf­ga­be des Mi­li­tär­bünd­nis­ses von ent­schei­den­der Be­deu­tung.

Doch das west­li­che Ver­tei­di­gungs­bünd­nis steht vor gro­ßen Her­aus­for­de­run­gen. Soll­te Trump er­neut ins Weiße Haus ein­zie­hen, könn­te er die US-Mi­li­tär­prä­senz in Eu­ro­pa zu­rück­fah­ren oder gar den NATO-Aus­tritt in die Wege lei­ten. Die Al­li­anz würde ihre glaub­wür­di­ge Ab­schre­ckung gänz­lich ver­lie­ren und Eu­ro­pa stün­de al­lein einem mi­li­ta­ri­sier­ten Russ­land ge­gen­über. Die­ses po­ten­zi­el­le „Hor­ror-Sze­na­rio“ sowie der Ukrai­ne­krieg ver­deut­li­chen, wel­che Rolle die Tür­kei in der NATO über das Schwar­ze Meer hin­aus ein­nimmt. Doch bleibt die West­bin­dung An­ka­ras be­stehen? Diese Frage ist an­ge­sichts des an­ge­streb­ten Bei­tritts zur BRICS-Grup­pe ak­tu­el­ler denn je. Eine po­li­ti­sche Ori­en­tie­rung der Tür­kei Rich­tung „Osten“ muss von den USA und Eu­ro­pa ver­hin­dert wer­den. Par­al­lel soll­te der Weg der Wie­der­an­nä­he­rung fort­ge­führt wer­den, da die Tür­kei auch in Zu­kunft als wich­ti­ge Stüt­ze des Mi­li­tär­bünd­nis­ses be­nö­tigt wird.

 

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Die­ser Bei­trag stammt aus den SiPol-News des Sach­ge­bie­tes Si­cher­heits­po­li­ti­sche Ar­beit. Die SiPol-News kön­nen Sie hier abon­nie­ren.

 

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