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Von Kooperation bis Isolationismus: Sind die USA noch ein zuverlässiger Partner?

Die Terroranschläge des 11. September 2001 prägten jahrelang die Sicherheitspolitik der Vereinigten Staaten. Es folgten Interventionen in der islamischen Welt und das Land erhielt das Image der Weltpolizei. Die Einsätze waren aufgrund ihrer Dauer auch in der einheimischen Bevölkerung zusehends unbeliebt. Ex-Präsident Donald Trump propagierte nationalistischen Isolationismus und reduzierte die amerikanischen Streitkräfte im Ausland. Sein Nachfolger Joe Biden setzt wieder verstärkt auf transatlantische Kooperation, aber seine Wiederwahl ist unsicher. Sind die USA in Zeiten globaler Krisen noch ein zuverlässiger Partner für Europa?

(Symbolbild: Geralt via pixabay.com)

europanatoUkraineUSA

Im August 2021 endete der NATO-Einsatz in Afghanistan – auf chaotische und unrühmliche Art und Weise. Einerseits drängte die von den USA angeführte Intervention das für den 11. September verantwortliche islamistische Terrornetzwerk al-Qaida global zurück. Auch konnten die Anführer Osama bin Laden 2011 und Aiman az-Zawahiri 2022 getötet werden. Allerdings überraschte der plötzliche US-Abzug nicht nur die NATO-Partner, sondern sorgte für den blitzschnellen Wiederaufstieg der radikalislamischen Taliban. Seitdem haben die Islamisten wieder die politische Macht im Land. Der Ablauf und die Folgen des Rückzugs ließen den Westen global schwach aussehen. Die Zunahme an Drohgebärden Chinas gegenüber Taiwan sowie der Überfall Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 sind höchstwahrscheinlich kein zeitlicher Zufall.

Militärische Interventionen nach 9/11

Die Interventionsphase der Vereinigten Staaten begann unter dem früheren republikanischen US-Präsidenten George W. Bush (1998-2008). Dieser rief 2001 als Reaktion auf die islamistischen Terroranschläge den „Krieg gegen den Terrorismus“ aus, den sein Nachfolger Barack Obama (2008-2016) weiterführte. Einsätze gegen al-Qaida und deren Verbündete sowie später den Islamischen Staat waren die unmittelbare Folge. Die USA intervenierten zusammen mit Partnerländern in Afghanistan, dem Irak, Somalia, Jemen sowie in Syrien und Libyen gegen islamistische Terrorgruppen. Die Bundeswehr beteiligte sich unter anderem an den NATO-Missionen in Afghanistan und Somalia.

In der islamischen Welt stieß die Welle des militärischen Engagements der USA auf wenig Gegenliebe. Die Einsätze wurden als Einmischen in innere Angelegenheiten und vielfach als neue „Kreuzzüge“ gegen den Islam betrachtet. Zudem empfanden die Menschen in Afghanistan und im Irak die jahrelange Besatzung von Ländern als ungerecht. Die Vereinigten Staaten galten auch in Teilen des Westens nun als die Weltpolizei, die nach Belieben Drohnenangriffe und Interventionen durchführte. Das Image der USA und ihrer westlichen Verbündeten erreichte im Nahen und Mittleren Osten einen Tiefpunkt.

Länder, in denen die USA ihre militärischen Hauptmissionen im Kampf gegen den Terrorismus durchführten. (Karte: Weaveravel via Wikimedia Commons)

Aufgrund der Länge und der hohen Kosten der Militäreinsätze nahm auch in der amerikanischen Gesellschaft die politische Zustimmung merklich ab. Paradoxerweise erhielten die Gegner dieser Politik ausgerechnet in der konservativen Republikanischen Partei Zulauf, die 2001 noch die Interventionspolitik unterstützte. Mit Donald Trump gewann 2016 ein rechtspopulistischer Republikaner die US-Präsidentschaftswahl, der das Ende von Militäreinsätzen und eine drastische Reduzierung amerikanischer Streitkräfte im Ausland forderte.

Nationalistischer Isolationismus von Trump

Trumps Politik stellte in vielfacher Hinsicht einen Bruch der vorherigen US-Außenpolitik dar. So leitete er nach seinem Amtsantritt tatsächlich den Abbau des amerikanischen Militärs im Ausland ein. Seine Außenpolitik war protektionistisch und isolationistisch ausgerichtet. Während Trumps Präsidentschaft zogen sich die USA auch von transnationalen und internationalen Kooperationen zurück. Er bezeichnete die NATO als „obsolet“ und kritisierte offen Deutschland für seine unzureichenden Verteidigungsausgaben. Vor diesem Hintergrund ist auch seine Ankündigung, 9.500 US-Soldaten aus Deutschland abzuziehen, zu sehen.

Nicht die Zusammenarbeit mit Partnerländern, sondern der alleinige Kampf gegen China um die globale Vormachtstellung standen auf Trumps nationalistischer Agenda. Unzufrieden mit dem Handelsdefizit gegenüber dem Reich der Mitte initiierte er einen Handelskrieg. Die gegenseitige Einführung von Strafzöllen schadete jedoch beiden Ökonomien. Trump weitete die Strafzölle auf enge US-Partner wie die Europäische Union, Kanada und Mexiko aus. Im Gegenzug lobte er den russischen Präsidenten Wladimir Putin und traf sich öffentlichkeitswirksam zweimal mit dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong-Un.

Sinnbildlich für den Abschied vom Image der Weltpolizei steht das Doha-Abkommen von 2020. Hierbei handelte es sich um einen Friedensvertrag zwischen den USA und den radikalislamischen Taliban. Ohne Beteiligung der afghanischen Regierung wurde der Abzug der amerikanischen Streitkräfte und Partnerländer geregelt. Die Taliban gaben Sicherheitsgarantien, führten jedoch die Kämpfe im Land fort. Das Abkommen schwächte die Stellung der afghanischen Regierung und gilt als Ursache für die Machtübernahme der Taliban ein Jahr später.

Ära der Kooperation unter Biden

Der Sieg des liberalen Demokraten Biden bei der US-Präsidentschaftswahl 2020 sorgte vor allem in Europa für große Erleichterung. Als ehemaliger Vizepräsident unter Obama galt er als Gegenstück zum Isolationismus und Rechtspopulismus von Trump. Er übernahm ein innenpolitisch stark gespaltenes Land, das er seitdem zu versöhnen versucht. Biden hob die Bedeutung der NATO hervor und baute die Beziehungen zu Partnerländern wieder auf. So nahm er die von Trump angekündigte Reduzierung von US-Streitkräften aus Deutschland zurück. Insgesamt setzt er auf eine engere Zusammenarbeit mit Staaten des Westens.

NATO-Gipfel 2021 in Brüssel, an dem US-Präsident Biden erstmals teilnahm. (Foto: Regierung der Republik Nordmazedonien via flickr.com)

Den von seinem Amtsvorgänger eingeleiteten Handelskonflikt mit der Europäischen Union beendete Biden 2021. Im Fokus steht eine verstärkte wirtschaftliche und politische Kooperation mit Europa, um geeint gegen China und Russland bestehen zu können. Die USA und alle EU-Mitgliedstaaten verurteilten gemeinsam den russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022. Sie führten Sanktionen gegen Russland ein und beteiligen sich an Waffenlieferungen für die Ukraine. Des Weiteren beliefern die USA europäische Länder wie Deutschland mit Flüssiggas, um die seit dem Krieg ausbleibenden Gasmengen aus Russland zu kompensieren. China hingegen verurteilt die russische Invasion nicht und spricht sich gegen Sanktionen aus.

Biden meidet eine direkte militärische Konfrontation mit Russland oder China. Die USA unterstützen die Ukraine mit Rüstungsgütern, senden aber keine Streitkräfte in das Land, da es kein NATO-Mitglied ist. Das von China als abtrünnige Provinz betrachtete Taiwan erhält Sicherheitszusagen, aber eine US-Intervention bei einem chinesischen Angriff gilt als ausgeschlossen. Biden sucht diplomatische Lösungen und stimmt sich in außenpolitischen Fragen mit Partnerländern ab. Sein Ziel ist eine Einheitsfront gegen China und Russland, welche er als größte Gefahr gegen die freie und demokratische Welt sieht.

Die USA und der Ukraine-Krieg

Die Vereinigten Staaten zählen zusammen mit der EU seit der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim 2014 durch Russland zu den wichtigsten Unterstützern der Ukraine. Mit Beginn des russischen Angriffskriegs ist Kiew mehr denn je auf Finanzhilfen und vor allem Rüstungsgüter aus dem Westen angewiesen. Da eine direkte Beteiligung am Konflikt sowohl von den USA als auch von der EU ausgeschlossenen sind, stehen die Lieferung von Kampfpanzern, Raketensystemen, Munition und Schutzausrüstung im Vordergrund.

Die pro-ukrainische Außenpolitik der Biden-Regierung ist in der amerikanischen Gesellschaft und Politik nicht unumstritten. Während die Demokraten den Kurs vollumfassend mittragen, stellen einige Republikaner die Hilfen infrage. Hierzu zählen neben Trump auch dessen Parteikonkurrent Ron DeSantis, die zur Präsidentschaftswahl 2024 antreten wollen. Beide Rechtspopulisten betonen die politischen und wirtschaftlichen Interessen der USA und fokussieren sich auf die Rivalität zu China. Folglich haben weder die Ukraine noch die transatlantische Freundschaft hohe Priorität. Auch wenn Europa – und dabei insbesondere Deutschland – einen wichtigen Beitrag zur Unterstützung der Ukraine leistet: Laut Fachleuten könne die EU mittel- und langfristig nicht die Lücke der USA füllen.

Ausblick

Die Vereinigten Staaten folgen seit jeher ihren eigenen außen- und sicherheitspolitischen Interessen, stimmen sich aber in der Regel mit ihren Partnern ab. Während der Interventionsphase beteiligte sich Deutschland an den Missionen in Afghanistan und Somalia, nicht aber am Einmarsch in den Irak. Dennoch war das Verhältnis der USA zu Europa und Deutschland unter Bush und Obama freundschaftlich. Die politischen Alleingänge von Trump und sein konfrontativer Umgang mit Europa hingegen stellten die Zuverlässigkeit der USA infrage. Mit der Wahl von Biden haben sich die transatlantischen Beziehungen wieder normalisiert – doch für wie lange?

2024 steht die nächste US-Präsidentschaftswahl an, bei der Biden mit über 80 Jahren erneut antreten wird. Trump macht keinen Hehl aus seinen politischen Ambitionen. Trotz des laufenden Gerichtsprozesses stehen seine Chancen Meinungsinstituten zufolge nicht schlecht. Er steht auch besser da als sein nicht weniger radikaler Parteikonkurrent DeSantis. Sollte Trump wieder ins Weiße Haus einziehen, könnte sowohl der Taiwan-Konflikt eskalieren als auch die militärische Unterstützung für die Ukraine drastisch reduziert werden. Auch die Zukunft der Sanktionen gegen Russland ständen zur Debatte. Somit wäre die von Biden wiederhergestellte Zuverlässigkeit der USA sowie die Sicherheitsgarantien für Europa wieder in Gefahr. Aufgrund dieser Unsicherheit ist eine stärkere sicherheitspolitische Autonomie der EU notwendig – bei Fortführung der transatlantischen Partnerschaft.

 

Literaturtipps:


Dieser Text stammt aus dem Sicherheitspolitischen Newsletter des Sachgebietes Sicherheitspolitische Arbeit. Diesen können Sie hier abonnieren.
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