Wehrpflicht: Verteidigungsausschuss tagte
Der Reservistenverband gehört zum Kreise der geladenen Sachverständigen. Gerd Höfer, Präsident des Verbandes, hat in Berlin seine Sicht der Dinge und die des Verbandes vertreten. Insgesamt hatte der Verteidigungsausschuss 15 Sachverständige geladen, darunter auch den Deutschen Bundeswehrverband, Generalmajor a. D. René Rudolf, die Arbeitsstelle Frieden und Abrüstung, den Deutschen Bundesjugendring und die Lebenshilfe e.V.
Eigentlich sollte es in der Anhörung ursprünglich nur um die geplante Verkürzung von Wehr- und Zivildienst von neun auf sechs Monate gehen. Durch die sich überschlagenden Ereignisse bezüglich einer möglichen Aussetzung der Wehrpflicht haben Grüne und Linke nun eigene Anträge eingebracht, über die der Bundestag nun auch beraten muss.
Alles offen – Zu Guttenberg wollte wegen Union-Streits angeblich zurücktreten
Inzwischen ist die Diskussion um die Wehrpflicht voll entbrannt. Die Meldungen ändern sich seit Tagen fast stündlich. Außenstehende Beobachter wissen nicht mehr, wer für was in dieser Diskussion steht. Meinungen zum Wehrdienst, die Jahrzehnte klar den einzelnen politischen Lagern zuzuordnen waren, haben sich in Schall und Rauch aufgelöst.
Im Bundestag sprach sich am Freitag die SPD für einen freiwilligen Wehrdienst, die FDP offen für eine Aussetzung aus. Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg (CSU) hat von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) indes freie Hand für alle möglichen Denkmodelle erhalten – wir berichteten. Zu Guttenberg sagt jetzt in einem Spiegel-Interview: Künftig werde es die Wehrpflicht noch im Grundgesetz geben, „doch in zehn Jahren wird sie wohl abgeschafft sein.“ Doch das bedeutet in der jetzigen Diskussion nichts, denn eine Beibehaltung der Wehrpflicht im Grundgesetz heißt nicht, dass sie nicht doch ausgesetzt wird. Dazu reicht ein Beschluss zum Wehrpflichtgesetz mit einfacher Mehrheit des Bundestages. Das Grundgesetz lässt sich dagegen nur mit einer Zweidrittel-Mehrheit von Bundestag und Bundesrat ändern – eine solche Mehrheit sieht deshalb niemand.
Gegen eine Aussetzung der Wehrpflicht hat sich nun der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU, Volker Kauder, noch einmal deutlich ausgesprochen. Er kritisierte auch zu Guttenberg: "Es geht nicht, dass überfallartig, von Donnerstag auf Montag, ein Beschluss gefasst werden soll, die Wehrpflicht abzuschaffen".
Wegen des Streits um die Wehrpflicht innerhalb der Union soll zu Guttenberg über einen Rücktritt nachgedacht haben. Das berichten mehrere Medien und berufen sich auf das Umfeld des Ministers. Diese Meldungen wurden jedoch am Samstag von einem Sprecher des Ministers dementiert, "dies enbehrt jeder Grundlage", hieß es.
Weiterführender Link
Kommentar vom Thomas Nehls, ARD-Hauptstadtstudio, vom 11. Juni 2010
Detlef Struckhof
Bild oben: Das Reichstagsgebäude in
Berlin (Foto: Achim Melde,
Deutscher Bundestag)
Bild unten: Gerd Höfer, Präsident des
Reservistenverbandes, berät den
Verteidigungsausschuss
(Foto: Bernd Schoelzchen; loyal)