Dank Messengerdiensten, E-Mail und Videotelefonie haben Soldatinnen und Soldaten einen kurzen Draht aus dem Einsatz nach Hause. Trotzdem – oder gerade deshalb – haben handgeschriebene Briefe und Päckchen einen herausgehobenen Stellenwert. Man hat etwas in der Hand, jemand hat sich bewusst die Zeit genommen und etwas aufgeschrieben oder eingepackt – kaum etwas ist persönlicher. Darum ist und bleibt die Feldpost auch in Zeiten von WhatsApp und Co. eine besondere Brücke in die Heimat.
Wie beispielsweise in Litauen. Auf der Basis in Rukla sichern 1.600 Frauen und Männer die NATO-Ostflanke, 850 von ihnen sind Deutsche. Rund 600 Sendungen kommen jede Woche im Feldpostamt an, das nicht nur die Kameradinnen und Kameraden der Bundeswehr versorgt, sondern auch die Soldaten aus den Niederlanden, Belgien, Norwegen, Tschechien und Luxemburg. In den vergangenen Tagen dürften es doppelt so viele gewesen sein. Für das zu erwartende größere Aufkommen vor Weihnachten wurde eigens ein zusätzlicher Kamerad aus Deutschland nach Rukla beordert.
Nun wird es allmählich ruhiger und auch Oberstabsfeldwebel Martin kann die Weihnachtsstimmung genießen. Für den Leiter des Feldpostamts ist es der fünfte Einsatz, der vierte über Weihnachten. Zuvor hatte er sich jeweils zwei Mal im Kosovo und zwei Mal in Mali um die Feldpost gekümmert. Weihnachten im Einsatz ist für ihn nichts Neues, aber immer wieder etwas Besonderes. „Die Kinder sind groß, da ist es zuhause nicht mehr so kribbelig“, erzählt der 56-Jährige. „Im Einsatz kommt eine ganz eigene Stimmung auf.“
Auch in Deutschland war er mehrfach in der Leitstelle in Darmstadt eingesetzt. Nach seinem aktiven Dienst in einer Panzerbrigade in Nienburg – die rosafarbenen Litzen trägt er heute noch – kam er 1996 zur gelben Post. Seit 2008 ist er bei der Feldpost, 2010 folgte dann der erste Einsatz. Zivil arbeitet Martin als Zusteller im Großraum Hannover. Um die Versorgung zwischen Heimat und Einsatzland sicherzustellen, arbeiten die Bundeswehr und die Deutsche Post AG Hand in Hand. Speziell ausgebildete Reservistinnen und Reservisten, die im Zivilberuf Postangestellte sein müssen, werden zu Reservistendienstleistungen herangezogen. Sie werden dabei für die Zeit des Auslandseinsatzes einem Logistikbataillon der Streitkräftebasis zugeordnet. Die Soldatinnen und Soldaten der Feldposttruppe haben Einsatzzeiten zwischen drei und sechs Monaten und sind keinem festen Kontingent zugeordnet.
So auch Oberstabsfeldwebel Martin, der noch bis Februar an der NATO-Ostflanke bleibt. Nun steht aber erst einmal Weihnachten vor der Tür – und damit die Ruhe nach dem Sturm. Denn wenn alle Soldatinnen und Soldaten versorgt sind, hat auch Martin Zeit, in sich zu kehren. „Ich kann die Weihnachtszeit ganz anders genießen als zuhause“, sagt Martin. Für die gelbe Post sei er noch an Heiligabend unterwegs gewesen, um Briefe und Päckchen noch auf den letzten Drücker zuzustellen.
Die Feldpost arbeitet mit ein bisschen mehr zeitlichem Vorlauf. Anfang Dezember müssen die Sendungen aufgegeben sein, damit sie pünktlich im Einsatzgebiet eintreffen. Von der gelben Postfiliale werden die Sendungen zunächst in die Major-Karl-Plagge-Kaserne in Pfungstadt bei Darmstadt gebracht. Dort übernimmt dann die olivgrüne Post das weitere Handling. Auch dort kümmern sich ausschließlich Reservisten um die Abfertigung – und auch hier wird das Personal vor Weihnachten aufgestockt, um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten. Die Logistikhalle ist in etwa so groß wie ein halbes Fußballfeld, dort werden die Sendungen nach Einsatzland, Zielgebiet und Einheit sortiert, auf Flugsicherheit geprüft und treten dann ihre Weiterreise in die große weite Welt an.
Doch das Ganze funktioniert natürlich auch in umgekehrter Richtung. Von 8:30 bis 19 Uhr hat Martin an Werktagen geöffnet. Nach einem dienstfreien Samstag schließt er die Feldpostamt dann am Sonntagnachmittag noch einmal auf, so dass die Soldatinnen und Soldaten nach dem Dienst noch einmal etwas verschicken können. 90 Pakete treten hier jeden Tag ihre Reise Richtung Heimat an. Auch hier war das Aufkommen in den vergangenen Wochen in etwa doppelt so groß wie sonst. Für Oberstabsfeldwebel Martin war das Gesamtvolumen im Vergleich mit seinem Zustellbereich zwar geringer, erforderte aufgrund der Abläufe aber dennoch längere Dienstzeiten als zuhause. Einerseits ist das mal eine Abwechslung zum Postalltag, andererseits fehlen ihm aber auch die Rückzugsmöglichkeiten: „Mein eigenes Bett, mal in Ruhe vor dem Fernseher die Füße hochlegen, die Zuhause-Zeit mit der Familie.“
Dafür kommt nun allmählich Weihnachtsstimmung auf in Rukla. Die Gemeinschaftsräume sind geschmückt, man rückt zusammen. Die Soldatinnen und Soldaten öffnen ihre Päckchen aus der Heimat und freuen sich über Lebkuchen, Fotos oder über selbst gemalte Bilder und Basteleien der Kinder. Die Feldpost transportiert nicht bloß Päckchen, sondern Emotionen. Als Teil des Ganzen sorgt Oberstabsfeldwebel Martin dafür, dass diese im Einsatz ankommen.