Am 26. September ist Bundestagswahl. Im Vorfeld hatten Interessenverbände die Möglichkeit, bei den Parteien bis zu acht sogenannte Wahlprüfsteine einzureichen, also konkrete Fragen zum eigenen Arbeitsbereich zu formulieren. Auch der Reservistenverband beteiligte sich an dem Verfahren und befragte die sechs im Bundestag vertretenen Fraktionen zur Reserve der Bundeswehr im Allgemeinen, zum Heimatschutz und zu einem möglichen Gesellschaftsdienst. Hier lesen Sie jeden Tag die Antworten auf eine der von uns gestellten Fragen.
Die Reihenfolge richtet sich dabei nach den Stimmanteilen bei der Bundestagswahl 2017. Die Antworten werden eins zu eins wiedergegeben, zum Beispiel mit Gendersternchen. Lediglich Abkürzungen werden ausgeschrieben. Thema heute:
Die pandemischen Lagen in 2020 und 2021 haben einen Mangel an Personal in Unterstützungs- und Hilfsfunktionen gezeigt. Wie bewerten Sie ein (freiwilliges) „Jahr für Deutschland“, das etwa bei Rettungsdiensten, Feuerwehr, THW und auch bei der Bundeswehr abgeleistet werden kann?
CDU/CSU
Die unionsgeführte Bundesregierung hat bereits einen freiwilligen Wehrdienst im Heimatschutz unter dem Motto „Dein Jahr für Deutschland“ eingeführt. Feuerwehren, Technisches Hilfswerk, Rettungsdienste und freie Träger sind auf das langfristige und stetige Engagement der Menschen vor Ort angewiesen. Diejenigen, die sich aufopfernd und unentgeltlich rund um die Uhr für die Sicherheit ihrer Mitmenschen einsetzen, müssen dauerhaft unterstützt werden. Sie sind Vorbilder in unserer Gesellschaft. Mit weiteren Anreizen wollen wir die vielen Frauen und Männer, die sich heute schon ehrenamtlich für die Sicherheit einsetzen, auch künftig für diese Aufgabe begeistern und weitere Menschen hierfür gewinnen. Wichtig ist, dass das breit vorhandene ehrenamtliche Engagement aufgegriffen, koordiniert und unterstützt wird. Ehrenamtsbörsen und Freiwilligenagenturen sind gute Beispiele, um Angebot und Nachfrage zusammenzubringen. Ehrenamt muss angemessen gewürdigt werden durch Arbeitgeber und die Kommunen.
SPD
Mit dieser Fragestellung werden wir uns gerne befassen.
AfD
Die AfD setzt sich ausdrücklich für die sofortige Wiedereinsetzung der Wehrpflicht ein. Diese müsste um ein Gemeinschaftsdienstjahr ergänzt werden. Dieses fände Anwendung für Frauen sowie Männer, die sich nicht für den Wehrdienst entscheiden. Der Gemeinschaftsdienst soll im Bereich Pflege, Technisches Hilfswerk oder Feuerwehr geleistet werden.
FDP
Über den Bundesfreiwilligendienst ist bereits heute der Einsatz unter anderem für Einrichtungen des Zivil- und Katastrophenschutzes möglich. Deshalb sollte hier auch kein Konkurrenzprogramm aufgebaut werden. Auch in der Bundeswehr ist der Freiwilligendienst schon etabliert. Statt neuer Programme braucht es mehr Werbung für die bestehenden Programme und Möglichkeiten. Wichtig ist es uns Freien Demokraten, die Attraktivität der ehrenamtlichen Tätigkeit bei Feuerwehren, Rettungsdiensten und THW zu steigern. Die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag hat beispielsweise in einer Initiative vorgeschlagen, dass von der Bundesregierung Strategien entwickelt und Projekte gefördert werden sollen, die das Ziel haben, mehr Menschen für den Einsatz in Freiwilligen Feuerwehren zu gewinnen (vgl. „Zukunft der Feuerwehren modern und attraktiv gestalten“, BT-Drs. 19/11108 – PDF). Während wir das freiwillige Engagement junger Menschen begrüßen und stärker fördern wollen, lehnen wir einen Zwangsdienst ab. Wir wollen junge Menschen selbst über ihre Zukunft entscheiden lassen und sie nicht gegen ihren Willen zu einem Gesellschaftsjahr oder einer Dienstpflicht verpflichten.
LINKE
Bürgerschaftliches Engagement stellt eine zentrale Form der demokratischen Teilhabe in der Gesellschaft dar. Es erfordert und generiert mündige Menschen, die sich selbstlos für das Gemeinwesen einsetzen. Bürgerschaftliches Engagement ist eine Form gesellschaftlicher Beteiligung zur Stärkung des Zusammenhalts und der Demokratie. Es ergänzt die öffentliche Daseinsvorsorge in staatlicher Verantwortung und darf sie nicht ersetzen. Die sich in der Corona-Krise offenbarenden Mängel haben ihre Gründe allerdings in der Vernachlässigung zentraler Bereiche öffentlicher Daseinsvorsorge, der Ökonomisierung und Privatisierung in diesem Bereich und des Kaputtsparens öffentlicher Haushalte (Stichwort: Schuldenbremse). Diese Fehlentwicklungen können und sollen nach Ansicht der LINKEN nicht durch freiwilliges soziales Engagement behoben werden, sondern durch Ausbau der hauptamtlichen Strukturen wie des öffentlichen Gesundheitsdienstes und Aufwuchs der Stellen. Der Charakter von freiwilligem Engagement muss erhalten bleiben. Deswegen muss eine Monetarisierung verhindert werden, und Engagement darf keine sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze ersetzen oder verhindern.
GRÜNE
Jeder Mensch, der das möchte, soll garantiert einen Freiwilligendienst in Deutschland oder Europa machen können. Wir GRÜNE wollen die Jugendfreiwilligendienste (wie das Freiwillige Soziale Jahr und das Freiwillige Ökologische Jahr) und den Bundesfreiwilligendienst auf 200.000 Plätze jährlich verdoppeln. Die Freiwilligendienste sollen besser ausfinanziert werden, damit sich junge Menschen unabhängig vom Einkommen ihrer Eltern engagieren können. Dafür wollen wir die Taschengeldsätze auf ein einheitliches Niveau anheben und kostenlose ÖPNV-Tickets ermöglichen. Die Rahmenbedingungen sollen inklusiver werden, damit jede*r, egal ob jung oder alt, ob zu Beginn, in einer Orientierungsphase oder nach Beendigung des Berufslebens, einen passenden Freiwilligendienstplatz für sich findet.
Thema morgen
Die Bundeswehr konkurriert um die besten Köpfe mit der Wirtschaft und der öffentlichen Verwaltung. Welche Anreize möchten Sie für Arbeitgeber schaffen, um die Freistellung von Reservisten für den Dienst in der Bundeswehr zu fördern?
Bisherige Themen:
Welche Rolle kommt innerhalb Ihrer sicherheitspolitischen Konzeption der Reserve zu?
Wie sollte die Ausrüstung für die Reserve der Bundeswehr künftig gestaltet sein?
Was halten Sie von einem Allgemeinen Gesellschaftsdienst?
Darüber hinaus lesen Sie in der aktuellen loyal, welche sicherheits- und außenpolitischen Positionen die Parteien vertreten.