Am 26. September ist Bundestagswahl. Im Vorfeld hatten Interessenverbände die Möglichkeit, bei den Parteien bis zu acht sogenannte Wahlprüfsteine einzureichen, also konkrete Fragen zum eigenen Arbeitsbereich zu formulieren. Auch der Reservistenverband beteiligte sich an dem Verfahren und befragte die sechs im Bundestag vertretenen Fraktionen zur Reserve der Bundeswehr im Allgemeinen, zum Heimatschutz und zu einem möglichen Gesellschaftsdienst. Hier lesen Sie jeden Tag die Antworten auf eine der von uns gestellten Fragen.
Die Reihenfolge richtet sich dabei nach den Stimmanteilen bei der Bundestagswahl 2017. Die Antworten werden eins zu eins wiedergegeben, zum Beispiel mit Gendersternchen. Lediglich Abkürzungen werden ausgeschrieben.
Darüber hinaus lesen Sie in der aktuellen loyal, welche sicherheits- und außenpolitischen Positionen die Parteien vertreten.
Thema gestern: Welche Rolle kommt innerhalb Ihrer sicherheitspolitischen Konzeption der Reserve zu?
Heimatschutz und Landes- und Bündnisverteidigung sind mit dem Weißbuch (2016) wieder in den Fokus gerückt, die Strategie der Reserve (2019) überträgt der Reserve viel Verantwortung. Welche Weichen möchten Sie stellen, um die Einsatzfähigkeit der Reserve in den nächsten Jahren sicherzustellen?
CDU/CSU
CDU und CSU wollen, dass die Bundeswehr Reservisten erheblich breiter in der Gesellschaft gewinnt und die Reserve zu einem einsatzfähigen Personalkörper für alle Aufgaben der Bundeswehr ausbaut. Die Reserve ist integraler Bestandteil einer einsatzbereiten Bundeswehr. Dafür muss sie personell wie materiell gut ausgestattet und in Übung gehalten werden. Die Führung der Reserve muss stärker im Verteidigungsministerium verortet werden.
SPD
Reservisten und Reservistinnen leisten einen wertvollen und wichtigen Dienst in der Bundeswehr und für unsere Gesellschaft. Die Corona-Pandemie hat eindrucksvoll gezeigt, dass sich unser Land auf die Reserve verlassen kann. Wir werden uns weiterhin dafür stark machen, dass die Bundeswehr und die Reserve gut aufgestellt sind. Daher setzen wir uns für eine professionelle und agile Reserve ein. (gleiche Antwort wie auf die erste Frage)
AfD
Wir begrüßen die Rückbesinnung auf Heimatschutz und Landesverteidigung. Das war schon immer eine Forderung der AfD. Viele Reservisten sind sehr leistungswillig. Im Rahmen der Dienstaufsicht werden Reservekompanien von den Kommandeuren auch immer wieder gelobt. Nachholbedarf sehen wir in der Förderung und Weiterbildung der Reservisten. So sollten Lehrgänge der aktiven Truppe für alle Reservisten (beorderte und unbeorderte) wieder zugänglich sein. Auch die Möglichkeit einer Ausbildung im Neuen Schießkonzept (N SAK) sollte für Reservisten angeboten werden. Wir sind der Überzeugung, dass wir auf Dauer nur mit Wiedereinsetzung der Wehrpflicht genügend Reservisten bekommen werden. Das Projekt der „Freiwillig Ungedienten“ ist ein guter Ansatz, der noch weiter ausgebaut werden sollte. Aber hier, wie auch allgemein, fordern wir mehr Flexibilität von der Bundeswehr und weniger Bürokratie.
FDP
Der Bedeutungszuwachs, den die Reserve in den letzten Jahren erfahren hat, war richtig. Aus militärischer Sicht sind die Fähigkeiten der Reservisten der Bundeswehr unerlässlich. Aber auch ihre Wirkung in die Mitte der Gesellschaft helfen der Bundeswehr in der Bevölkerung verankert zu bleiben. Wichtig wird aus unserer Sicht künftig sein, die konzeptionellen Überlegungen zur Reserve auch in die Praxis umzusetzen. Dies beinhaltet unter anderem, die neuen Strukturen der Reserve so mit Leben zu füllen, damit der Dienst in der Truppe weiterhin nützlich und sinnstiftend ist. Wir Freie Demokraten werden diesen Weg tatkräftig unterstützen.
LINKE
Die sicherheitspolitische Konzeption der LINKEN lehnt ab, dass die Bundesregierung viele politische Herausforderungen im Gefolge der USA mit Sanktionen, militärischer Machtprojektion und Waffenexporten in Krisenregionen zu beantworten sucht. Der Zweck der Reserve der Bundeswehr ist die personelle Verstärkung der Bundeswehr im Spannungs- oder Verteidigungsfall, wenn also das Territorium der Bundesrepublik angegriffen wird, oder solch ein Angriff zu erwarten ist. Selbst die Bundesregierung räumt in Ihren Unterrichtungen ein, dass eine Gefährdung des Territoriums der Bundesrepublik nicht absehbar ist. Schon vor dem Hintergrund der realen Personenstärke-Verhältnisse zwischen den Armeen der NATO und Russlands ist die vermeintliche Notwendigkeit einer personellen Aufstockung stehender Strukturen durch beorderte Reservisten im Rahmen der Truppenreserve mit der Begründung der Landes- und Bündnisverteidigung absurd. Diese Beorderungen werden auch dazu benutzt, die Realität zu verschleiern, dass der Aufwuchs des Gesamtsolls an Soldat*innen der Bundeswehr auf mehr als 203.000 auch mittelfristig nicht erreicht werden kann. Die LINKE lehnt die Grundausrichtung der Strategie der Reserve von 2019 daher ab. Wie die Hochwasserkatastrohe im Juni dieses Jahres eindrücklich zeigt, sind die zivilen Träger von Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe seit ihrer jahrzehntelangen relativen Unterfinanzierung noch nicht wieder in die Lage versetzt worden, ihre Aufgaben zur Bewältigung von Krisen und Naturkatastrophen selbstständig zu meistern. Solange dieser Zustand noch so andauert, kann auch der Einsatz der territorialen Einheiten der Reserve im Rahmen der Amtshilfe für eine Übernahme von solchen Aufgaben sinnvoll sein. (gleiche Antwort wie auf die erste Frage)
GRÜNE
Die Strategie der Reserve ist das zentrale Steuerungsdokument und die Implementierung deckt einen Zeitraum bis über das Jahr 2032 hinaus ab. Die Bundeswehrführung räumt selbst ein, dass es z.B. im Bereich Territorialstruktur, Landeskommandos, Heimatschutzregimenter oder Freiwilligendienst im Heimatschutz noch zahlreiche Hausaufgaben zu erledigen gibt. Entscheidend für eine einsatzfähige Reserve sind aus unserer Sicht auch Information, Übungen und Material um die Aufgaben wahrzunehmen.
Thema am Montag:
Wie sollte die Ausrüstung für die Reserve der Bundeswehr künftig gestaltet sein?