Am 26. September ist Bundestagswahl. Im Vorfeld hatten Interessenverbände die Möglichkeit, bei den Parteien bis zu acht sogenannte Wahlprüfsteine einzureichen, also konkrete Fragen zum eigenen Arbeitsbereich zu formulieren. Auch der Reservistenverband beteiligte sich an dem Verfahren und befragte die sechs im Bundestag vertretenen Fraktionen zur Reserve der Bundeswehr im Allgemeinen, zum Heimatschutz und zu einem möglichen Gesellschaftsdienst. Hier lesen Sie jeden Tag die Antworten auf eine der von uns gestellten Fragen.
Die Reihenfolge richtet sich dabei nach den Stimmanteilen bei der Bundestagswahl 2017. Die Antworten werden eins zu eins wiedergegeben, zum Beispiel mit Gendersternchen. Lediglich Abkürzungen werden ausgeschrieben. Heute geht es um die letzte der acht Fragen:
Wie stehen Sie zur Altersgrenze für Reservistinnen und Reservisten? Sollten Reservistinnen und Reservisten die Uniform auch nach Erreichen der Altersgrenze behalten dürfen?
CDU/CSU
Es besteht keine Absicht, die im Soldatengesetz festgesetzte Höchstaltersgrenze von 65 Jahren für Heranziehungen anzuheben. Reservistendienst über die allgemeine Altersgrenze von 65 Jahren hinaus entspricht zwar dem Wunsch einzelner Reservisten, bildet jedoch nicht den Bedarf der Streitkräfte ab. Mit der Strategie der Reserve (SdR) wird der Schwerpunkt auf die Truppenreserve und die Territoriale Reserve gelegt, auf die Ergänzungs- und Feldersatztruppenteile sowie die Heimatschutzkräfte, wozu mehrheitlich jüngere Reservistinnen und Reservisten gebraucht werden. Wer sich im höheren Alter einbringen möchte, kann dies bereits in der Allgemeinen Reserve tun – allerdings nicht im Soldatenstatus. CDU und CSU unterstützen die Initiative des Reservistenverbands, auf die Auskleidung in Zukunft zu verzichten. Der Umgang mit der Uniformtrageerlaubnis für lebensältere Reservisten muss ordentlich gehandhabt werden. Wir wollen, dass da, wo Reservistinnen und Reservisten ihren Dienst leisten wollen, sie die Uniform auch behalten dürfen.
SPD
Gesetzliche Regelungen zur Altersgrenze dienen dem Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Dies gilt auch Soldatinnen und Soldaten und damit ebenso für Reservedienst Leistende. Die Einführung einer gesetzlichen Altersgrenze ist aber nicht nur allein eine Frage des Schutzes von Beschäftigten, sondern auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit. Es gibt ein großes Potenzial an ehemaligen Bundeswehrangehörigen, die nach Beendigung ihrer aktiven Dienstzeit in der Reserve Dienst leisten können und auch möchten. Der größte Anteil an potenziellen Reservedienst Leistenden rekrutiert sich aus Soldatinnen und Soldaten, die freiwillig ihren Wehrdienst oder als Soldaten auf Zeit in der Bundeswehr ihren Dienst leisten. Aufgrund der Altersstruktur sind diese potenziellen Reservistinnen und Reservisten in der Lage, über Jahre hinweg Reservedienst leisten zu können. Sie tragen damit einen wichtigen Beitrag zur Funktionsfähigkeit der Bundeswehr bei. Die Beendigung des Reservedienstes stellt sicherlich einen großen Einschnitt für motivierte und engagierte Staatsbürger in Uniform dar. Alternativ zum Reservedienst ist auch nach Erreichen der Altersgrenze ein ehrenamtliches gesellschaftliches Engagement möglich (z.B. THW, Freiwillige Feuerwehr, DLRG, DRK). Sicher ist auch hier die Expertise der Reservistinnen und Reservisten gefragt, die sie gewinnbringend einbringen können. Die Leistungen und den persönlichen Einsatz in der Reserve gilt es noch weiter anzuerkennen. Die Überlassung des Dienstanzuges in den persönlichen Besitz der Reservistinnen und Reservisten mit Erreichung der Altersgrenze kann dazu beitragen.
AfD
Eine Altersgrenze in Verbindung mit dem Militärdienst, auch in der Reserve, halten wir für sinnvoll. Der Militärdienst ist schließlich mit körperlichen und geistigen Fähigkeiten verbunden. Ferner soll auch der Weg für nachrückende zu Beordernde auf die Dienstposten gegeben sein. Wir halten jedoch eine Ausnahmeregelung in Sonderfällen durchaus angebracht. Solche können sowohl mit einer besonders hohen Spezialisierung als auch mit professionellen Beziehungen zum jeweiligen Dienstposten zusammenhängen und betreffen in der Regel höhere Kommandobehörden, Lehrverwendungen oder wissenschaftliche Dienste. Die Entscheidung darüber sollte beim Reservisten selber und der beordernden Dienststelle liegen. Wir lehnen somit die starre Altersgrenze als nicht mehr zeitgemäß ab. Das Tragen der Uniform ist ein Zeichen der besonderen Verbundenheit des Reservisten mit den deutschen Streitkräften und umgekehrt. Das Einziehen der Uniform der Bundeswehr nach Erreichen der Altersgrenze ist nicht sinnvoll und bringt kaum finanzielle Vorteile, da die Verwendung der alten Uniform in den meisten Fällen wohl nicht mehr stattfindet. Die Uniformtrageerlaubnis muss ein Leben lang gelten. Allerdings halten wir das Überlassen des dienstlichen Eigentums an nicht Beorderte für unzweckmäßig und auch nicht notwendig.
FDP
Wir Freie Demokraten wollen das Höchstalter für Reservisten der Bundeswehr abschaffen. In Krisenzeiten wie bei Flutkatastrophen oder der Corona-Pandemie haben sich Tausende von Reservisten freiwillig gemeldet, um zu helfen, und im Dienst tadellos bewährt. Nach der derzeitigen Rechtslage dürften aber beispielsweise benötigte Spezialisten ab dem 65. Lebensjahr keinen Reservedienst in der Bundeswehr leisten. Viele Reservisten fühlten sich aber noch gesund genug, um weiterhin einen freiwilligen Dienst für die Gesellschaft mit ihrem Fachwissen zu leisten. Die Uniform bei Erreichen der aktuellen Altersgrenze behalten zu dürfen, ist aus unserer Sicht ein richtiges Zeichen des Danks und der Anerkennung des Dienstherrn und der Gesellschaft. Hierfür hat sich die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag mit der Initiative „Höchstalter der Reserve abschaffen“ (BT-Drs. 19/29087 – PDF https://dserver.bundestag.de/btd/19/290/1929087.pdf) eingesetzt. Lassen Sie uns dazu auch nach der Bundestagswahl im Gespräch bleiben.
LINKE
Die LINKE hält eine Erhöhung der Gesamtstärke der Soldat*innen der Bundeswehr weder für sicherheitspolitisch klug noch für militärisch notwendig. Aus diesem Grunde lehnt die LINKE auch eine Erhöhung der Zahl der Beorderungen für Reservisten ab. Aus demselben Grunde halten wir eine Debatte über die Erhöhung des Alters von Reservisten für unnötig, und die Beispiele, die diese Maßnahme begründen sollen, für abwegig. Ärzte beispielsweise, die auch nach ihrer Pensionierung ihre Expertise zum Wohle von Patient*innen weitergeben wollen, können dies auch in einem zivilen Zusammenhang tun, wo diese Expertise mindestens genauso vonnöten ist. (vgl. Antwort auf Frage 7 – Stellen für Reservisten)
GRÜNE
Wir müssen dringend darüber sprechen, wie wir wertvolles Wissen in den unterschiedlichen Bereichen der Bundeswehr besser erhalten. Die Debatte ist deshalb für uns noch längst nicht vorbei. Für uns ist klar, dass das Höchstalter der Reserve nicht pauschal aufgehoben werden kann. Denn dafür sind die Unterschiede und die Anforderungen der einzelnen Truppengattungen oft viel zu unterschiedlich. Hier müssen wir dazu kommen, deutlich differenzierter zu diskutieren. Klar ist, es braucht eine gesundheitliche Eignung und die Freiwilligkeit als grundlegende Voraussetzungen. Wir müssen uns aber auch darüber unterhalten, welche Grenzfälle dabei betrachtet werden müssen: Für welche Truppengattungen und Mannschaftsdienstgrade genau sollen die Aufhebung der Altersgrenze gelten und auch welche Anreize wollen wir dabei setzen? Das sind Fragen, mit denen wir GRÜNE uns auch wieder in der nächsten Legislaturperiode im Bundestag beschäftigen werden.
Bisherige Themen:
Welche Rolle kommt innerhalb Ihrer sicherheitspolitischen Konzeption der Reserve zu?
Wie sollte die Ausrüstung für die Reserve der Bundeswehr künftig gestaltet sein?
Was halten Sie von einem Allgemeinen Gesellschaftsdienst?
Wie bewerten Sie ein (freiwilliges) Jahr für Deutschland?
Darüber hinaus lesen Sie in der aktuellen loyal, welche sicherheits- und außenpolitischen Positionen die Parteien vertreten.