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So lief der „Reserve Force Winter Course“ in Schweden




So macht der Ski-Marsch Spaß: Bei der Winterausbildung in Schweden stand unter anderem das Abschleppen mit dem Bandvagn auf dem Lehrplan.

Fotos: privat

Schwedenwinterausbildung

Schweden strebt in die NATO. Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine hatte sich das Land gemeinsam mit Finnland dazu entschlossen, dem Bündnis beitreten zu wollen. Nur die Türkei und Ungarn stellen sich quer. Nichtsdestotrotz gibt es auf Reserve-Ebene schon enge Verbindungen zwischen Schweden und den NATO-Ländern. Neben bilateralen Beziehungen kommt dies vor allem in der Zusammenarbeit in der interalliierten Vereinigung der Reserveoffiziere CIOR zum Ausdruck. Nach drei Jahre langer Coronapause fand in diesem Monat auch wieder der „Reserve Force Winter Course“ statt, veranstaltet vom Verband schwedischer Reserveoffiziere (SVEROF).

Nach dem bewährten Motto „Reservisten bilden Reservisten aus“ hatten vier schwedische Reserveoffiziere im Camp Ånn in der Provinz Jämtland (Zentralschweden) ein forderndes Programm für die 20 Teilnehmer vorbereitet. Neben Reservisten und Soldaten aus Schweden, Finnland, Dänemark und Estland waren auch drei Teilnehmer aus Deutschland bei dieser absoluten Hochwert-Ausbildung dabei. „Schon die Anreise war ein Erlebnis für uns“, berichtet Oberstleutnant d.R. Carsten Wagner, erster Stellvertretender Vorsitzender der Landesgruppe Hamburg im Reservistenverband. Mehr als 1.500 Kilometer legten er und seine Kameraden, Fahnenjunker d.R. Finn-Valentin Kolitsch und Obergefreiter d.R. Lorenz Tontsch, per Bus, Bahn und Flugzeug zurück. „Spätestens nach der Landung in Östersund zeigte sich nun auch ein richtiger, schwedischer Winter mit ein paar Minusgraden und richtig viel Schnee.“

Das Eis war schnell gebrochen

Am Nachmittag des ersten Tages (Sonntag) trafen nach und nach alle Teilnehmer in Camp Ånn ein, einem Ausbildungslager für Militär und zivile Organisationen. „Die vielbeschworene Kameradschaft zeigte sich auch hier, innerhalb kürzester Zeit war das Eis gebrochen und alle Teilnehmer haben sich auf Anhieb miteinander gut verstanden. Sprachbarrieren gab es kaum, das Englisch wurde notfalls mit Wörtern der eigenen Landessprache gefüllt und irgendwer verstand es immer und konnte notfalls übersetzen“, erzählt Wagner.

Schon bei der Vorstellungsrunde und dem ersten gemeinsamen Abendessen war schnell klar, dass eine heterogene Truppe zusammengekommen war. „Ein Querschnitt durch alle Alters- und Dienstgradgruppen, mit und ohne Einsatzerfahrung und verschiedene zivile Hintergründe zeichneten unseren Durchgang aus“, sagt Wagner. Als Abschluss des Tages stand der Bekleidungs- und Ausrüstungsempfang auf dem Plan. Es war ein bisschen wie in der Grundausbildung: In Reihe angetreten gab es im Lager reichlich Winterkleidung und Ausrüstung wie Kochgeschirr, Schlafsäcke und Rucksack. Kurzum: Anschließend sahen alle aus wie schwedische Rekruten.

Am Folgetag ging es dann richtig los: Am Vormittag gab es noch theoretische Unterrichtseinheiten zum Umgang mit Kälte, Schnee und Erfrierungen sowie einer Einweisung in das schwedische Uniformsystem. Im Anschluss wurde die Ausrüstung vorbereitet. Skier wurden empfangen, Bindungen eingestellt und die Schlitten für die einzelnen Gruppen – Squads zu sechs bzw. sieben Soldaten – vorbereitet. Abends wurden die Skier am offenen Lagerfeuer im Schnee mit Harz gewachst.

„Buddy-Check“ und Ski-Ausbildung

Die Praxisübungen folgten dann am Dienstag. Unterkühlte Füße wurden feldmäßig aufgewärmt und der „Buddy-Check“ geübt – die folgenden Tage sollte es Routine werden, dass sich die Kameraden gegenseitig auf Erfrierungen und Unterkühlungen an Fingern, Füßen, Ohren und der Nase prüfen. Die entsprechenden Maßnahmen und Aufwärmübungen sollten alle sicher anwenden können. Weiter ging es mit den Grundlagen der Ski-Ausbildung, insbesondere für die Kameraden ohne Ski-Erfahrung eine spannende Herausforderung. Bei sonnigem Winterwetter übten die Teilnehmer die Bewegungsarten im tiefen Schnee sowie das An- und Ablegen der Ski-Ausrüstung. Es folgte die Marschroutine der schwedischen Jäger: In einer 15-minütigen Pause sollten die Socken gewechselt und etwas heißes Wasser getrunken werden. In der großen Pause, üblicherweise nach einem vierstündigen Ski-Marsch, kommt das Kochset zum Einsatz, um Schnee für Essen und Getränke zu schmelzen und das Wasser zu kochen. „Im hohen Schnee und bei der Kälte ist es komplizierter und zeitaufwändiger, als man vielleicht vermuten könnte. Zwischendurch wurden die Gruppen in das Feuermachen mit Birkenrinde, Totholz von Tannen und dem Feuerstahl eingewiesen. Mit ein wenig Übung haben alle auch diese Aufgabe gut gemeistert“, berichtet Carsten Wagner.

Die ersten beiden langen Ausbildungstage waren vollgepackt mit Wissen und Vorbereitungen. Am Mittwoch ging es dann raus ins Biwak und zur praktischen Anwendung. „Nach einer Stunde Ski-Marsch, bei der uns eine Rentierherde passierte, gelangen wir zum See in Klöcka. Die Ausbilder hatten alles für den ‚Ice Breaking Drill‘ vorbereitet. Simuliert wurde ein Einbrechen im Eis und ein erfolgreiches Aussteigen aus dem Wasser. Im Tiefschnee auf dem See zogen wir uns Sportanzüge an und nun ging es zum vorbereiteten Loch im Eis. Nach dem buchstäblichen Sprung ins kalte Wasser galt es, die erste Panik zu überwinden, sich selbst und den Puls zu beruhigen und nach ca. 30sek mit einem Versuch aus dem Wasser zu klettern“, erzählt Wagner. Dann im Schnee ausziehen, abtrocknen, rein in die Winteruniform und zehn Minuten Laufen, um in die kalten Füße und die blauen Finger wieder Wärme zu bekommen. 2Für die meisten von uns war dies eine neue, spannende Erfahrung.“

Im Laufe des Tages ging es für die Gruppe weiter zum ersten Biwakraum. „Nach einer praktischen Unterrichtung wurden wir alle etwas verteilt, damit jeder Teilnehmer allein für sich seinen Schlafplatz vorbereiten konnte. Alleine überleben im Schnee bis wir wieder Anschluss an die Gruppe finden, das war das Ziel der Ausbildungsstation.“ Bevor die Dämmerung einsetzte, musste sich jeder eine geschützte Mulde schaufeln, ausreichend Feuerholz sammeln und die Schlafstätte mit Tannenzweigen isolieren. Danach konnte jeder für sich die Ruhe und den atemberaubenden Sternenhimmel der schwedischen Winterlandschaft genießen. Am flackernden Lagerfeuer wurde noch ein Essen gekocht und dann ging es frühzeitig in den Biwaksack. Trotz Schneefall und minus 23 Grad Celsius haben die meisten Teilnehmer die Nacht warm und trocken überstanden.

Ski-Marsch in den nächsten Biwakraum

Immerhin. Denn auch der nächste Tag war gefüllt mit fordernden Ausbildungen. „Nach dem Frühstück und dem Verpacken der Ausrüstung haben wir uns in der Vorbereitung und dem Betreiben eines Signalfeuers geübt. Da uns trotz gutem und stark qualmendem Feuer kein Hubschrauber gerettet hat, sind wir auf Skiern weitergezogen“, erzählt Wagner. Geübt wurde das Abschleppen durch den „Bandvagn“. Mit den Skistöcken hakt man sich gruppenweise am Seil ein und dann geht die Fahrt los. Ein paar Stürze der Ski-Anfänger gehörten zur großen Übungsrunde dazu. Zur Mittagspause fand sich die Gruppe auf einer Hügelkuppe über der Baumgrenze ein und bei sonnigem, klarem Wetter hat jeder sein Kochset zur Zubereitung von Essen und Kaffee benutzt. Der Ski-Marsch am Nachmittag führte die Teilnehmer in den nächsten Biwakraum. Das tolle Sonnenwetter konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass es noch einmal kälter geworden war.

Für die Nacht standen einfache Gruppenzelte mit einem kleinen Ofen zur Verfügung. Zur Vorbereitung musste jede Gruppe eine Grube mit rund fünf Metern Durchmesser und einem Meter Tiefe im Schnee schaufeln – eine schweißtreibende Arbeit. Danach wurde das Zelt aufgebaut, Tannenzweige als Bodenbelag gesammelt und Feuerholz vorbereitet. Nach dem Sonnenuntergang sind alle drei Gruppen im Zelt verschwunden und haben sich über einen trockenen, eisfreien Schlafplatz gefreut. Der kleine Ofen sorgte dafür, dass die Temperatur im Zelt über den Gefrierpunkt kletterte. Jeder wurde zu einer 90-minütigen Feuerwache eingeteilt. „Ich habe mich von 00:00 bis 01:30 um den Ofen gekümmert und bin anschließend nochmal für ein paar Minuten aus dem Zelt gegangen, um die Ruhe zu genießen. Der Ausflug nach draußen war kurz, in dieser Nacht hatten wir minus 28 Grad“, erinnert sich Wagner.

Von kuscheliger Wärme in der Nacht konnte zwar keine Rede sein. „Dennoch freuten wir uns morgens, dass Handschuhe und Stiefel nicht – wie am Vortag – eingefroren sind und man sich das Frühstück geschützt im Zelt zubereiten konnte. Abmarschiert sind wir wieder wieder mit Ski und Schlitten, zwischendurch wurde jede Gruppe nochmal für ein bis zwei Kilometer mit dem Hägglund Bandvagn gezogen. Wir hatten bisher viel Glück mit dem Wetter, aber an diesem Tag wurde es trüber und auch tagsüber kälter als minus 10 Grad.“ Nach einem längeren Marsch mit ausgedehnter Mittagspause erreichte die Gruppe am Nachmittag erschöpft das Camp Ånn. Nach der Nachbereitung der Ausrüstung stand auch Sauna auf dem Programm. Unter Anleitung der finnischen Kameraden gab es ausgedehnte, sehr heiße Saunagänge und natürlich das obligatorische Abkühlen nackt im Schnee…

Historische Exkursion zum Abschluss

Nachdem die Ausrüstung und Bekleidung abgegeben war, ging es auf eine militärhistorische Exkursion. „Im nahen Handöl konnten wir nach Kaffee und Waffeln ein kleines Museum besuchen und im Anschluss gab es einen militärgeschichtlichen Vortrag zum Todesmarsch der Karoliner unter General Armfeldt im Jahre 1719“, erzählt Wagner. Eine Gedenkstätte in Handöl weist auf die Tragödie und auf das Massengrab mit ca. 600 toten Soldaten hin. Weiter ging es zum Mittag auf eine Touristenstation mit spektakulärer Aussicht auf die Berge, später dann wieder zurück ins Camp zur offiziellen Abschlussbesprechung mit Auswertung, Evaluierung und dem Austausch einiger Geschenke wie Wappen und Coins. Das gemeinsame Abendessen und das kameradschaftliche Bier an der Bar haben diesen Tag abgerundet.

Am Sonntagmorgen ging es bei starkem Schneefall zurück in die jeweiligen Heimatländer. Mit dem Besteigen des Zuges Richtung Östersund auf dem völlig verschneiten, kleinen Bahnhof ging eine anstrengende und spannende Ausbildungswoche mit vielen intensiven Erfahrungen zu Ende. Neben dem individuellen Ausbildungserfolg freuen sich die deutschen Teilnehmer über die neu geschlossenen Freundschaften und über die neu geknüpften  kameradschaftlichen Verbindungen in die Teilnehmernationen.

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