Wort für Wort – Frauen auf dem Weg in die Bundeswehr: Teil II
1984 erscheinen in der loyal erstmals zwei Kommentare. Beide Autoren sind sich einig, dass die Verknüpfung der Frage über Frauen in der Bundeswehr mit der moralischen Debatte über Waffengebrauch und Kriegsdienst fehl am Platz ist. Und Recht haben sie: Frauen wollen gleichberechtigt sein und Gleichberechtigung schließt auch gleiche Verpflichtungen ein – auch die Wehrpflicht. Ob man ideologisch hinter einem Kriegsdienst steht, ist eine andere Frage. Daran, dass das eigentlich bis heute rechtlich nicht umgesetzt worden ist, denkt derzeit nur keiner, weil die Wehrpflicht in Deutschland ausgesetzt ist.
Bemerkenswert ist, dass die Diskussion um Frauen in der Bundeswehr vor allem durch die Angst vor dem angekündigten Geburtenrückgang – dem sogenannten Pillenknick – in den 80ern immer mehr in die Mitte der Gesellschaft rückt, obwohl viele der Autoren das Argument als Vorwand bezeichnen. 1987 erscheinen Frauen erstmals als Titelthema im "Truppenbild mit Damen – Frauen in den Streitkräften". Im begleitenden Kommentar steht, dass es "für die Soldaten ungleich schwieriger sein wird, sich an weibliche Kameraden zu gewöhnen. Bei dem in Jahrtausenden gefestigten Rollenverständnis können die Männer nicht so leicht über ihren eigenen Schatten springen." Der Autor fordert "genügend Zeit" für die Männer. Darüber kann man nur lachen. Um nicht zu heulen, versteht sich. Immerhin macht er sich für Frauen in der Bundeswehr stark. Aber damit hört es auch schon auf, denn offenbar lebt der Autor selbst noch in der Steinzeit: Frauen sind "instinktiv bereit zu verteidigen. Man denke nur an die sprichwörtliche Löwin und ihr Junges". Nach so vielen an den Haaren herbeigezogenen Klischees auf der ersten Seite der Ausgabe kommt ganz unverhofft Besserung in einem ausführlichen Bericht über die Situation der Frauen in anderen Streitkräften – zum damaligen Zeitpunkt in "33 Staaten der Erde". Nicht allzu überraschend ist, dass der Artikel von einer Frau stammt.
Kosmetik und Klischees
Auch in der Oktober-Ausgabe des Jahres 1987 wird das Thema wieder aufgegriffen. Der Titel "Lippenstift und Patronen" verspricht dabei nicht zu viel, es handelt sich tatsächlich an vielen Stellen um eine Abhandlung über die Vereinbarkeit von Schminke und Waffen: "Die Trefferergebnisse (auf der Schießbahn) überzeugen, daß auch mit lackierten Fingernägeln im Ernstfall gekämpft werden kann." Sag bloß. Die Rede ist übrigens – mal wieder – von israelischen Soldatinnen. Die scheint der Autor sehr aufmerksam beobachtet zu haben: "Während die Männer in Ruhe vor der Tür in lockerer Formation angetreten sind, hat sich vor dem anderen Eingang eine gestikulierende, lautstarke Traube von Mädchen gebildet, die eher den Eindruck macht, auf den Einlaß in eine Diskothek zu warten. Der militärische Dienst hat die jungen Frauen offenbar nicht verändert oder gar vermännlicht". Erste Beobachtung: Nicht Männer und Frauen, nicht Jungen und Mädchen, sondern von Männern und Mädchen ist die Rede. Zweite Beobachtung: "Lockere Formation" gibt keinen Aufschluss über die Lautstärke der männlichen Gespräche. Und wenn die Soldatinnen in einer Traube stehen, ist ihre Formation ebenfalls locker. Dritte Beobachtung: Woran erkennt man Menschen, die vor einer Diskothek auf den Einlass warten? An ihrer Kleidung und womöglich an ihrem Alkoholpegel. Da alle Anwesenden in der beschriebenen Situation vor dem Speisesaal Uniformen tragen und höchstwahrscheinlich nicht betrunken sind, ist der Vergleich generell verfehlt und durch die Beschränkung auf die Frauengruppe schlichtweg herablassend.
Die Angst der Gesellschaft
Es handelt sich übrigens nicht um den Verfasser der "Panzer-Girls" und im Prinzip geht es hier auch nicht um die Autoren. Journalisten spiegeln in ihren Texten und ihrer Sprache die Gesellschaft. Die Texte der loyal und damit vor allem ihrer männlichen Schreiber veranschaulichen das Bild der Frau, das damals herrschte: Modische Kleider, Lippenstift, Nagellack, Eitelkeit, Geschwätzigkeit und Erotik. Und offensichtlich hatten nicht wenige die Sorge, dass diese "Weiblichkeit" verloren gehen könnte. Zu diesem Schluss kommt auch Inge Dose-Krohn, erstes weibliches Mitglied der loyal-Redaktion von 1986 bis 1997. Im Titelthema der Oktober-Ausgabe 1989 "Frauen in den Nato-Streitkräften: Geschmäht und gelobt" schreibt sie: "Dabei wird weniger die Frage gestellt, ob eine Frau Soldat sein kann, sondern: Kann eine Soldatin überhaupt noch Frau sein? Daß sie es bleibt und wie sehr sie es ist, zeigen augenscheinlich einmal die Ehen mit weiblichen Soldaten, zum anderen – so makaber das klingt – die sexuellen Belästigungen, denen die uniformierte Weiblichkeit immer wieder mal ausgesetzt ist." Natürlich ist es eine Frau, die als erste die Gefahr sexueller Übergriffe anspricht. Das Thema macht die Sorge, dass männliche Soldaten nicht genügend Zeit haben könnten, sich auf weibliche Kameraden einzustellen, geradezu absurd.
Teil III erscheint am Freitag.
(lima)
Bild oben: Soldatin in der Marineschule Mürwik
(Foto: Bundeswehr/ Björn Wilke).
2. Bild: Titelblatt der loyal-Ausgabe April 1987
(Quelle: loyal).
3. Bild: Titelblatt der loyal-Ausgabe Oktober 1989
(Quelle: loyal).