DAS MAGAZIN

Monatlich informieren wir unsere Mitglieder mit der loyal über sicherheitspolitische Themen. Ab sofort können Mitglieder auch im Bereich Magazin die darin aufgeführten Artikel lesen!

Mehr dazu
DER VERBAND

Der Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr (VdRBw) hat mehr als 115.000 Mitglieder. Wir vertreten die Reservisten in allen militärischen Angelegenheiten.

Mehr dazu
MITGLIEDSCHAFT

Werden Sie Teil einer starken Gemeinschaft

Mehr dazu

Wort für Wort – Frauen auf dem Weg in die Bundeswehr: Teil III




Seit 2001 steht die Bundeswehr Frauen ohne Einschränkungen offen: 45 Jahre nach ihrer Gründung. Der Weg dorthin war lang – länger als in vielen anderen Ländern. Eine Reise durchs loyal-Archiv in drei Teilen.

1996 druckt die loyal Argumentationshilfen zum Thema Frauen in der Bundeswehr. Neben juristischen Argumenten wird auf eine Studie des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Bundeswehr verwiesen, die feststellt, dass "keine generalisierbaren Eigenschaften oder Fähigkeiten gegen Frauen als Soldaten sprechen". Dass es für diese Erkenntnis mal eine Studie gebraucht hat, ist erschreckend. Nur ein Jahr später heißt es dann: "Längst haben Mann und Frau sich daran gewöhnt: In unseren Kasernen geben immer mehr und häufiger Frauen den Ton an." Allerdings ist dabei nach wie vor ausschließlich vom Sanitätsbereich die Rede. Auch ein Artikel der Oktober-Ausgabe 1998 porträtiert drei junge Frauen, die eine Unteroffizierslaufbahn im Sanitätsdienst einschlagen. Hier wird zum ersten Mal – und damit viel zu spät – näher auf die Frage der sexuellen Belästigung eingegangen. Die drei "weiblichen Soldaten" – nach wie vor wird nicht von Soldatinnen gesprochen – sagen dazu, dass "natürlich manchmal Schoten gerissen und dumme Sprüche geklopft" würden, aber "massive sexuelle Übergriffe habe es in ihrem Bereich noch nie gegeben". Immerhin keine massiven Übergriffe, das ist doch schon mal etwas.

Zum ersten Mal taucht nun auch Tanja Kreil auf. Die damals 21-Jährige erlangt aufgrund ihrer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof auf Zulassung zum regulären Dienst mit der Waffe immer mehr Berühmtheit. Erst mit dem Urteil am 11. Januar 2000 ändern sich Häufigkeit und Umfang der Berichterstattung auffallend. In der März-Ausgabe wird es Titelthema: "Nach dem Urteil von Luxemburg: Frauen in die Bundeswehr". Neben der rechtlichen Auseinandersetzung beschäftigt vor allem das Zusammenleben von männlichen und weiblichen Soldaten. Immer seltener – und womöglich deshalb umso auffälliger – fallen dabei Worte, die möglicherweise unbeabsichtigte, aber dennoch zweifelhafte Bewertungen anführen. So bezeichnet der Autor von "Macho-Manieren sind Ausnahmen" das Verhalten einer Stabsärztin, die sich gegen die Anrede mit "Schätzchen" durch ihre Kameraden wehrt, als "burschikos". Aber auch die Frauen selbst tun sich immer wieder schwer mit ihrer Gleichberechtigung. Im April wird über die erste Tagung von fünfzig Frauen aller Dienstgrade und Teilstreitkräfte berichtet. Eine der Teilnehmerinnen äußert dort, dass "permanente Erschütterungen wie zum Beispiel beim Panzerfahren (…) nicht unbedingt immer etwas für Frauen sei". Die Erklärung erinnert an die Begründung Saudi-Arabiens für das heute dort herrschende Autofahrverbot für Frauen.

Sexuelle Belästigung
Auch das Titelthema "Frauen zu den Waffen" im Januar 2001 vermittelt zunächst noch den Eindruck, dass Wandel wahrhaft nur schleichend kommt. "Für die Bundeswehr beginnt im 45. Jahr ihres Bestehens, wie manche glauben, die gesellschaftliche Normalität." Gemeint ist der Einzug der Frauen in die Kasernen. Dem stellt der Autor die Argumente der Skeptiker gegenüber: "Eine Armee wie die Bundeswehr hat als Auftrag, sich auf die Möglichkeit des militärischen Einsatzes, des Kampfes, des Kämpfens vorzubereiten. Kulturkritiker stellen die Frage: Ist das auch die Aufgabe der Frau?" Kulturkritiker! Wer nicht alles etwas zu der Debatte zu sagen hat. Ein weiterer Punkt, auf den der Artikel näher eingeht, sind die "nicht nur positiven" Erfahrungen, die Frauen in der Bundeswehr gemacht haben: "Zum Glück habe sie aber in ihrer Militärzeit nie mit sexueller Belästigung zu kämpfen gehabt, sagt sie. Aber das ist offenbar im Urteil einer jeden Frau in Uniform subjektiv unterschiedlich. Die Stabsärztin meint, rhythmisches Klopfen der Männer, wenn sie in die Kantine kam, habe sie nicht gestört, auch nicht wenn sie registrieren musste, wie die Männer in Uniform hinter ihr herpfiffen." Hut ab, Frau Stabsärztin – das ist für mich ziemlich eindeutig sexuelle Belästigung. Dass ich das selbst noch nie in einer Kaserne erlebt habe und auch noch nie einem Soldaten begegnet bin, dem ich ein solches Verhalten zutrauen würde, spricht hoffentlich für den erfolgreichen Wandel.

Physik…
Offenbar musste der aber durch eine harte Schule. Der Autor erzählt von Lehrgängen, in denen Einheitsführer, Kommandeure und Ausbilder den richtigen Umgang mit ihren neuen weiblichen Untergebenen lernen sollen. Dabei wird über die physischen und psychischen Unterschiede zwischen Mann und Frau aufgeklärt. Hier eine kleine Zusammenfassung: Frauen "sind schwächer an Rohkraft, haben geringere Sprungkraft, laufen langsamer und verfügen über proportional kürzere Beine. Männer haben größere Muskelkraft, sind schneller, haben mehr Wurfkraft und verfügen über eine höhere Herz-Lungen-Kapazität. Frauen sind durch ihren niedriger liegenden Schwerpunkt beweglicher und rascher bei Drehungen. Sie verfügen generell über eine größere Standfestigkeit, ein besseres Gleichgewichtsgefühl". Darüber braucht man nicht zu diskutieren.

…versus Psyche
Richtig interessant wird es bei den psychischen Unterschieden: "Ob Frauen eine geringere psychische Belastbarkeit haben, ist in wissenschaftlichen Studien bislang nicht nachgewiesen. Wahrscheinlich hat ein althergebrachtes Rollenverständnis von 'der Frau' auch dazu geführt, dass sich Frauen entsprechend verhalten. Vor hundert Jahren sollten Frauen den Mann lieben, für ihn verzichten, bescheiden sein, Sanftmut, Ausgeglichenheit, Geduld und Rücksicht gegenüber dem Mann als typisch weibliche Verhaltensnormen vorleben, ohne dass Gleiches oder Ähnliches vom Mann erwartet worden wäre. Damit verbunden war die Vorstellung, dass Männer Frauen allgemein überlegen waren. Erfahrungen aus der Gegenwart (…) zeigen, dass Frauen in gefährlichen Situationen ebenso beherzt und professionell handeln wie Männer nach entsprechender Ausbildung. Der psychische Durchhaltewillen der Frauen liegt oftmals über dem von Männern. Frauen geben also weniger leicht auf, entwickeln mehr Ehrgeiz bis zum Überschreiten der Leistungsgrenzen und sind bereit, sich mehr zu quälen. Oft spornen sie Männer zu höheren Leistungen an. Gelegentliche Ausbrüche ihrer Gefühle (Weinen etc.) beschreiben Psychologen eher als unerheblich. Dies sei sogar nützlich, sagen sie, weil dadurch Stress schneller abgebaut werde. Sich ebenfalls so zu verhalten, könnte Männern nur nützen." Dieses geradezu berauschende Zitat ist ein Ende mit Fanfaren und Paukenschlag, wie es diese Geschichte verdient.

Ein Fazit
In den 40 Jahren, die zwischen der ersten Auflage der Zeitschrift des Verbandes und der allgemeinen Öffnung der Bundeswehr für Frauen liegen, schafften es Frauen fünf Mal auf die Titelseite. Insgesamt brachte die loyal gut 60 Artikel, ein Viertel davon Kurzmeldungen – im Schnitt also 1,5 Artikel pro Jahr und das auf 11 Ausgaben verteilt. Die meisten Berichte wurden von Männern verfasst, alle sind in ihrer Argumentation für eine Öffnung der Bundeswehr für Frauen. Trotzdem stecken die Texte voller Klischees und die Wortwahl ist häufig erschreckend sexistisch. Zum Glück ist auf der Reise durchs loyal-Archiv ein Wandel erkennbar. Beispielsweise ist 1981 in einem Artikel über den Besuch einer Schweizer Journalistin bei ihren Streitkräften noch vom "zarten Geschlecht" die Rede. Im Jahr 2000 heißt es dann: "Der Umgangston wird zivilisierter, die Hilfsbereitschaft gegenüber dem 'schwachen' Geschlecht größer". Die Anführungszeichen sind ein kleiner, aber feiner Unterschied, der (endlich!) eine Distanzierung dokumentiert. Heute unterscheidet die Berichterstattung in Deutschland in aller Regel nicht mehr zwischen der Wertigkeit von Mann und Frau. Aber auch im 21. Jahrhundert gibt es noch Bereiche, in denen das nicht so ist. Bestes Beispiel ist die Werbebranche, wie unter anderem der Sportartikelhändler Decathlon im Dezember 2016 bewies. Der Wandel kam also nicht nur langsam, er ist auch noch immer nicht abgeschlossen.
 

(lima)

Bild oben: Soldatin in Strausberg
(Foto: Bundeswehr/ Andrea Bienert).

2. Bild: Infokasten zum Urteil von Luxemburg
mit einem Foto von Tanja Kreil
aus der loyal-Ausgabe Februar 2000
(Quelle: loyal).

3. Bild: Titelblatt der loyal-Ausgabe März 2000
(Quelle: loyal).

4. Bild: Titelblatt der loyal-Ausgabe Januar 2001
(Quelle: loyal).

Wer sich weiter für das Thema Frauen in der Bundeswehr interessiert, findet unter anderem hier Informationen:

Artikel der Bundeswehr: Frauen in der Bundeswehr und Gelebte Normalität
Studie zur Integration von Frauen in der Bundeswehr des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMS Bw) von Januar 2014
Interview der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) mit Militärsoziologin Ruth Seifert über Frauen in der Bundeswehr von August 2009
Themen-Dossier "Frauenbewegung" der bpb

Verwandte Artikel
Allgemein

Bundeswehr und Reserve - Newsblog KW 40

Was berichten die Medien in dieser Woche über die Bundeswehr und ihre Reserve? Welche Themen stehen auf der sicherheitspolitischen Agenda?...

01.10.2024 Von Redaktion
Die Reserve

Reservistenverband startet breit angelegte Imagekampagne

Hier und da irritierte, aber vor allem interessierte Blicke erntete die Gruppe uniformierter Reservistinnen und Reservisten Anfang September auf der...

30.09.2024 Von Nadja Klöpping
loyal

Drohnen, Rüstung, Wargaming: Die neue loyal ist da!

In diesen Tagen finden Mitglieder des Reservistenverbandes die neue Ausgabe der loyal in ihrem Briefkasten. Schwerpunkt in diesem Heft: Drohnen....

27.09.2024 Von Redaktion / spe