Das erste Opfer eines jeden Krieges ist die Wahrheit.“ Obwohl dieses Zitat mehreren historischen Personen zugeschrieben wird, bringen die meisten Menschen den früheren US-Politiker Hiram Johnson (1866-1945) mit diesem Ausspruch in Verbindung. Das trifft auch auf den Krieg in der Ukraine zu, der neben dem militärischen Konflikt ebenso ein Krieg um Bilder, Nachrichten und Meinungen ist. Journalisten müssen sich auf Quellen aus den jeweiligen Armeen stützen, viele Fakten können unabhängig nicht geprüft werden.
Um ein möglichst detailliertes Lagebild zu bekommen, lohnt es daher, möglichst viele Quellen „anzuzapfen“. Die Redaktion des Reservistenverbandes hat hier Webseiten, Blogs und Social-Media-Kanäle zusammengestellt, die den Kriegsverlauf erklären und aktuelle Entwicklungen einordnen – ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Der tägliche Überblick
Das US-amerikanische Institut für Kriegsstudien (ISW – Institute for the Study of War) stellt ein tägliches Update zu den Entwicklungen an den Fronten im Donbass und im Süden der Ukraine zur Verfügung. Zudem werden Meldungen der ukrainischen und der russischen Armee analysiert und eingeordnet. Die Redaktion schätzt die Nachrichten von russischen Militärbloggern ein und zieht Schlussfolgerungen aus deren Darstellungen. Daraus abgeleitet werden Prognosen, wie sich der Krieg entwickeln könnte. Interaktive Karten geben den Kriegsverlauf wieder. Leider sind die Informationen nur in englischer Sprache verfügbar.
Deutschsprachige YouTube-Kanäle
Auf Deutsch sind zwei YouTube-Kanäle empfehlenswert. Für das österreichische Bundesheer analysiert Oberst Markus Reisner in 15- bis 20-minütigen Videos den Krieg, detailliert und doch leicht verständlich – auch für Nicht-Militärexperten. Reisner ist Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung der Theresianischen Militärakademie in der Wiener Neustadt. Auch das neue YouTube-Format der Bundeswehr – „Nachgefragt“ – wirft ein Schlaglicht auf verschiedene Aspekte des Krieges. Verschiedene Generäle kommen zu Wort und erklären, was der Konflikt für die Bundeswehr und ihre Bündnispartner bedeutet.
Institutionen und Think Tanks
Den Fokus etwas größer stellt die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Verschiedene Dossiers beleuchten die großen Themen wie Waffenlieferungen und die globalen Auswirkungen des Kriegs, beispielsweise Ernährungssicherheit. Eine Übersicht über Fokusberichte, Schwerpunkte und Updates liefert zudem der Library Blog des Europäischen Rates. Die Berichte der europäischen Think Tanks erscheinen auf verschiedenen Sprachen, vorwiegend jedoch auf Englisch. Zu finden ist in der langen EU-Liste auch das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW). Auf der eigenen Homepage wird ein „Ukraine Support Tracker“ angeboten, eine Datenbank für militärische, finanzielle und humanitäre Unterstützung der Ukraine.
Blogs
Auch die bekannten Militärblogs liefern Informationen zu den aktuellen Entwicklungen. Auf deutscher Sprache ist das natürlich augengeradeaus.net von Thomas Wiegold. Hier gibt es übersetzte Updates des ukrainischen und russischen Generalstabs, eine Wiedergabe des Intelligence-Updates des britischen Geheimdienstes und einen Fokus auf Bundeswehr-Themen. Ebenfalls empfehlenswert – auf Englisch – ist oryxspionkop.com von Stijn Mitzer und Joost Oliemans. Die Militärblogger stellen umfangreiche Recherchen zu weltweiten Themen zur Verfügung.
Fast ein Muss ist das tägliche Update des britischen Verteidigungsministeriums, beruhend auf Geheimdienstinformationen. Kurz und knapp werden die aktuellen Entwicklungen zusammengefasst, Karten dokumentieren anschaulich das Geschehen. Der Kanal „Jomini of the West“ bietet detaillierte taktische Analysen und Kartenmaterial an, zudem gibt er eine Übersicht über die ukrainischen und russischen Verbände. Videos und Fotos von ukrainischen und westlich gelieferten Waffen im Einsatz zeigt der Twitter-Kanal UAWeapons.
Auf dem Feld der Open Source Intelligence (Osint) tut sich auch einiges. Beispielhaft ist hier der Kanal „Coupsure“ zu nennen. Ein 22-jähriger Schweizer erkannte schon frühzeitig Russlands Kriegspläne und dokumentiert mittels öffentlich zugänglicher Quellen Truppenbewegungen. Über seine Arbeit hat auch schon die Neue Zürcher Zeitung ausführlich berichtet.