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Zei­ten­wen­de im Kopf: Auf die Hal­tung kommt es an




Auf­takt zur Po­di­ums­dis­kus­si­on in der KAS-Aka­de­mie in Ber­lin. Pas­cal Kober MdB be­grü­ßt die Gäste. Auf dem Po­di­um: Ame­lie Stelz­ner-Dogan als Mo­de­ra­to­rin, Ge­ne­ral­leut­nant Mar­kus Lau­ben­thal, Ro­de­rich Kie­se­wet­ter MdB und Dr. Pia Fuhr­hop (v.l.n.r.).

Foto: Flo­ri­an Rode

Nach dem völ­ker­rechts­wid­ri­gen An­griff Russ­lands auf die Ukrai­ne hat Bun­des­kanz­ler Olaf Scholz eine „Zei­ten­wen­de“ ein­ge­lei­tet. Darin steckt weit mehr als ein 100-Mil­li­ar­den-Son­der­ver­mö­gen für die Bun­des­wehr. In­wie­fern der rus­si­sche An­griffs­krieg die ge­samt­staat­li­che Wehr­haf­tig­keit und Kri­sen­vor­sor­ge be­ein­flusst und wie sich das auf die Re­ser­ve aus­wirkt, war ges­tern Abend Thema bei einer Ko­ope­ra­ti­ons­ver­an­stal­tung des Re­ser­vis­ten­ver­ban­des mit der Kon­rad-Ade­nau­er-Stif­tung (KAS).

Dabei ist die „Zei­ten­wen­de“ ein deut­sches Al­lein­stel­lungs­merk­mal, sagte Dr. Pia Fuhr­hop von der Stif­tung Wis­sen­schaft und Po­li­tik. Viele Part­ner in Eu­ro­pa bräuch­ten einen sol­chen Be­griff nicht. Hier­zu­lan­de sei ein Um­den­ken – also eine Zei­ten­wen­de auch in den Köp­fen – von­nö­ten, da die Grund­an­nah­men der deut­schen Außen- und Si­cher­heits­po­li­tik er­schüt­tert wor­den seien. „Ers­tens: Si­cher­heit ist nur mit Russ­land zu ma­chen. Zwei­tens: Was gut ist für die Wirt­schaft, ist auch gut für die Si­cher­heit – je mehr Ver­flech­tun­gen, desto bes­ser“, zähl­te Fuhr­hop auf. „Und drit­tens: Die Bun­des­wehr stand nie im Zen­trum der po­li­ti­schen Auf­merk­sam­keit. Sie hatte einen gro­ßen Auf­ga­ben­ka­ta­log, aber nur ge­rin­ge Mit­tel dafür. Jetzt brau­chen wir die Trup­pe als Schutz vor Russ­land.“ Dass das Son­der­ver­mö­gen nun Thema in Bun­des­tag ist und damit Ge­gen­stand po­li­ti­scher De­bat­te, fin­det die Wis­sen­schaft­le­rin gut. „Sonst wären wir ja in Russ­land.“

Die „Zei­ten­wen­de“ ist in ihren Augen nicht nur ein po­li­ti­scher, son­dern auch ein ge­sell­schaft­li­cher Pro­zess. Und da kommt auch die Re­ser­ve ins Spiel. „Das Er­klä­ren deut­scher Si­cher­heits­po­li­tik ist nicht die zen­tra­le Auf­ga­be der Re­ser­ve. Aber es ist eine be­deu­ten­de Auf­ga­be, dass Men­schen, die sich in der Bun­des­wehr en­ga­gie­ren, ihr Wis­sen und ihre Er­fah­run­gen auch in die Ge­sell­schaft tra­gen. Das ist ein wert­vol­ler Bei­trag gegen Des­in­for­ma­ti­on“, sagte Fuhr­hop.

So­fort­maß­nah­me braucht Nach­hal­tig­keit

Aus Sicht der Bun­des­wehr sprach Ge­ne­ral­leut­nant Mar­kus Lau­ben­thal, Stell­ver­tre­ter des Ge­ne­ral­in­spek­teurs der Bun­des­wehr. „Der Weck­ruf kam nicht erst am 24. Fe­bru­ar. Er kam schon 2014 mit der [völ­ker­rechts­wid­ri­gen An­ne­xi­on] der Krim. Ab da muss­te die Lan­des- und Bünd­nis­ver­tei­di­gung im Mit­tel­punkt ste­hen. Wir hat­ten Mo­na­te, wenn nicht Jahre, um uns auf so etwas vor­zu­be­rei­ten.“ Das Fä­hig­keits­pro­fil für die Bun­des­wehr sei in der Folge auch er­ar­bei­tet wor­den, al­ler­dings fehl­ten die fi­nan­zi­el­len Mit­tel, um die Bun­des­wehr ein­satz­fä­hig zu ma­chen. „Für Luft, See und Land haben wir Nach­hol­be­darf. Auch bei der Di­gi­ta­li­sie­rung, da müs­sen wir auf­pas­sen, dass wir von un­se­ren Bünd­nis­part­nern nicht ab­ge­hängt wer­den und un­se­re Aus­stat­tung über­haupt noch kom­pa­ti­bel ist“, mahn­te Lau­ben­thal. Rei­chen die 100 Mrd. Euro denn aus, um die Bun­des­wehr ein­satz­fä­hig zu ma­chen? „Das ist nur eine So­fort­maß­nah­me, die auch eine ge­wis­se Nach­hal­tig­keit braucht!“

Eine Frage der Hal­tung

Von sei­nem Be­such in der Ukrai­ne be­rich­te­te Ro­de­rich Kie­se­wet­ter MdB, Spre­cher für Kri­sen­prä­ven­ti­on der Uni­ons­frak­ti­on im Bun­des­tag und frü­he­rer Prä­si­dent des Re­ser­vis­ten­ver­ban­des. Er war unter an­de­rem in Irpin, einem Vor­ort von Kiew, dort hät­ten die Ukrai­ner gegen eine zwölf­fa­che rus­si­sche Über­macht ge­kämpft. Ent­schei­dend dabei: der Wehr­wil­le in der brei­ten Be­völ­ke­rung. „In den Kom­mu­nen und Städ­ten wurde nach [der Krim-An­ne­xi­on] 2014 alles getan, um diese Wehr­haf­tig­keit und den Wehr­wil­len her­zu­stel­len. Hier wurde den Men­schen ein nied­rig­schwel­li­ges An­ge­bot ge­macht, nicht jedes Wo­chen­en­de, aber immer mal wie­der“, be­rich­tet Kie­se­wet­ter vom Ge­spräch mit dem Bür­ger­meis­ter. Hier sieht der Ab­ge­ord­ne­te einen An­knüp­fungs­punkt für die hier­zu­lan­de be­reits be­stehen­den Kreis- und Be­zirks­ver­bin­dungs­kom­man­dos auf kom­mu­na­ler Ebene.

Re­ser­ve pro­fes­sio­na­li­sie­ren

Sei­ner An­sicht nach brau­chen wir in Deutsch­land eine stra­te­gi­sche Kul­tur. „Vor­her hieß es immer, wir sind von Freun­den und Part­nern um­ge­ben und wir konn­ten un­se­re Si­cher­heit auf so­zia­le Si­cher­heit re­du­zie­ren. Wir sind ein Land, das ein Pro­zent der Welt­be­völ­ke­rung stellt, aber acht Pro­zent der Welt­so­zi­al­aus­ga­ben. Das will ich auch nicht in Ab­re­de stel­len. Aber un­se­re ei­ge­ne Wehr­haf­tig­keit, die haben wir nicht“, be­män­gel­te Kie­se­wet­ter. „Wenn wir wirk­lich Re­si­li­enz er­zeu­gen wol­len, brau­chen wir ein Zu­sam­men­den­ken von zi­vi­ler und mi­li­tä­ri­scher Re­ser­ve.“

Zi­vi­le Re­si­li­enz: Das sind Kie­se­wet­ter zu­fol­ge nicht nur Si­re­nen, son­dern auch si­che­rer, di­gi­ta­ler Funk – neben der In­übung­hal­tung na­tür­lich. „Zudem müs­sen wir weg­kom­men vom eh­ren­amt­li­chen Ge­dan­ken in der Re­ser­ve. Ich kann nicht eh­ren­amt­lich ho­heit­li­che Auf­ga­ben er­fül­len. Wir müs­sen dar­über nach­den­ken, wie wir die zi­vi­le Re­ser­ve pro­fes­sio­na­li­sie­ren kön­nen.“ Eine Idee wäre bei­spiels­wei­se eine Kör­per­schaft öf­fent­li­chen Rechts unter dem Kom­man­do Ter­ri­to­ria­le Auf­ga­ben.

Ge­sell­schafts­dienst als Mit­tel zur In­te­gra­ti­on

Ge­fragt nach der Wehr­pflicht, winkt Kie­se­wet­ter ab. „Wir brau­chen eine High-Tech-Armee mit Spe­zia­lis­ten. Für die gan­zen Wehr­pflich­ti­gen bräuch­ten wir auch wie­der Un­ter­künf­te und wir wol­len ja schlie­ß­lich nicht in Beton in­ves­tie­ren.“ Dann lie­ber eine auf­wuchs­fä­hi­ge Re­ser­ve, Frei­wil­lig­keit er­mög­li­chen und be­wer­ben. Was Kie­se­wet­ter sich vor­stel­len kann, ist ein Ge­sell­schafts­dienst für Frau­en und Män­ner glei­cher­ma­ßen. Die­ser soll­te nicht bei 180.000 Plät­zen ge­de­ckelt wer­den und auch nicht an die deut­sche Staats­bür­ger­schaft ge­knüpft ein. „In ei­ni­gen Re­gio­nen haben wir Ge­bur­ten­jahr­gän­ge mit einem Mi­gran­ten­an­teil von 40 bis 50 Pro­zent“, rech­net Kie­se­wet­ter vor. Einen Dienst an der Ge­sell­schaft sieht er hier als in­te­grie­ren­des, iden­ti­fi­ka­ti­ons­stif­ten­des In­stru­ment. Auch soll­te ein sol­cher Dienst nicht nur 18- bis 20-Jäh­ri­gen vor­be­hal­ten sein. Viel­mehr soll­ten sich die Men­schen ent­spre­chend ihrer Le­bens­pha­se en­ga­gie­ren kön­nen.

Zu­stim­mung kommt von Lau­ben­thal: „Al­lein die Ein­satz­vor­be­rei­tung dau­ert 15 bis 18 Mo­na­te. Schon des­halb macht die ‚klas­si­sche‘ Wehr­pflicht kei­nen Sinn.“ Er sieht hier eher An­ge­bo­te wie den Frei­wil­li­gen Wehr­dienst im Hei­mat­schutz oder die Grund­be­or­de­rung als sinn­vol­le­re Ele­men­te, zumal sei­ner Aus­sa­ge zu­fol­ge auch ge­nü­gend Frei­wil­li­ge da sind. Zudem müsse den Men­schen die Ver­tei­di­gungs­be­reit­schaft frü­her ver­mit­telt wer­den. „Wir sind nicht die Schu­le der Na­ti­on. Das muss frü­her in die Köpfe!“

Stüt­ze für die Bun­des­wehr in der Ge­sell­schaft

Womit wir wie­der bei der „Zei­ten­wen­de im Kopf“ wären. „Wir kön­nen un­se­re Frei­heit nur mit einer be­stimm­ten Hal­tung ver­tei­di­gen“, sagte Pas­cal Kober MdB, Stell­ver­tre­ter des Prä­si­den­ten des Re­ser­vis­ten­ver­ban­des, zeig­te dabei aber auch beide Rich­tun­gen auf: „Re­ser­vis­tin­nen und Re­ser­vis­ten tra­gen Fä­hig­kei­ten, zi­vi­les Know-How und eine Hal­tung in die Trup­pe hin­ein, gleich­zei­tig tra­gen sie hin­aus in die Ge­sell­schaft, was sol­da­ti­sche Werte und Streit­kräf­te aus­ma­chen. Der Re­ser­vis­ten­ver­band ist mo­ti­viert, eine wich­ti­ge Stüt­ze zu sein in der Ge­sell­schaft für die Bun­des­wehr.“

Rund 50 Gäste kamen zu der Po­di­ums­dis­kus­si­on in die KAS-Aka­de­mie in Ber­lin, zudem waren in der Spit­ze mehr als 200 Gäste per Zoom zu­ge­schal­tet. Eine Auf­zeich­nung lässt sich hier ab­ru­fen.

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