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Zwi­schen Bun­des­wehr und Kir­che




Oberst d.R. Mat­thi­as Miß­feldt (links) ist Pfar­rer und als Re­ser­vist aktiv, hier mit Ge­ne­ral­leut­nant Mar­tin Schel­leis, In­spek­teur der Streit­kräf­te­ba­sis und Na­tio­na­ler Ter­ri­to­ria­ler Be­fehls­ha­ber.

(Foto: Smith)

BVKre­ser­ve

Mat­thi­as Miß­feldt ist Lei­ter des Be­zirks­ver­bin­dungs­kom­man­dos Arns­berg und evan­ge­li­scher Pfar­rer. Über sein En­ga­ge­ment wäh­rend der Co­ro­na­vi­rus-Pan­de­mie und sein per­sön­li­ches Ver­hält­nis zwi­schen Kir­che und Mi­li­tär sprach er im loyal-In­ter­view.

Herr Miß­feldt, Sie sind Lei­ter des Be­zirks­ver­bin­dungs­kom­man­do Arns­berg was sind dort Ihre Auf­ga­ben?
Meine Auf­ga­ben im Be­zirks­ver­bin­dungs­kom­man­do (BVK) Arns­berg sind die Be­ra­tung zu und die Ko­or­di­na­ti­on von Hil­fe­leis­tun­gen der Bun­des­wehr im Rah­men des Ar­ti­kels 35 des Grund­ge­set­zes. Die Kreis­ver­bin­dungs­kom­man­dos aus 13 Ge­biets­kör­per­schaf­ten im Re­gie­rungs­be­zirk Arns­berg mit ihren un­ter­schied­li­chen Be­dar­fen und po­li­ti­schen Kul­tu­ren kon­kor­dant mit den Trup­pen­stel­lern zu­sam­men­zu­brin­gen, ist oft ein kom­ple­xes Ge­schäft. Unser Staat ist fö­de­ral auf­ge­stellt. Wir be­we­gen uns in der Ent­schei­dungs­bil­dung von unten nach oben. Das be­deu­tet meis­tens, Be­find­lich­kei­ten sen­si­bel zu ma­na­gen und kom­mu­ni­ka­tiv zu ver­ar­bei­ten. In­for­ma­ti­ons­be­schaf­fung und ihre Kom­mu­ni­ka­ti­on ist ein zen­tra­les Ele­ment der Tä­tig­keit als Ver­bin­dungs-Stabs­of­fi­zier.

Wo sehen Sie die ak­tu­el­len Schwie­rig­kei­ten und Auf­ga­ben Ihres Be­zirks­ver­bin­dungs­kom­man­dos bei der Be­wäl­ti­gung der Co­ro­na­vi­rus-Pan­de­mie?
Die ter­ri­to­ria­le Ver­bin­dungs­or­ga­ni­sa­ti­on der Bun­des­wehr läuft in die­ser Pan­de­mie unter unter Voll­last. Zur Flücht­lings­kri­se von 2015 ist das kein Ver­gleich. Flä­chen­de­ckend sind die Ka­me­ra­din­nen und Ka­me­ra­den im Ein­satz und es läuft. Mit Dank und An­er­ken­nung nehme ich wahr, dass diese Ver­bin­dung zwi­schen Re­ser­ve und Ak­ti­ven im Ver­ant­wor­tungs­be­reich des Lan­des­kom­man­dos Nord­rhein-West­fa­len in die­ser Krise greift. Und zwar sehr nach­hal­tig. Das fle­xi­ble On-Off zwi­schen er­for­der­li­cher Ak­ti­vie­rung und Rück­kehr in die zi­vi­len Be­lan­ge der Mit­glie­der der Kreis- und Be­zirks­ver­bin­dungs­kom­man­dos ge­lingt un­auf­ge­regt und schnell. Da sind wir ein gan­zes Stück wei­ter als noch 2015 wäh­rend der Flücht­lings­kri­se. Im Un­ter­schied zu den Hilfs­or­ga­ni­sa­tio­nen nehme ich da sei­tens der Streit­kräf­te eine bes­se­re Durch­hal­te­fä­hig­keit wahr. Die Amts­hil­fe der Bun­des­wehr er­fährt zur­zeit eine un­ge­ahn­te Wert­schät­zung, auch dort wo zuvor etwas Zu­rück­hal­tung herrsch­te: „Ihr habt uns den Hin­tern ge­ret­tet …“, wie ein O-Ton aus einer Kri­sen­stabs­ge­schäfts­füh­rung ver­deut­lich­te, nach­dem 60 Sol­da­tin­nen und Sol­da­ten zeit­nah in die Kon­takt­nach­ver­fol­gung ein­ge­tre­ten waren.

Wie viele Re­ser­vis­tin­nen und Re­ser­vis­ten sind im Re­gie­rungs­be­zirk Arns­berg ein­ge­setzt? Wo sehen sie die Vor­tei­le zwi­schen Re­ser­ve­dienst und zi­vi­ler Kar­rie­re?
Das wech­selt ta­ges­ak­tu­ell. Alle von uns sind in zi­vi­len Be­ru­fen ein­ge­bun­den. Als Kran­ken­haus­seel­sor­ger ist mein Kli­nik­ver­bund sehr stark mit Covid-19 be­las­tet. Ich ar­bei­te dort mit im Kri­sen­stab der Kli­nik und in der Be­wäl­ti­gung der Lage. Be­son­de­res Au­gen­merk gilt dem Be­reich Psy­cho­so­zia­le Un­ter­stüt­zung (PSU) für die Mit­ar­bei­ten­den. Alle Ka­me­ra­den in den Kreis­ver­bin­dungs­kom­man­dos (KVK) ar­bei­ten fle­xi­bel das La­ge­auf­kom­men und die Hil­fe­leis­tun­gen in ihren Ge­biets­kör­per­schaf­ten ab. Dann „swit­chen“ sie wie­der in ihren be­ruf­li­chen Zu­sam­men­hang zu­rück. Ein hoher per­sön­li­cher Ein­satz von Frei­zeit und die Be­reit­schaft zum Mul­ti­tas­king sind folg­lich un­be­dingt not­wen­dig.Das La­ge­zen­trum des Lan­des­kom­man­dos Nord­rhein-West­fa­len un­ter­stützt uns vor­be­halt­los und schnell bei die­sen Wech­seln. In der Regel sind in den Kreis­ver­bin­dungs­kom­man­dos je­weils zwei Mit­glie­der für 24 Stun­den an sie­ben Tagen die Woche ak­ti­viert. Bei Be­darf wach­sen wir wei­ter auf und un­ter­stüt­zen uns ge­gen­sei­tig in den Ge­biets­kör­per­schaf­ten.

Sie sind Lei­ter des BVK Arns­berg und auch evan­ge­li­scher Pfar­rer. Was war Ihre Mo­ti­va­ti­on, evan­ge­li­scher Pfar­rer zu wer­den und wo sehen sie Schnitt­stel­len zu Ihrer Auf­ga­be als Lei­ter des BVK?
Kran­ken­haus­seel­sor­ge ist Ar­beit auf der Gren­ze. Das Kran­ken­haus ist der Ort der Le­bens­über­gän­ge. Für Pa­ti­en­tin­nen, An­ge­hö­ri­ge und Mit­ar­bei­ten­de ist das in die­ser Pan­de­mie­zeit eine be­son­ders große Be­las­tung. Al­lo­ka­ti­ons­ethi­sche Fra­gen im Rah­men von mög­li­chen Tria­ge­ent­schei­dun­gen be­schäf­ti­gen uns da ge­ra­de sehr. Es geht darum, wer be­stimm­te me­di­zi­ni­sche Man­gel­leis­tun­gen (zum Bei­spiel eine Extra-Cor­po­ra­le-Mem­bran-Oxy­ge­ni­sie­rung, das heißt in­ten­siv­me­di­zi­ni­sche Lun­gen­un­ter­stüt­zung) be­kommt oder pal­lia­tiv, sym­ptom­kon­trol­liert wei­ter be­han­delt wird.

Die Evan­ge­li­en als zen­tra­le Nar­ra­ti­ve un­se­res christ­li­chen Glau­bens sind Kri­sen­ge­schich­ten. Im Mit­tel­punkt steht das Schei­tern ihres Prot­ago­nis­ten. Jesus wird von der rö­mi­schen Be­sat­zungs­macht am Kreuz hin­ge­rich­tet. Die Auf­er­ste­hung ist ein Ge­sche­hen in der Tran­szen­denz. Das Selbst- und Wirk­lich­keits­ver­ständ­nis, das uns die Evan­ge­li­en na­he­brin­gen, ist ein rea­lis­ti­sches und damit auch sehr kri­sen­fest. Das christ­li­che Nar­ra­tiv funk­tio­niert nicht er­folgs­ge­schicht­lich nach dem Mus­ter „Wir ma­chen den Weg frei…!“ oder „Höher, schnel­ler, wei­ter …!“ Es be­ruht auf Gott, der mit uns, durch unser Schei­tern, geht. An­ders als bei­spiels­wei­se ein nar­ziss­tisch auf­ge­bläh­ter Trum­pis­mus, ist das eine eher ent­täu­schungs­si­che­re Hal­tung. Diese ver­trau­en­de Kri­sen­fes­tig­keit brau­chen wir so­wohl im Kran­ken­haus als auch im Kri­sen­stab der Be­zirks­re­gie­rung als Sol­da­tin­nen und Sol­da­ten. Sei es in der Hil­fe­leis­tung im In­nern oder eben auch im Ge­fecht.

Wie sehen sie per­sön­lich die Be­zie­hung zwi­schen Kir­che und Mi­li­tär?
Dar­auf kann ich nur als lu­the­ri­scher Geist­li­cher ant­wor­ten. Lu­ther hat 1525 für sei­nen Freund Assa vom Cramm die kurze Schrift „Ob Kriegs­leu­te im se­li­gen Stand sein kön­nen?“ ge­schrie­ben. Drei Jahre nach die­ser Schrift ist Cramm ge­fal­len. Cramm war viel­leicht eher das, was wir heute einen Pri­va­te Con­trac­tor nen­nen wür­den, einen Söld­ner, der wech­seln­den Lan­des­her­ren Dienst leis­te­te. Lu­ther hatte damit keine Be­rüh­rungs­ängs­te. Er hat im Grun­de die erste evan­ge­li­sche Be­rufs­ethik für Mi­li­tärs vor­ge­legt. Ge­wis­sens- und Got­tes­bin­dung sind zen­tra­le Ele­men­te die­ser Be­rufs­ethik für Sol­da­ten. Ge­walt lässt sich lei­der manch­mal pa­ra­do­xer­wei­se nur durch die An­wen­dung von Ge­walt ein­he­gen und be­en­den. Das ist – neben den Hil­fe­leis­tun­gen nach Ar­ti­kel 35 des Grund­ge­set­zes – die zen­tra­le Auf­ga­be von Sol­da­tin­nen und Sol­da­ten in der Ver­tei­di­gung un­se­rer frei­heit­lich-de­mo­kra­ti­schen Grund­ord­nung nach außen. Diese ul­ti­ma­ti­ve An­wen­dung von mi­li­tä­ri­scher Ge­walt muss in den Per­so­nen, die sie aus­üben, hohen be­rufs­ethi­schen Stan­dards un­ter­lie­gen. Die ethi­sche Bil­dung und Be­glei­tung sehe ich als die zen­tra­len Auf­ga­ben von Kir­che unter Sol­da­tin­nen und Sol­da­ten, be­son­ders der Mi­li­tär­seel­sor­ge.

Wie lässt sich trotz des Lock­downs und feh­len­der so­zia­ler Kon­tak­te die Ka­me­rad­schaft auf­recht­erhal­ten? Wel­chen Trost kön­nen Sie als Seel­sor­ger in die­sen be­son­de­ren Zei­ten geben?
So­zia­le Me­di­en, der klas­si­sche Te­le­fon­an­ruf, ins­ge­samt mehr kom­mu­ni­zie­ren, Trost: ja! Heißt aber, erst ein­mal sich per­sön­lich be­sin­nen und immer wie­der neu kon­zen­trie­ren auf das, was einen selbst trägt. Für mich ist es die mor­gend­li­che herz­ko­hä­ren­te Atem­me­di­ta­ti­on, mit der ich mich in den Tag be­ge­be. Wenn ich das tue, wird das, was mich trägt, ganz von selbst zum Trost für an­de­re, aus­ge­spro­chen und un­aus­ge­spro­chen. Ganz knapp ge­sagt:
Wir sind nicht al­lein un­ter­wegs. Wir be­we­gen uns in der Zeit wei­ter in die Ewig­keit. Jesus ist uns da vor­aus­ge­gan­gen. Er be­glei­tet uns auf die­sem Weg „In mei­nes Va­ters Hause sind viele Woh­nun­gen. Wenn‘s nicht so wäre, hätte ich dann zu euch ge­sagt: Ich gehe hin, euch die Stät­te zu be­rei­ten? Und wenn ich hin­ge­he, euch die Stät­te zu be­rei­ten, will ich wie­der­kom­men und euch zu mir neh­men, damit ihr seid, wo ich bin.“ (Jo­han­nes­evan­ge­li­um, Kap. 14, 2 – 3). Glück­auf, wie man bei uns im Ruhr­pott sagt!

Herr Miß­feldt, vie­len Dank für das Ge­spräch!

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