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„Adelsgeschichte und Militärgeschichte sind eng verquickt“




Kronprinzessin Victoria, die zukünftige Königin von Schweden, will ihr Land und die Streitkräfte in Zukunft bestmöglich vertreten.

Foto: picture alliance / TT NYHETSBYRÅN

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Vom mittelalterlichen Lehenswesen über die Staatenbildungskriege der Frühen Neuzeit bis hin zur Bundeswehr: Adelige spielten jahrhundertelang eine wichtige Rolle im Militär ihres Landes, auch in Deutschland. Interview mit Professor Dr. Eckart Conze, Experte für Adelsgeschichte und Historiker an der Universität Marburg.

Was hat der Adel mit den Streitkräften zu tun?
Viel! Schon im mittelalterlichen Lehenswesen gehörte es zu den Pflichten eines Vasallen, Heeresdienst zu leisten, also für den Lehensherren in den Krieg zu ziehen. Im Gegenzug hat der Vasall ein Stück Land als Lehen bekommen, auch damit er sich die Ausrüstung für den Heeresdienst, zum Beispiel ein Pferd und eine Rüstung, leisten konnte. Seit dem 16. Jahrhundert und mit der Entstehung territorialer Herrschaft hat sich dann das Verhältnis zwischen Landesherren, dem Fürsten, und dem Adel verändert. Die Macht der Fürsten, des hohen, dynastischen Adels, wuchs, auch auf Kosten des niederen Adels, Stichwort Absolutismus. Gleichzeitig bildeten sich in Kriegen die heutigen modernen Staaten heraus. Der Fürst als Landesherr band Angehörige des Adels in sein Militär mit ein und gab ihnen damit eine neue „Beschäftigung“. So entstanden zum Beispiel die „Militärclans“ im brandenburgisch-preußischen Adel. Diese Familien waren eng mit den preußischen Streitkräften verknüpft, viele Generationen dienten im preußischen Heer.

Welche Familien zählen zu diesen preußischen „Militärclans“?
Zum Beispiel die Familie von der Marwitz, eine Familie aus dem Neumärkischen Uradel. Aber auch die Familien von Tresckow, von Bredow oder von der Goltz sind hier neben vielen anderen zu nennen.

Galt die enge Verquickung von Adelsfamilien und Militär nur in Preußen?
In anderen Fürstentümern auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands hat sich keine solch enge Verquickung etabliert. Im bayerischen Fall wäre beispielsweise an die Familie von Gumppenberg zu denken oder, seit dem 19. Jahrhundert – weil erst ab da bayerisch – die Familie von der Tann. Aber in Bayern war die Militärtradition nie so stark ausgeprägt wie in Preußen.

Warum gab es in Preußen eine solch enge Verquickung zwischen Adeligen und Militär?
Der Militärdienst war eine Art, sich ein Auskommen zu sichern – vor allem für diejenigen, die nicht selbst erbberechtigt waren, die also nicht den ländlichen Grundbesitz ihrer Familien erbten. Außerdem brachte eine gute Position im preußischen Militär Prestige und Ansehen. Der Militärdienst vertrug sich ferner sehr gut mit den Werten, zum Teil abgeleitet aus dem mittelalterlichen Rittertum, die innerhalb des Adels wichtig waren: Ehre, Tapferkeit, Treue. Und für den Fürsten, im Falle Preußens den König, war es eine Möglichkeit, niedere Adelige im Zaum zu halten und sie an sich und den Fürstenstaat zu binden.

Prof. Dr. Eckart Conze lehrt Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Marburg. Er hat mehrere Bücher zur Geschichte des Adels verfasst. (Foto: picture alliance / Sven Simon)

Aber im 19. Jahrhundert und noch mehr Anfang des 20. Jahrhunderts werden doch die Monarchen in ganz Europa immer mehr entmachtet. Die Parlamente treten immer selbstbewusster auf, demokratische Elemente etablieren sich…
Ja, aber die Monarchen konnten noch manche Rechte gegenüber den Parlamenten verteidigen. Dazu gehörte in vielen Fällen der militärische Oberbefehl. Es gab zwar durchaus Auseinandersetzungen darüber, wie viel Macht das Parlament in militärischen Belangen haben sollte. Das war zum Beispiel die Hauptstreitfrage im Preußischen Verfassungskonflikt der 1860er-Jahre. Aber oft gewannen die Herrscher im 19. Jahrhundert noch dieses Ringen. Wilhelm I., König von Preußen und nach 1871 Deutscher Kaiser, hatte auch den militärischen Oberbefehl inne. Der war der parlamentarischen Kontrolle entzogen, und das blieb so bis 1918.

Was änderte sich im Deutschen Reich, als es nach dem Ersten Weltkrieg keinen Kaiser mehr gab, der Adel offiziell abgeschafft wurde und der Oberbefehl auf den demokratisch gewählten Präsidenten der Weimarer Republik überging?
Aufgrund der – durch den Versailler Vertrag – stark dezimierten Reichswehr endeten viele militärische Laufbahnen. Aber das Offizierskorps der Reichswehr blieb dennoch adelig dominiert. Diese Adeligen standen in der Mehrheit nicht hinter dem neuen demokratischen System. Viele wünschten sich die Monarchie zurück oder befürworteten ein autoritäres System mit einem starken Führer.

Das änderte sich aber nach dem Zweiten Weltkrieg, oder?
Ja, die Nachkommen ehemaliger Adeliger, so müsste man eigentlich korrekt sagen, denn Adelige im strengen Sinn gibt es ja seit dem Ersten Weltkrieg nicht mehr, bekannten sich in den frühen Jahren der Bundesrepublik zum Grundgesetz und seinen Werten. Viele Adelige, auch mit Wehrmachtsvergangenheit, traten in die junge Bundeswehr ein und besetzten dort wieder hochrangige Positionen. In den Anfangsjahren der Bundeswehr war die Anzahl von Adeligen in den Offiziersrängen noch überproportional hoch. Vor allem in den traditionsreichen Einheiten wie den Panzeraufklärern, die ihre Geschichte bis zur Kavallerie früherer Zeiten zurückführen, waren Adelige stark vertreten. Doch das hat sich zur Gegenwart hin relativiert, auch wenn das Militär für manche Adelige nach wie vor einen attraktiven Beruf darstellen mag. Aber wir sprechen nur noch über kleinste Zahlen.

Warum dienen die Thronfolgerinnen vieler Königshäuser wie Leonor von Spanien oder Elisabeth von Belgien immer noch in den Streitkräften ihres Landes?
Das ist eine Art Vorbereitung auf ihre Zukunft als Monarchinnen. Als Königinnen werden sie später Staatsoberhäupter ihrer Staaten sein und dazu gehört in vielen Ländern der Oberbefehl über die Streitkräfte. Das ist in vielen europäischen Monarchien so, etwa in Spanien, in Belgien oder in Schweden. In den Niederlanden übrigens nicht. Der Oberbefehl des Königs oder der Königin ist heute freilich auch in oben genannten Ländern ein eher repräsentatives, dekoratives Element. Der reale Oberbefehl liegt woanders, nämlich bei der gewählten Regierung.


Adel verpflichtet

Leonor von Spanien dient bei den Streitkräften ihres Landes, Elisabeth von Belgien und Victoria von Schweden auch. Was machen die Thronfolgerinnen in der Armee? Und: Was hat der Adel generell mit dem Militär zu tun?

Kronprinzessin Leonor. (Foto: picture alliance / AA)

Kronprinzessin Leonor (Spanien)

Die 19-jährige Leonor von Spanien, die ihrem Vater König Felipe einmal auf dem spanischen Thron folgen wird, macht gerade eine dreijährige Ausbildung bei den spanischen Streitkräften. Dabei bekommt sie einen Einblick in die drei Teilstreitkräfte Heer, Luftwaffe und Marine. Leonor begann ihre Ausbildung im August 2023 an der Militärakademie in Saragossa, wo auch ihr Vater, König Felipe VI., ausgebildet wurde. In Spanien ist es Tradition, dass zukünftige Monarchen militärische Erfahrungen sammeln. Im nächsten Jahr wird sie bei der Luftwaffe eine Pilotenausbildung durchlaufen. Die spanischen Medien sind voll des Lobes über das Engagement der Thronfolgerin. Die Ausbildung zeige, dass Leonor ernsthaft und mit großem Engagement ihre zukünftige Aufgabe angehe, heißt es. Ihr Vater, König Felipe VI., hat von 1985 bis 1988 dieselbe militärische Ausbildung durchlaufen.

Kronprinzessin Elisabeth. (Foto: picture alliance / dpa / Belga)

Kronprinzessin Elisabeth (Belgien)

Die 23-jährige belgische Thronfolgerin legte im September 2023 ihren Offizierseid ab. Davor hatte sie schon zwischen 2020 und 2021 eine verkürzte Militärausbildung gemacht, bei der sie unter anderem den Umgang mit Panzerabwehrwaffen erlernte. Auch Märsche, Überleben im Feld und Hindernisparcours standen auf dem Programm. Sie lernte auch, einen Zug von 30 Soldaten zu führen. Nach dieser ersten Militärausbildung übte sie jeden Sommer mehrere Wochen beim Militär. Dabei läuft die militärische Karriere bei Elisabeth quasi nebenbei. Denn die Thronfolgerin studiert im Moment Geschichte und Politikwissenschaften an der Universität Oxford.

Kronprinzessin Amalia. (Foto: Ministerie van Defensie)

Kronprinzessin Amalia (Niederlande)

Im Jahr 2022 bekam Prinzessin Amalia einen Einblick in die Arbeit des niederländischen Militärs. Sie besuchte die Air Base in Volkel und flog bei einem Trainingsflug einer F-16 mit. Außerdem fuhr sie in einem Leopard-Kampfpanzer mit und war bei einer U-Boot-Fahrt dabei. Im Gegensatz zu den Thronfolgerinnen in Belgien und Spanien wird sie später als Königin nicht den Oberbefehl über die Streitkräfte ihres Landes innehaben. Deshalb blieb ihr Einblick in die Welt des Militärs auch vergleichsweise kurz.

Das Königshaus als Vorbild: Kronprinzessin Victoria, Thronfolgerin in Schweden (vorne links), macht gerade eine Offiziersausbildung. Schon im Jahr 2003 hat sie ihre Grundausbildung absolviert und danach immer wieder Reserveübungen geleistet. (Foto: Sara Friberg / Kungl Hovstaterna)

Kronprinzessin Victoria (Schweden)

Victorias (47) militärische Grundausbildung liegt mittlerweile mehr als zwanzig Jahre zurück, danach übte sie regelmäßig. Im Moment macht sie eine „Spezialoffiziersausbildung“, die 20 bis 25 Monate dauert. Auf Instagram teilte Victoria Fotos von sich in Tarnkleidung im Hörsaal. „In den nächsten Monaten werde ich meine Kenntnisse unter anderem in Taktik, Militärwissenschaft und Militärstrategie vertiefen“, schrieb sie in den Sozialen Medien.

Kronprinz William und Prinz Harry. (Foto: picture alliance/AP Photo)

Kronprinz William und Prinz Harry (Großbritannien)

William absolvierte eine umfassende militärische Ausbildung an der Royal Military Academy Sandhurst. Er diente später als Such- und Rettungspilot bei der Royal Air Force (RAF) und bei der Royal Navy. Seine Ausbildung umfasste Führung, Taktik und praktische Einsätze. Auch sein Bruder Harry wurde in Sandhurst ausgebildet. Er verpflichtete sich länger und nahm an zwei Einsätzen in Afghanistan teil. Er war als Hubschrauberpilot im Army Air Corps (der Heeresfliegertruppe) tätig und erreichte den Rang eines Captain.

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