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Krisen & Konflikte

Bundeswehr zurück nach Bosnien

Deutsche Soldaten sollen nach dem Willen von Außenministerin Annalena Baerbock nach Bosnien zurückkehren, um die europäische Friedensmission EUFOR-Althea zu verstärken. Der bosnische Serbenführer Milorad Dodik hat dagegen Widerstand angekündigt und verschärft damit die ohnehin brenzlige Situation in dem Balkanland. Vor den Wahlen im Oktober könnte die Lage eskalieren.

Im Herbst 2012 endete die Bereitstellung eines deutschen Kontingents für die europäische EUFOR-Althea-Mission - und damit die deutsche Truppenpräsenz in dem Land

Foto: Bundeswehr/Lars Pötsch

BosnienIFORSFOR

2012 sind die letzten deutschen Soldaten aus Bosnien abgezogen. In Folge des Abkommens von Dayton, das den Bosnien-Krieg beendete, waren seit 1995 mehr als 63.500 Bundeswehrangehörige in Bosnien-Herzegowina und Kroatien im Einsatz – zunächst bei der NATO-geführten Mission IFOR, dann bei SFOR. 2004 ging SFOR in die europäische EUFOR-Althea-Mission über. Im Herbst 2012 endete die Bereitstellung eines deutschen Kontingents. Mission accomplished, hieß es damals.

Doch die Lage in dem Balkanland hat sich in den vergangenen zehn Jahren nicht verbessert. Der Dayton-Vertrag hat dem Land ein politisches System beschert, in dem drei Nationalitäten in zwei Entitäten in Strukturen regiert werden, die selbst für heimische Politiker und Politikwissenschaftler kaum überschaubar sind. Gegenseitige Blockade ist ebenso die Regel wie alltägliche Korruption. Hinzu kommt seit einiger Zeit auf Seiten der serbischen Bosnier ein erneut hochkochender Nationalismus, der alle bisherigen Erfolge zunichte zu machen droht.

Russlands Krieg in der Ukraine hat die Fronten weiter verschärft. Der bosnische Serbenführer Milorad Dodik heizt die Stimmung im Land mit aggressiven Parolen an und findet dabei Unterstützung beim soeben wiedergewählten serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić. Vor einer erneuten Stationierung deutscher Soldaten hat Dodik unverhohlen mit Widerstand gedroht. Der bosnische Politikwissenschaftler Adnan Kapo von der renommierten Forschungseinrichtung IGES (Institute for Geopolitics, Economy an Security) in Sarajevo nannte gegenüber loyal die Serben „kleine Russen“ und meinte damit ein die Lage auf dem Balkan destabilisierender Faktor. Die in einer Föderation innerhalb Bosniens mit Kroaten lebenden Moslems werfen den Serben in der zu Bosnien gehörenden Republika Srbska vor, aus dem bosnischen Staatsverbund austreten und sich Serbien anschließen zu wollen. Dies könnte zu einem neuen Krieg in dem Land führen.

Zwischen 1992 und 1995 hatte im Gefolge des Zerfalls Jugoslawiens in Bosnien ein Krieg gewütet, in dessen Verlauf rund 100.000 Menschen getötet und mehr als zwei Millionen Menschen vertrieben wurden. In der Enklave Srebrenica im Osten des Landes verübten die Serben damals den schlimmsten Völkermord seit dem Zweiten Weltkrieg, als sie die gleichnamige UN-Schutzzone überfielen und in wenigen Tagen mehr als 8000 muslimische Jungen und Männer ermordeten.

Die EUFOR-Althea-Mission unter dem Kommando des österreichischen Generalmajors Anton Wessely hat die Aufgabe, durch militärische Präsenz zu einem sicheren Umfeld in Bosnien beizutragen. Formell beteiligt sind daran 19 Nationen, unter anderem Albanien, Bulgarien, Irland, Rumänien, die Schweiz, Österreich und Ungarn. EUFOR-Althea unterhält 17 so genannte LOT-Häuser in Bosnien – Liason and Observation Teams. Sie sollen laufend mit Vertretern der örtlichen Gemeinschaften sprechen und der Gesellschaft den Puls fühlen. Braut sich in einer Region ein Konflikt zusammen, soll EUFOR dort Flagge zeigen. Soweit die Theorie. In der Praxis sind die LOT-Häuser, die mit bis zu zehn Soldaten aus den beteiligten Nationen besetzt sind, oft versteckt. Der Truppe fehlt das Gerät, um zu einer effizienten Show of Force fähig zu sein. Lediglich die Rumänen sind mit einigen Radpanzern vom Schweizer Typ Piranha 3 vertreten. Doch selbst die bräuchten zuweilen Tage, um in dem gebirgigen und unwegsamen Land dorthin zu gelangen, wo sie benötigt werden. Außerdem fehlt es EUFOR-Althea an Luftbeweglichkeit und MedEvac-Kapazitäten. Politiker in Bosnien schätzen die Präsenz von EUFOR im Land, sagen hinter vorgehaltener Hand aber auch, dass sie die beteiligten Nationen für zu schwach halten, um robust auftreten und auf „dicke Hose“ machen zu können – das Einzige, was auf dem Balkan Respekt verschafft. Am liebsten hätten sie die Amerikaner zurück oder wenigstens die Briten – wenn die Deutschen wiederkämen, wäre das immerhin schon etwas.

EUFOR-Kommandeur General Wessely zeigte sich im Gespräch mit loyal im Hauptquartier Camp Butmir bei Sarajevo erfreut über die Überlegungen der Bundeswehr, seine Truppe zu ergänzen. Er kann die Unterstützung gut gebrauchen. In der Tat könnte die Bundeswehr ohne größere Vorbereitung noch vor den Wahlen in Bosnien im kommenden Oktober ins Land zurückkehren; die gesamte Infrastruktur für die Aufnahme von 70 bis 120 deutschen Soldaten, von denen die Rede ist, ist vorhanden. Es wäre eine deutliche Verstärkung für die rund 650 Mann umfassende EUFOR-Mission, für die General Wessely angesichts der sich zuspitzenden Lage im Land kürzlich bereits 500 Mann Reservekräfte angefordert hat.

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