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Deut­sche In­ter­es­sen

Die künf­ti­ge Bun­des­re­gie­rung wird neue Wege in der Außen- und Si­cher­heits­po­li­tik gehen müs­sen. Alte Ge­wiss­hei­ten sind ins Wan­ken ge­ra­ten. Die Welt wird un­si­che­rer. China, das Ver­hält­nis zu den USA, die Wie­der­be­le­bung der NATO, die rus­si­sche Be­dro­hung, das Mi­gra­ti­ons­pro­blem und der Ter­ro­ris­mus sind die wich­tigs­ten The­men auf der Agen­da der kom­men­den Jahre. Deutsch­land hat dabei ei­ge­ne In­ter­es­sen. Nach Jah­ren der Le­thar­gie ist eine ak­ti­ve Außen- und Si­cher­heits­po­li­tik ge­fragt.

Sym­bol­bild: Chi­ne­si­sche Sol­da­ten bei einer Übung zur Ter­ro­ris­mus­be­kämp­fung.

Foto: imago images/ITAR-TASS

Noch wis­sen die Deut­schen nicht, ob sie künf­tig von einer Ampel- oder einer Ja­mai­ka-Ko­ali­ti­on re­giert wer­den. Aus­ge­schlos­sen ist nach dem Er­geb­nis der Bun­des­tags­wahl eine Rot-grün-rote Bun­des­re­gie­rung, un­wahr­schein­lich eine SPD-ge­führ­te Große Ko­ali­ti­on. Ob Ampel oder Ja­mai­ka  – die  nächs­te Bun­des­re­gie­rung wird sich einer Reihe von außen- und si­cher­heits­po­li­ti­schen Her­aus­for­de­run­gen ge­gen­über­se­hen, die im Wahl­kampf keine oder zu­min­dest keine große Rolle ge­spielt haben, sich in ihrer Dring­lich­keit kaum von an­de­ren Gro­ßauf­ga­ben wie dem Kli­ma­schutz oder der Wah­rung des Wohl­stands in Deutsch­land un­ter­schei­den. So­viel ist si­cher: Die Le­thar­gie der deut­schen Außen- und Si­cher­heits­po­li­tik der ver­gan­ge­nen Jahre kann kein Re­zept für die Zu­kunft sein.

Her­aus­for­de­rung China

Die wich­tigs­te außen- und si­cher­heits­po­li­ti­sche Her­aus­for­de­rung der kom­men­den Jahre und Jahr­zehn­te ist China. Die letz­ten drei Bun­des­re­gie­run­gen unter Kanz­le­rin An­ge­la Mer­kel haben eine be­tont chi­n­afreund­li­che Po­li­tik be­trie­ben, bei der der Han­del im Mit­tel­punkt stand. Stra­te­gi­sche Er­wä­gun­gen spiel­ten kaum eine Rolle, und die Mah­nung der Men­schen­rech­te ge­gen­über der grö­ß­ten Dik­ta­tur der Welt er­schien mehr eine Pflicht­übung als eine Her­zens­an­ge­le­gen­heit. Unter Prä­si­dent Xi Jin­ping ent­wi­ckelt sich China ge­ra­de zu einer Kul­tur­re­vo­lu­ti­on 2.0 – al­ler­dings mit einem im Ver­gleich zu Maos Zei­ten un­vor­stell­ba­ren in­ter­na­tio­na­len Macht­an­spruch und einem gi­gan­ti­schen mi­li­tä­ri­schen Be­dro­hungs­po­ten­zi­al für die Welt. Die Macht­spiel­chen ge­gen­über Tai­wan die­ser Tage haben ein­mal mehr ge­zeigt, dass es Pe­king ernst meint.

In an­de­ren west­li­chen Län­dern wie den USA, Großbri­tan­ni­en oder Aus­tra­li­en wird die­ser Do­mi­nanz­an­spruch der Volks­re­pu­blik China an­ders als in Deutsch­land längst als Be­dro­hung wahr­ge­nom­men. Ge­ra­de die ge­nann­ten drei Län­der sind es, die dem nun etwas Hand­fes­tes ent­ge­gen­set­zen wer­den. Sie haben sich zu einem Si­cher­heits­bünd­nis zu­sam­men­ge­schlos­sen, um im in­do­pa­zi­fi­schen Raum stär­ker mi­li­tä­ri­sche Prä­senz zu zei­gen. Dass dabei ein rüs­tungs­po­li­tisch in­ter­es­san­ter Deal über den Bau von atom­ge­trie­be­nen U-Boo­ten für Aus­tra­li­en zum Nach­se­hen Frank­reichs zu­stan­de ge­kom­men ist, ist ein Ne­ben­ef­fekt. In Eu­ro­pa, ins­be­son­de­re in Frank­reich, hat die­ser Ne­ben­ef­fekt al­ler­dings zu gro­ßer Em­pö­rung und zu un­ge­wöhn­li­chen di­plo­ma­ti­schen Schrit­ten ge­führt wie dem Abzug der fran­zö­si­schen Bot­schaf­ter aus Wa­shing­ton und Can­ber­ra.

Eu­ro­pa muss sich ent­schei­den

Die USA, Großbri­tan­ni­en und Aus­tra­li­en bün­deln ihre Kräf­te, um China zu zei­gen, dass seine un­ver­hoh­le­ne Ex­pan­si­on nicht ohne Kon­se­quen­zen blei­ben wird, soll­te sie der­art auf Kos­ten der Welt­ge­mein­schaft vor­an­ge­hen, wie das bis­lang der Fall war. Eu­ro­pa – und damit auch Deutsch­land – wird sich ent­schei­den müs­sen, auf wel­cher Seite des glo­ba­len Rin­gens es ste­hen will. Die enor­me Ab­hän­gig­keit der deut­schen Ex­port­wirt­schaft von China macht es für Ber­lin schwer, hier ein­deu­tig Stel­lung zu be­zie­hen. Sym­bo­li­sche Maß­nah­men wie die Ent­sen­dung einer Fre­gat­te der Deut­schen Ma­ri­ne in den In­do­pa­zi­fik wer­den künf­tig nicht mehr aus­rei­chen, will Deutsch­land von sei­nen Part­nern in Nord­ame­ri­ka und im Süd­pa­zi­fik ernst ge­nom­men wer­den.

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Die Part­ner­schaft zu den USA wird eben­falls oben auf der Agen­da der neuen Bun­des­re­gie­rung ste­hen müs­sen. Hier liegt auch nach dem Wech­sel im Wei­ßen Haus noch vie­les im Argen. Ken­ner der ame­ri­ka­ni­schen Po­li­tik hat­ten vor­aus­ge­sagt, dass die USA unter Prä­si­dent Biden ihre ei­ge­nen In­ter­es­sen nicht we­ni­ger knall­hart ver­tre­ten wer­den als unter Prä­si­dent Trump, außer dass der Ton und die Ges­tik kon­zi­li­an­ter wür­den. Der un­ab­ge­spro­che­ne Hopp­la­hopp-Abzug der Ame­ri­ka­ner aus Af­gha­ni­stan im Som­mer hat indes alle Ex­per­ten über­rascht und ge­zeigt, dass nicht ein­mal Ton und Ges­tik sich ge­än­dert haben – denn in die­sem Fall hat es vorab gar keine Kom­mu­ni­ka­ti­on mit den Ver­bün­de­ten ge­ge­ben. Die Eu­ro­pä­er wur­den von den Ame­ri­ka­nern schlicht vor voll­ende­te Tat­sa­chen ge­stellt. Dies hat zu einem Ver­trau­ens­ver­lust in­ner­halb der NATO ge­führt, der noch schlim­mer wiegt als der zu Zei­ten Trumps. Bei Trump wuss­te man im­mer­hin, dass man wenig bis nichts zu er­war­ten hatte. Der Fall des Hoff­nungs­trä­gers Biden war aus eu­ro­päi­scher Sicht daher noch tie­fer.

Ge­mein­sa­mes Han­deln

Deutsch­land wird sich dafür ein­set­zen müs­sen, dass in­ner­halb der NATO wie­der trag­fä­hi­ge Netze der Kom­mu­ni­ka­ti­on und der Ab­stim­mun­gen ent­ste­hen. Ge­mein­sa­mes Han­deln ist ein kaum zu über­tref­fen­des deut­sches In­ter­es­se. Der ein­ge­lei­te­te Re­form­pro­zess in­ner­halb der Al­li­anz bie­tet Ber­lin hier eine gute Chan­ce, sich um eine Wie­der­be­le­bung des Bünd­nis­ge­dan­kens ver­dient zu ma­chen.

Nach der Rück­be­sin­nung der Ame­ri­ka­ner auf ihre ei­ge­nen stra­te­gi­schen In­ter­es­sen ist die Idee des welt­wei­ten De­mo­kra­tie­ex­ports und des Na­ti­on Buil­ding tot. In die deut­sche Hal­tung des glo­ba­len So­zi­al­ar­bei­ters hat diese Dok­trin gut hin­ein­ge­passt, und sie war die Grund­la­ge für die Ver­mitt­lung von Aus­lands­ein­sät­zen wie dem in Af­gha­ni­stan in der brei­ten Öf­fent­lich­keit. Der Auf­bau de­mo­kra­ti­scher, sich selbst tra­gen­der Struk­tu­ren in einem Land wie Af­gha­ni­stan ist nach 20 Jah­ren der­art nie­der­schmet­ternd ge­schei­tert, dass dies lang­fris­ti­ge Fol­gen für die in­ter­na­tio­na­le Po­li­tik hat. Die USA haben sich nach den Wor­ten ihres Prä­si­den­ten von der Idee des na­ti­on-buil­ding ver­ab­schie­det. Eu­ro­pa wird man­gels mi­li­tä­ri­scher Ka­pa­zi­tä­ten nicht in die Bre­sche sprin­gen kön­nen, und Deutsch­land feh­len al­le­mal die Mit­tel dazu. An­ders aus­ge­drückt: Die in­ter­na­tio­na­le Po­li­tik wird we­ni­ger von Träu­men be­stimmt wer­den, statt­des­sen mehr von har­ten Rea­li­tä­ten und je ei­ge­nen In­ter­es­sen.

Was sind un­se­re glo­ba­len In­ter­es­sen?

Auch die neue Ber­li­ner Außen- und Si­cher­heits­po­li­tik wird sich dar­auf ver­stän­di­gen müs­sen, wel­ches un­se­re ur­ei­gens­ten glo­ba­len In­ter­es­sen sind. Wenn schon jetzt bei den Son­die­run­gen von einem „gro­ßen Wurf“ die Rede ist, dann soll­te die­ser große Wurf auch für die For­mu­lie­rung die­ser deut­schen In­ter­es­sen gel­ten. Oder wird die neue Ko­ali­ti­on sich doch nur mit einem gro­ßen Wurf bei der Kli­ma­po­li­tik be­gnü­gen, der – so viel darf schon jetzt ver­mu­tet wer­den – glo­bal kaum Aus­wir­kun­gen hat, hier­zu­lan­de je­doch mas­si­ve Ver­än­de­run­gen für jeden Haus­halt mit sich bringt.

Wenn die neue deut­sche Bun­des­re­gie­rung ei­ge­ne außen- und si­cher­heits­po­li­ti­sche In­ter­es­sen for­mu­liert, dann wird sie nicht drum­her­um kom­men zu er­klä­ren, wel­che mi­li­tä­ri­schen Mit­tel sie zu deren Wah­rung zur Ver­fü­gung stellt. Eine jah­re­lan­ge Dis­kus­si­on wie in der SPD um eine Selbst­ver­ständ­lich­keit wie die Be­waff­nung von Droh­nen kann sich die neue Ko­ali­ti­on je­den­falls nicht er­lau­ben. In­ter­es­sen­po­li­tik ist im 21. Jahr­hun­dert wie­der ein­mal Macht­po­li­tik. Und die stützt sich nun mal auf ein mi­li­tä­ri­sches Dis­po­si­tiv. Eine bes­tens aus­ge­stat­te­te Bun­des­wehr, ato­ma­re Teil­ha­be, das Ver­hält­nis zu Russ­land, die Si­che­rung der NATO-Ost­flan­ke, die Part­ner­schaft mit der Ukrai­ne, ein rea­lis­ti­scher Um­gang mit der Tür­kei, die An­er­ken­nung der Mi­gra­ti­on übers Mit­tel­meer nicht nur als hu­ma­ni­tä­res, son­dern auch als ein de­sta­bi­li­sie­ren­des ge­sell­schaft­li­ches und si­cher­heits­po­li­ti­sches Pro­blem, die Be­ob­ach­tung und Ab­wehr des in­ter­na­tio­na­len Ter­ro­ris­mus – das sind wei­te­re The­men, denen sich der nächs­te Kanz­ler, der nächs­te Au­ßen­mi­nis­ter, der nächs­te Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter und die sie tra­gen­den Par­tei­en stel­len müs­sen. Wie­viel Rea­li­täts­sinn und Ver­nunft Deutsch­lands künf­ti­gen in­ter­na­tio­na­len Auf­tritt be­inhal­tet, wird der Ko­ali­ti­ons­ver­trag zei­gen.

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