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Deutschlands Drohnen-Initiative: Mit Budgetresten die Ukraine ausrüsten

Auf dem NATO-Gipfel in Washington hatten Deutschland und Lettland eine Unterstützung der Ukraine in Sachen Drohnen angekündigt. Wie die technisch aussehen könnte, wurde jetzt auf dem Fliegerhorst Manching vorgestellt. Doch es bleiben mehr Fragen als Antworten – vor allem, ob diese Initiative kurzfristig so viel Masse bringt, wie die Ukraine jetzt dringend braucht. Zweifel sind angebracht.

Blick in den Hangar auf dem Fliegerhorst Manching. Hier präsentierten deutsche und lettische Drohnen-Unternehmen ihre UAVs.

Foto: Björn Müller

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Ende Oktober auf dem Fliegerhorst Manching: Vor dem offenen Tor eines Hangars ist die Luft erfüllt vom Summen herumflitzender Drohnen (UAV). Sie werden beobachtet von Soldaten und Industrievertretern. Im Hangar präsentieren deutsche und lettische Drohnen-Unternehmen ihre Produkte, eingerahmt von den 25 Fahnen jener Länder, die sich der Drohnen-Koalition für die Ukraine angeschlossen haben. Der Industrietag ist Auftakt der „Drohnen-Initiative“ für die Ukraine, die Deutschland mit Lettland auf dem Washingtoner NATO-Gipfel im Juli ankündigte. Damals hieß es, die Drohnen-Produktion beider Länder solle nutzbar gemacht werden, um der Ukraine beizustehen. Für den ukrainischen Abwehrkampf sind UAV essenziell. „Drohnen sind unsere Munition“, so der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev in Manching.

Vor Ort wurde deutlich, wie der deutsch geführte Ansatz aussieht: Zum Ende jedes Jahres fallen in Staatshaushalten sogenannte Ausgabereste an, die zum Folgejahr verfallen. Aus solchen Restmitteln sollen die Partner auf den letzten Drücker noch Drohnen bei deutschen und lettischen Herstellern einkaufen. General Christian Freuding, Leiter des Sonderstabs Ukraine der Bundeswehr, bei der Eröffnung der Veranstaltung: „Wir hoffen, dass Sie eine Möglichkeit sehen, von ihrem Budgetrest bis zum Ende des Jahres hier zu investieren.“ Die in Manching präsentierten Drohnen seien Typen, deren Produktion in wenigen Wochen bis Monate erfolgen könne, so Freuding weiter. Eine vom Verteidigungsministerium vor Ort präsentierte Zeitlinie sieht ein „Commitment“ bis zum Beginn dieser Woche vor, das Geld sollen die Käufer dann spätestens bis zum 30. November überweisen.

Für viele eher ein Informationstermin

Ob diese Drohnen-Initiative viel bringen wird, ist fraglich. Als Abgesandte der Partner ließen sich vor allem Militärattachés von NATO-Partnern ausmachen. Nur die Amerikaner äußerten auf Nachfrage, sie seien auf der Suche nach „Masse, die sich schnell liefern lasse“. Die französischen und italienischen Militärattachés ließen erkennen, die Industriepräsentation eher als Informationstermin zu sehen. Das galt auch für die Masse an Besuchern: Bundeswehroffiziere, die sich ein Bild von der Produktpalette der heimischen Industrie verschaffen wollten. Bei Industrievertretern sorgte das Infoheft des Wehrressorts zur Veranstaltung für Erheiterung. Darin fand sich der Vordruck einer Beitrittserklärung für „Ministry of Defence of XXX“ samt Bankkonto der Bundesbankfiliale Leipzig zur Überweisung.

Kampfdrohne Hornet von Rheinmetall. (Foto: Björn Müller)

Insgesamt waren 20 deutsche und sieben lettische Hersteller von Drohnentechnik in Manching. Die meisten der präsentierten Drohnen dienen der Aufklärung, es folgten Kampf-Drohnen und Geräte zur Drohnenabwehr. Einiges davon hat sich in Ukraine-Einsätzen bewährt wie die Aufklärungsdrohen Vector von Quantum-Systems und Songbird von German Drones. Andere Systeme sind noch Prototypen ohne Frontbewährung, etwa die Rettungsdrohne „Grille“ von Avilus. Ein Neuling ist das Unternehmen Opto Precision. Das liefert bisher vor allem Aufklärungstechnik für die Bundespolizei See. In Manching stellte die Firma aus Bremen ihre Drohne Rochen VT-4 vor: ein mächtiger Senkrechtstarter in Form eines Segelrochens mit sechs Stunden Flugzeit bei 600 Kilometern Reichweite. Ursprünglich ist es entwickelt worden, um über der Nordsee Abgaswerte zu messen. „Doch das System lässt sich auch mit anderer Sensorik rüsten“, so der Firmenvertreter.

Beim Gang über die Leistungsschau gewann man den Eindruck, dass der „Drone Demonstration Day“ weniger ein Einkaufsbasar, sondern eher ein Treffen zum Beschnuppern und bestenfalls Vernetzen war. Nach der Vorführung eines lettischen Kampfdrohnen-Startups überreichte der Vertreter eines etablierten deutschen Wehrkonzerns seine Visitenkarte. Er sondiert, ob die Letten Interesse hätten, ihre Drohnen an der Abwehrtechnik seines Konzerns zu messen. Auch solch eine kleine Test-Kooperation würde kaum rasch an den Start gehen. „Bis da etwas passiert, dauert es ein paar Wochen“, so der Konzernvertreter auf Nachfrage. „Die müssen erstmal genau durchleuchtet werden, wie seriös die sind. Wir haben dafür klare Abläufe.“ Die Letten wiederum zeigten sich unsicher bei der Frage, ob sie auch in der Ukraine direkt produzieren würden. „Das Thema Korruption steht hier für uns im Raum“, hieß es.

Harte Konkurrenz

Daneben zeigte der Drohnen-Tag in Manching, dass es in der kleinen deutschen Drohnen-Industrie bereits harte Konkurrenz gibt. Am Tag danach griff der Chef von Quantum-Systems, Florian Seibel, den Konkurrenten Helsing mit einem Post auf der Social-Media Plattform LinkedIn scharf an. Er verwies auf die Präsentation der Helsing Kampfdrohne HX-2 Karma in Manching. Laut Seibel seien deren Leistungsdaten völlig überzogen. „Solche Werbeversprechen schaden unserer Industrie, weil sie unsere Glaubwürdigkeit untergraben“ postet Seibel auf Englisch. Den Post löschte er inzwischen wieder. Der Hintergrund: Quantum-Systems ist neben dem Platzhirsch Rheinmetall bisher der große Newcomer bei deutschen Militär-Drohnen. Seine Aufklärungsdrohne Vector hält Einzug in die Bundeswehr. Die Vector liegt auf Platz 1 der von Deutschland gelieferten Drohnen an die Ukraine. Dort hat Quantum als einziges deutsches Drohnen-Unternehmen eine Fabrik aufgebaut. Auf Platz 2 der Ukrainelieferungen folgt Helsing mit der RQ-35 Heidrun. Helsing ist eigentlich ein KI-Unternehmen, das sich mit dem dänischen Drohnenhersteller Sky-Watch zusammengetan hat. Quantum-Systems und Helsing konkurrieren um die zurzeit wichtigste Drohnen-Ausschreibung der Bundeswehr, die Nachfolge der Aufklärungsdrohne für den Nächstbereich ALADIN. Hier geht es um potenziell mehr als 700 Drohnen – eine für Bundeswehrverhältnisse ungewöhnlich hohe Stückzahl.

Bis Anfang Dezember wird sich zeigen, wie erfolgreich die Budgetresteverwertung für Drohnenlieferungen an die Ukraine war. Für Deutschland ist bekannt, dass das Verteidigungsministerium Ende September rund 400 Millionen Euro extra für die Ukrainehilfe erhalten hat. Aus Resten dieses Betrags werden sich Drohnen-Einkäufe speisen. Problematisch bleibt, dass die sogenannten Fähigkeitskoalitionen der Alliierten für die Ukraine ihren eigentlichen Zweck nicht erfüllen. Die „Capability Coalitions“ – wie jene für Drohnen – wurden eigens gestartet, um vom kurzfristigen Lückenfüllen wegzukommen. Stattdessen sollen militärische Fähigkeiten für die Ukraine nachhaltig aufgebaut werden. Das heißt: weniger Typenvielfalt, effizientere Logistik, leistungsfähigere Produktion. Doch das ist kaum erkennbar.

Infotafel des BMVg zu deutschen Drohnen-Unternehmen beim Drone Demonstration Day in Manching. (Foto: Björn Müller)

Die wichtige Koalition für Luftverteidigung wird seit Monaten von Deutschlands „Immediate Action on Air Defence Initiative“ geprägt. Hier geht es wieder darum, wenigstens ein paar mehr Abwehrsysteme für die Ukraine zusammenzukratzen. Der strategische Aufbau einer ukrainischen Luftverteidigung samt Produktion ist nicht erkennbar. Bei der Drohnen-Koalition werden diverse Bestellungen überschaubarer Stückzahlen aus Budgetresten keinen Impuls setzen, um die ukrainische Drohnen-Bewaffnung voranzubringen. Einen Auftakt dazu soll ein Fonds der Koalitionäre sein, nach lettischen Angaben befüllt mit 58 Millionen Euro. „Deutschland zahlt zehn Millionen Euro in den gemeinsamen Fonds ein“, so ein Sprecher des Verteidigungsministeriums zu loyal. Aus diesem hat die Lead-Nation Großbritannien zwei Ausschreibungen platziert – eine für FPV-Kampfdrohnen und eine für Abfangdrohnen. Auch ukrainische Unternehmen sind hier zugelassen. Die ausgewählten Systeme, die sich in der Ukraine bewähren, sollen 2025 dann in mehreren hundert Stück pro Monat in die Produktion gehen. Neben den Budgetreste-Drohnen und dem Koalitionsfonds hat Deutschland noch ein drittes Drohnen-Vorhaben für die Ukraine. Seit Oktober dieses Jahres sollen 4.000 Kampfdrohnen über die Ertüchtigungsinitiative beschafft werden. Zum Stand dieses Projekts bleibt das Wehrressort sehr vage. Auf Nachfrage heißt es lediglich, dass diese Kampfdrohnen so rasch wie möglich ausgeliefert werden sollen.

Alle wichtigen Fragen zu Drohnen in der Bundeswehr beantwortet dieser loyal-Artikel:  „Die drohnenarme Armee“

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