DAS MA­GA­ZIN

Mo­nat­lich in­for­mie­ren wir un­se­re Mit­glie­der mit der loyal über si­cher­heits­po­li­ti­sche The­men. Ab so­fort kön­nen Mit­glie­der auch im Be­reich Ma­ga­zin die darin auf­ge­führ­ten Ar­ti­kel lesen!

Mehr dazu
DER VER­BAND

Der Ver­band der Re­ser­vis­ten der Deut­schen Bun­des­wehr (VdRBw) hat mehr als 115.000 Mit­glie­der. Wir ver­tre­ten die Re­ser­vis­ten in allen mi­li­tä­ri­schen An­ge­le­gen­hei­ten.

Mehr dazu
MIT­GLIED­SCHAFT

Wer­den Sie Teil einer star­ken Ge­mein­schaft

Mehr dazu

loyal

Im stra­te­gi­schen Va­ku­um

Für die Rück­kehr der Lan­des- und Bünd­nis­ver­tei­di­gung ist die Bun­des­wehr nicht aus­ge­legt. Die vor­ge­stell­ten Re­form­an­sät­ze von Mi­nis­te­rin und Ge­ne­ral­in­spek­teur sind zu dürf­tig, um eine Streit­kraft auf­zu­bau­en, die das heu­ti­ge Kriegs­bild be­wäl­ti­gen kann.

An­ge­hö­ri­ge des Lan­des­re­gi­ments Bay­ern bei einer Übung. Die­ses hat mit 450 Dienst­pos­ten al­ler­dings nur Ba­tail­lons­grö­ße. Die Bun­des­wehr ver­fügt über zu dünne und über­al­ter­te Re­ser­ve-Struk­tu­ren.

Foto: Ben­ja­min Vor­höl­ter

bun­des­wehr

Die Bun­des­wehr er­war­tet eine neu­er­li­che Struk­tur­re­form. Künf­tig sol­len vier „Di­men­si­ons­kom­man­dos“ für die Be­rei­che Land, Luft-/Welt­raum, See sowie Cyber- und In­for­ma­ti­ons­raum zu­stän­dig sein. Die or­ga­ni­sa­to­ri­sche Kon­zen­tra­ti­on auf das Ein­satz­füh­rungs­kom­man­do für Aus­lands­ein­sät­ze und auf ein neu zu grün­den­des teil­streit­kraft­über­grei­fen­des ter­ri­to­ria­les Füh­rungs­kom­man­do für die Lan­des- und Bünd­nis­ver­tei­di­gung sowie für den Hei­mat­schutz soll die Füh­rungs­struk­tu­ren ver­schlan­ken (siehe loyal 2/2021). So steht es im ak­tu­el­len Eck­punk­te­pa­pier von Bun­des­ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­rin An­ne­gret Kramp-Kar­ren­bau­er und Ge­ne­ral­in­spek­teur Eber­hard Zorn, das beide im Mai vor­ge­stellt haben.

Die Frage, die sich nach der Ver­öf­fent­li­chung des Eck­punk­te­pa­piers stellt, lau­tet: Wird diese Re­form­per­spek­ti­ve aus­rei­chen, um die grund­le­gen­den Pro­ble­me der Bun­des­wehr zu lösen? Das Pro­blem­spek­trum der deut­schen Streit­kräf­te ist weit und seit Lan­gem be­kannt. Die Bun­des­wehr kämpft seit Jah­ren, wenn nicht seit Jahr­zehn­ten mit einer gan­zen Reihe von Schwie­rig­kei­ten, die ihre Ur­sa­che in ers­ter Linie in der deut­schen Po­li­tik haben.

Das wo­mög­lich schwer­wie­gends­te Pro­blem geht auf die mas­si­ve Stär­ke­re­du­zie­rung in den 1990er-Jah­ren zu­rück. Da­mals wur­den nicht nur die Zah­len der ak­ti­ven Trup­pen­tei­le stark ver­klei­nert, son­dern auch die der in Frie­dens­zei­ten in­ak­ti­ven Re­ser­ve­ein­hei­ten. Bis auf we­ni­ge „Er­gän­zungs­trup­pen­tei­le“ in Ba­tail­lons- oder sogar nur Kom­pa­nie­stär­ke wur­den diese auf­ge­löst. Das hatte zur Kon­se­quenz, dass die deut­schen Streit­kräf­te im Ver­tei­di­gungs­fall man­gels Auf­wuchs­or­ga­ni­sa­ti­on schwer­lich auf die nö­ti­ge Ein­satz­stär­ke ge­bracht wer­den kön­nen. Die Aus­wir­kun­gen auf die Ab­schre­ckungs­fä­hig­keit in einer Zeit, in der Lan­des- und Bünd­nis­ver­pflich­tung nun wie­der an obers­ter Stel­le des Auf­ga­ben­spek­trums der Trup­pe steht, sind of­fen­sicht­lich.

Mit der Ver­klei­ne­rung voll­zog sich vor allem bei der Zahl der Mann­schafts­dienst­pos­ten ein Kahl­schlag. Folge: Zu viele Häupt­lin­ge und zu we­ni­ge In­dia­ner. Bei der­zeit knapp 200.000 Sol­da­ten ma­chen die Mann­schaf­ten le­dig­lich rund 60.000 aus. Damit sind un­se­re Streit­kräf­te nur noch be­grenzt kampf­taug­lich, was auch an der ge­rin­gen Zahl ver­blie­be­ner Kampf­trup­pen­ver­bän­de ab­zu­le­sen ist, die einen hohen Mann­schafts­an­teil er­for­dern.

Wie sicht­bar ist die Trup­pe noch?

Die Ge­win­nung von Per­so­nal ist zu einem Grund­pro­blem ge­wor­den. Es wird noch da­durch ver­schärft, dass die Bun­des­wehr durch Stand­ort­schlie­ßun­gen weit­ge­hend aus der Ge­sell­schaft ver­schwun­den ist. War sie frü­her fast über­all im kom­mu­na­len Leben ver­wur­zelt, wird sie heute oft nur noch über die Mas­sen­me­di­en oder gar nicht mehr als Teil un­se­res Ge­mein­we­sens wahr­ge­nom­men. Auch die Aus­set­zung der Wehr­pflicht hat die­sen Trend be­för­dert. Ein wei­te­res Pro­blem von stra­te­gi­scher Be­deu­tung ist die Aus­stat­tungs­mi­se­re. Sie be­ein­träch­tigt die Bun­des­wehr in ihrem Wir­kungs­grad gra­vie­rend. In­zwi­schen ist hier er­freu­li­cher­wei­se eine öf­fent­li­che Dis­kus­si­on in Gang ge­kom­men, eine Lö­sung ist aber noch nicht in Sicht. Die Rüs­tungs­pla­ner be­kom­men das kom­ple­xe Zu­sam­men­spiel von fort­schrei­ten­der Ver­al­te­rung des Ma­te­ri­als, über­zo­ge­ner Aus­stat­tungs­viel­falt und stör­an­fäl­li­ger Kom­ple­xi­tät der Ge­rät­schaf­ten bis­lang nicht in den Griff. Zu­sätz­lich stellt sich die Frage, ob der für die Be­schaf­fung vor­ge­hal­te­ne Ap­pa­rat für seine Auf­ga­be ge­eig­net ist (vgl. loyal 6/2021).

Die Struk­tur­re­for­men für die Trup­pe in den ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­ten sind Stück­werk ge­blie­ben. Längst ist klar, dass mi­li­tä­ri­sche Ein­sät­ze zu­meist „joint“, also teil­streit­kraft­über­grei­fend, er­fol­gen. Nur durch Schaf­fung einer teil­streit­kraft­über­grei­fen­den Ma­tri­x­or­ga­ni­sa­ti­on könn­te dem ent­spro­chen wer­den. Das ist bis­lang nur an­satz­wei­se um­ge­setzt. Ef­fi­zi­ent wir­ken könn­te aber auch diese neue Bun­des­wehr nur mit einer um­fas­sen­den Ein­satz­stra­te­gie, die die Kon­fron­ta­ti­on mit klas­si­schen Streit­kräf­ten wie mit asym­me­tri­schen Geg­nern zu einer ganz­heit­li­chen Dok­trin ge­bün­delt hätte. Eine sol­che fehlt. Et­li­che Bünd­nis­part­ner sind hier we­sent­lich wei­ter. Das gilt auch für die mi­li­tä­ri­sche Be­set­zung des vir­tu­el­len Raums.

Die „Kon­zep­ti­on der Bun­des­wehr“ (KdB) von 2018 hatte all diese Pro­ble­me durch­aus im Blick. Aber sie ist an ihrer Lö­sung ge­schei­tert. Die seit­dem hin­zu­ge­kom­me­nen Re­form­über­le­gun­gen haben eher skiz­zen­haf­ten Cha­rak­ter oder gehen nicht in aus­rei­chen­dem Maß in die Tiefe. Die Lan­des- und Bünd­nis­ver­tei­di­gung steht schon in der KdB im Vor­der­grund, was der ver­än­der­ten si­cher­heits­po­li­ti­schen Lage in Eu­ro­pa Rech­nung trägt. Das im Mai vor­ge­leg­te Eck­punk­te­pa­pier von Ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­rin An­ne­gret Kramp-Kar­ren­bau­er und Ge­ne­ral­in­spek­teur Eber­hard Zorn schlie­ßt hier an. Gleich­wohl gibt schon die KdB keine Aus­kunft dar­über, wie die Bun­des­wehr das leis­ten soll. Ins­be­son­de­re wird der im Ver­tei­di­gungs­fall un­ab­ding­ba­re Auf­wuchs nicht näher be­schrie­ben. Hier­zu heißt es in der KdB: „Im We­sent­li­chen wer­den die be­stehen­den ak­ti­ven und nicht-ak­ti­ven Struk­tur­ele­men­te ver­füg­bar sein.“ So all­ge­mein bleibt es auch beim Hei­mat­schutz: „Auf­ga­ben des Hei­mat­schut­zes wer­den mit der Grund­auf­stel­lung der Bun­des­wehr er­füllt.“

Keine sub­stan­zi­el­le Auf­wuchs­pla­nung

Und so soll es gemäß dem jüngs­ten Eck­punk­te­pa­pier auch blei­ben: „Sta­tio­nie­rung, Trup­pen­struk­tu­ren und Be­zeich­nun­gen der Trup­pen­tei­le blei­ben grund­sätz­lich un­ver­än­dert.“ Eine sub­stan­zi­el­le Auf­wuchs­pla­nung ist also wei­ter­hin nicht vor­ge­se­hen, ob­wohl das Do­ku­ment an an­de­rer Stel­le for­dert: „Die Re­ser­ve muss rasch und früh­zei­tig auf­wuchs­fä­hig sein.“ Daran wer­den auch die fünf neuen Hei­mat­schutz­re­gi­men­ter und der neue Frei­wil­li­gen­dienst im Hei­mat­schutz nichts än­dern: Das Lan­des­re­gi­ment Bay­ern etwa ist mit gut 450 Dienst­pos­ten fak­tisch ein klei­nes Ba­tail­lon, und der Frei­wil­li­gen­dienst kann der­zeit pro Jahr 1.000 Dienst­leis­ten­de auf­neh­men. Eine Hilfe ist in die­sem Zu­sam­men­hang al­ler­dings die Grund­be­or­de­rung, durch die die Re­ser­ve jedes Jahr auf­ge­stockt und ihre Auf­wuchs­fä­hig­keit somit ver­bes­sert wird.

Ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­rin An­ne­gret Kramp-Kar­ren­bau­er. (Foto: imago images / Po­li­ti­cal-Mo­ments)

Zur Per­so­nal­pla­nung heißt es in der KdB von 2018: „Per­so­nal­um­fang und -struk­tur müs­sen be­darfs­ge­recht und nach­hal­tig fi­nan­ziert sein und sich an der Auf­ga­ben­er­fül­lung der Bun­des­wehr aus­rich­ten.“ Dar­über hin­aus­ge­hen­de Richt­li­ni­en feh­len. Statt­des­sen wird „die Not­wen­dig­keit, sich bei der Ge­win­nung neuen Per­so­nals wett­be­werbs­fä­hig auf dem Ar­beits­markt zu po­si­tio­nie­ren“, be­tont.

Auf­fäl­lig ist, dass die Bun­des­wehr hier auf einen „am Maß­stab der At­trak­ti­vi­tät ori­en­tier­te(n) „Ar­beit­ge­ber“ in Nor­mal­zei­ten re­du­ziert wird, denn Be­stim­mun­gen zum Per­so­nal­ma­nage­ment in Kriegs­zei­ten und die dann nö­ti­ge Mo­bi­li­sie­rung der Re­ser­ve feh­len. Die ak­tu­el­len Eck­punk­te be­kräf­ti­gen diese Per­spek­ti­ve: „Die Ziel­grö­ße der Bun­des­wehr [von 203.000 Sol­da­ten, M.S.] soll un­ver­än­dert bei­be­hal­ten wer­den“ – und auch „eine ein­satz­be­rei­te Re­ser­ve“ habe sich „in­ner­halb die­ser Ziel­grö­ße“ zu be­we­gen.

Dass das per­so­nel­le Band zwi­schen Bun­des­wehr und Ge­sell­schaft vor allem unter der Aus­set­zung der Wehr­pflicht lei­det, ist un­ver­kenn­bar. Die Bun­des­wehr­pla­ner hat­ten diese Her­aus­for­de­rung in der KdB im Blick: „Die Re­ser­ve ist ein we­sent­li­cher Be­stand­teil der na­tio­na­len Si­cher­heits­vor­sor­ge und be­darf der fes­ten Ver­an­ke­rung in der Ge­sell­schaft.“ Das Wie bleibt je­doch auch hier un­er­wähnt: Wie genau soll eine sol­che Ein­bet­tung lang­fris­tig ge­lin­gen?

Feh­len­de Auf­wuchs­ka­pa­zi­tä­ten

Die „Stra­te­gie der Re­ser­ve“ von 2019 schafft hier zwar durch das Mo­dell der Grund­be­or­de­rung und in Ide­en­skiz­zen zur bes­se­ren „re­gio­na­len Ver­net­zung“ mit­tels en­ga­gier­ter Re­ser­vis­ten und mo­der­ni­sier­ter Kom­mu­ni­ka­ti­on eine ge­wis­se Ab­hil­fe. Aber der kon­zep­tio­nel­le Wir­kungs­grad der Stra­te­gie der Re­ser­ve muss wegen feh­len­der Auf­wuchs­ka­pa­zi­tä­ten von vorn­her­ein sehr be­grenzt blei­ben, zumal auch die Eck­punk­te vom ver­gan­ge­nen Mai dazu nichts Kon­kre­tes be­inhal­ten.

Dem­ge­gen­über wird die Ma­te­ri­al­pro­ble­ma­tik we­sent­lich aus­führ­li­cher er­fasst. In sechs Ein­zel­ab­schnit­ten (Auf­ga­ben­ori­en­tier­te Aus­stat­tung, Mo­du­la­ri­tät und In­ter­ope­ra­bi­li­tät, In­for­ma­ti­ons­tech­nik, Aus­rüs­tung und Nut­zung, Port­fo­lio­ma­nage­ment, Zu­sam­men­ar­beit mit der ge­werb­li­chen Wirt­schaft) wer­den in der KdB wich­ti­ge As­pek­te der The­ma­tik ab­ge­ar­bei­tet. Im End­ergeb­nis kom­men die Pla­ner dabei zu dem Schluss: Jeder Ver­band er­hält eine Grund­aus­stat­tung, die ihn für alle Auf­ga­ben glei­cher­ma­ßen be­fä­higt. „Mis­si­ons­spe­zi­fisch“ be­zieht er zu­sätz­li­ches Ma­te­ri­al, wenn es er­for­der­lich ist. Diese Aus­stat­tung sei kon­se­quent mo­du­lar zu ge­stal­ten. Auch die Be­stim­mun­gen in der KdB zu den Be­schaf­fungs­we­gen sind kon­kret und pra­xis­ge­recht, indem „zeit­nah ver­füg­ba­re bzw. han­dels­üb­li­che Pro­duk­te und Dienst­leis­tun­gen“ in den Mit­tel­punkt ge­stellt wer­den.

Der Schüt­zen­pan­zer Puma gilt als Bei­spiel für kom­ple­xes Rüs­tungs­ge­rät. Seit fünf Jah­ren ist er im Dienst, aber erst in die­sem Früh­jahr konn­ten seine Män­gel ab­ge­stellt wer­den – zu­min­dest bei den Ex­em­pla­ren, die für die VJTF 2023 vor­ge­se­hen sind. (Foto: Sven Eckel­kamp / imago images)

Ein ge­wich­ti­ges Manko bleibt je­doch auch hier be­stehen. Letzt­lich ste­hen die Pro­zes­se der Be­schaf­fungs­or­ga­ni­sa­ti­on im Fokus, in­halt­li­che Be­schaf­fungs­richt­li­ni­en wer­den nur an­ge­deu­tet. Ge­ra­de aber für die Aus­wahl neuer Waf­fen­sys­te­me sind doch die ge­plan­ten Ein­satz­sze­na­ri­en ent­schei­dend. Der klas­si­sche Krieg stellt hier an­de­re An­for­de­run­gen als asym­me­tri­sche Kon­flik­te. Das Eck­punk­te­pa­pier hätte diese Blind­stel­le fül­len kön­nen, bleibt aber über­zeu­gen­de Ant­wor­ten zu den Pro­ble­men Ma­te­ri­alver­al­te­rung, Aus­stat­tungs­viel­falt und Kom­ple­xi­tät schul­dig.

Un­rea­lis­ti­sche Ziel­vor­ga­ben

Die Aus­füh­run­gen in der KdB zur künf­ti­gen Or­ga­ni­sa­ti­on der Bun­des­wehr blie­ben kurz. Das Eck­punk­te­pa­pier wird hier deut­li­cher, indem es die Bun­des­wehr in ihrer Teil­streit­kraft­struk­tur – nun­mehr „Di­men­sio­nen“ ge­nannt – be­schreibt. Die Frage stellt sich indes, ob die zwei vor­ge­se­he­nen über­grei­fen­den Füh­rungs­kom­man­dos für die Schaf­fung einer in­te­grier­ten Ma­tri­x­or­ga­ni­sa­ti­on aus­rei­chen. Zudem blei­ben un­rea­lis­ti­sche Ziel­vor­ga­ben der KdB auch im Eck­punk­te­pa­pier be­stehen: „Kräf­te­bei­trä­ge der Bun­des­wehr […] wer­den im ge­sam­ten Auf­ga­ben­spek­trum aus dem Sin­gle Set of Forces für den je­wei­li­gen Auf­trag bun­des­wehr­ge­mein­sam zu­sam­men­ge­stellt.“ „Sin­gle Set of Forces“ ver­weist dabei er­neut auf das Schlüs­sel­pro­blem: Ihre vie­len Auf­ga­ben soll die Bun­des­wehr auch künf­tig mit ihren küm­mer­li­chen Ist-Struk­tu­ren be­wäl­ti­gen. Die ak­tu­el­len Or­ga­ni­sa­ti­ons­re­for­men wer­den daran also nichts än­dern. Es steht zu be­fürch­ten, dass der be­stehen­de Man­gel durch Um­grup­pie­rung von „Di­men­sio­nen“ und Füh­rungs­kom­man­dos le­dig­lich wei­ter ver­wal­tet wird.

Zu­letzt noch zur Ein­satz­stra­te­gie: Der be­tref­fen­de Ab­schnitt in der KdB mit dem klin­gen­den Titel „Kon­zep­ti­on und Kon­zep­te“ um­fasst nur eine halbe Seite. Über Ge­mein­plät­ze hin­aus fin­det sich dort nichts Kon­kre­tes. Statt­des­sen liest man: „Die Kon­zep­ti­on der Bun­des­wehr ist das Dach­do­ku­ment für sämt­li­che Pla­nung in der Bun­des­wehr.“ Die Me­ta­pho­rik ist ent­lar­vend: Hat die Bun­des­wehr ein der­art dürf­ti­ges Dach ver­dient?

Zwar hat die da­ma­li­ge Ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­rin Ur­su­la von der Leyen die Füh­rungs­aka­de­mie in Ham­burg zu­sam­men mit dem neu ge­schaf­fe­nen „Ger­man In­sti­tu­te for De­fence and Stra­te­gic Stu­dies“ (GIDS) zum „Think Tank“ er­klärt – wohl in der Hoff­nung, das stra­te­gi­sche Va­ku­um möge sich da­durch ohne po­li­ti­sches Zutun in Luft auf­lö­sen. Das Eck­punk­te­pa­pier plant an der Füh­rungs­aka­de­mie zudem die Ein­rich­tung eines „streit­kräf­te­ge­mein­sa­men Dok­trin­zen­trum(s) für di­men­si­ons­über­grei­fen­de Ope­ra­tio­nen“. Das ist prin­zi­pi­ell ein sinn­vol­les Un­ter­fan­gen.
Al­ler­dings: Wer Stra­te­gie­ar­beit an Dienst­stel­len de­le­giert und selbst keine Leit­li­ni­en vor­gibt, wird wenig er­rei­chen. Auch die Eck­punk­te füh­ren da nicht wei­ter: Im Kurz­ab­schnitt „Stra­te­giefä­hig­keit“ wer­den auf nur einer Seite die „Stär­kung der Ana­ly­se­fä­hig­keit des BMVg“, eine „Si­cher­heits­wo­che für brei­te De­bat­te“ sowie ein „Na­tio­na­ler Si­cher­heits­rat“ pro­jek­tiert. In­halt­li­che Stra­te­gie­vor­ga­ben feh­len. „Eine grund­le­gen­de Bun­des­wehr­re­form ist nicht er­for­der­lich. Mit der ge­gen­wär­ti­gen Sta­tio­nie­rung und den ak­tu­el­len Trup­pen­struk­tu­ren sind wir grund­sätz­lich gut auf­ge­stellt“, heißt es im Eck­punk­te­pa­pier.

Über den Autor

Prof. Dr. Mar­tin Se­baldt ist In­ha­ber des Lehr­stuhls für Ver­glei­chen­de Po­li­tik­wis­sen­schaft (Schwer­punkt West­eu­ro­pa) der Uni­ver­si­tät Re­gens­burg und Oberst der Re­ser­ve. Der vor­lie­gen­de Ar­ti­kel fasst Kern­aus­sa­gen sei­nes Bu­ches „Das Elend der Stra­te­gen“ zu­sam­men, das 2020 im Miles-Ver­lag er­schie­ne­nen ist, und schreibt sie fort.

Ver­wand­te Ar­ti­kel
loyal

Wil­der Wes­ten im Hohen Nor­den

Grön­land spiel­te lange keine Rolle in der in­ter­na­tio­na­len Po­li­tik. Mit Do­nald Trump hat sich das jetzt ge­än­dert. Die USA wol­len...

09.04.2025 Von André Uzu­lis
loyal

Von der Schlamm­zo­ne in den Sumpf

Seit Ja­nu­ar lebt Eu­ro­pa im Rhyth­mus der Exe­ku­tiver­las­se Do­nald Trumps. Alles geht nun sehr schnell. In Deutsch­land wurde dabei bis­lang...

07.04.2025 Von Jacob Ross
loyal

Im Reich des Nar­ziss­ten und des Ego­ma­nen

Für den Re­gens­bur­ger USA-Ex­per­ten Prof. Dr. Ste­phan Bier­ling ist die Ka­ta­stro­phe in den trans­at­lan­ti­schen Be­zie­hun­gen da. Er er­klärt, wie der...

02.04.2025 Von André Uzu­lis